Substanzwerte höher als Börsenwert

Investment. Trotz des verhagelten Jahresauftakts bleiben heimische Immobilienaktien aussichtsreiche Wetten. Mit einer Ausnahme.

Der Start ins Börsenjahr 2016 war kein guter. Schlechte Wirtschaftsdaten aus China schickten alle wichtigen Indizes auf Talfahrt. Auch der ATX konnte sich dem nicht entziehen – seit Jahresbeginn steht ein Verlust von rund 15 Prozent zu Buche. Mit einem Minus von rund zehn Prozent besser entwickelte sich hingegen der Immobilien ATX (IATX), und auch der europäische Immobilienindex EPRA konnte die meisten Jahresindizes outperformen. Für Martina Rupp, Fondsmanager bei der 3-Banken-Generali-Versicherung, ein Anlass für Optimismus: „Ich glaube, dass sich europäische Immobilienaktien – zumindest relativ zum Gesamtmarkt – besser entwickeln werden.“

Fokus auf starken Märkten

Einiges Potenzial sehen die Analysten dabei auch bei den österreichischen Immo-Werten. „Viel zu niedrig bewertet“ ist für die Erste-Group-Analystin Martina Valenta etwa die Aktie der CA Immo, die aktuell 30 Prozent unter dem Buchwert notiert. Was das Bestands-portfolio betrifft, sei das Unternehmen nämlich sehr gut aufgestellt, erläutert sie. Die starken Märkte Deutschland und Österreich hätten einen Anteil von 60 Prozent. „Hinzu kommen ein schönes Entwicklungsgeschäft sowie ausreichend Landreserven für neue Projekte“, so die Expertin. Aber auch sonst spricht einiges für die CA Immo: Dazu gehört zum einen die Aussicht auf eine Anhebung der Dividende auf 60 Cent pro Aktie, zum anderen ein bereits beschlossenes Aktienrückkaufprogramm. Zudem auch Moody's sein Rating erst kürzlich auf den Long Term Issuer Grade angehoben hat. Für Stefan Scharff, Analyst und Immobilienexperte bei SRC Research, stellt sich nun die Frage, ob es nach dem im Dezember erfolgten Rücktritt von CEO Bruno Ettenauer zu einer Abweichung von der bisher erfolgreichen Strategie kommt. Den Nachfolger Frank Nickel sieht er jedenfalls als „sehr anerkannten und profilierten deutschen Immobilienfachmann“.

Als ähnlich aussichtsreich bewertet der Analyst auch die S Immo. „Wir glauben, dass der aktuelle Abschlag von 15 bis 20 Prozent zum Substanzwert in den kommenden ein, zwei Jahren weiter abgebaut werden kann, zumal das Unternehmen sehr gut gemanagt ist“, so Scharff. Gut gefällt ihm das sehr gut diversifizierte Portfolio mit Büro-, Geschäfts- und Wohnimmobilien in insgesamt acht europäischen Ländern. Dabei haben die Kernmärkte Deutschland und Österreich einen Anteil von mehr als 60 Prozent am Immobilenbestand. Positiv hebt der Experte auch die Forcierung der Deutschland-Präsenz – vor allem in der Metropolregion Berlin-Potsdam – hervor.

Stark entwickelt hat sich im Vorjahr die Conwert-Aktie – zu Buche steht ein Plus von mehr als 20 Prozent. „Wir halten die Aktie aber weiterhin für nicht überbewertet und sehen zumindest relativ zum Gesamtmarkt ordentliches Verbesserungspotenzial“, so Fondsmanager Rupp. Der neue Vorstand Wolfgang Beck würde nun die nötigen Schritte setzen, um die Kosten- und Finanzierungsstruktur auf Schiene zu bringen. Als „die richtigen Maßnahmen“ bezeichnet Thilo Gort, Analyst bei SCR Research, auch den Fokus auf die Kernmärkte Deutschland und Österreich sowie auf das Kernsegment Wohnen. „Damit wurde die Basis für eine künftige gute Entwicklung gelegt“, sagt er. „Prinzipiell positiv“ schätzt Erste-Group-Analyst Franz Hörl die Buwog ein, was auch die aktuelle „Akkumulieren“-Empfehlung unterstreicht. „Als reiner Wohnspezialist, der nur in Deutschland und Österreich tätig ist, ist das Unternehmen im stabilsten Segment aktiv“, so Hörl. Wichtig für die Zukunft sei die deutlich hochgefahrene Entwicklungspipeline – vor allem in Deutschland – die derzeit 1,8 Milliarden Euro schwer ist. „Mit Fertigstellung und Verkauf des ersten Projekts in den kommenden zwei Jahren erwarten wir deutliche Gewinnsteigerungen und eine Anhebung der Dividende auf 0,90 Euro pro Aktie“, so Hörl.

Das Rubel-Opfer

So lang die Immobilienmärkte brummen, sind für die Experten auch Developer wie die UBM eine interessante Anlagemöglichkeit – sowohl die Erste Group als auch SRC Research empfehlen die Aktie zum Kauf. Ein Kurstreiber könnte hier etwa der Verkauf eines größeren Portfolios sein, das sich aus 18 Objekten im Gesamtwert von 700 Millionen Euro zusammensetzt. Weitaus weniger rosig schaut die Lage hingegen für die Immofinanz aus, was auch die extrem hohen Abschläge zum NAV unterstreichen. „So paradox es klingt, die Immofinanz ist derzeit wegen ihres Rubel-Exposures zu einer Wette auf einen steigenden Ölpreis verkommen“, so Rupp. Der Hintergrund: Russland hat einen Anteil von 25 Prozent im Immofinanz-Bestandsportfolio.

INFO

Wer Einzelaktien-Investments scheut, kann auch auf den IATX setzen. Dieser Immobilienindex setzt sich aus sechs Immobilienaktien zusammen, die im ATX gelistet sind, wobei Buwog, Immofinanz, CA Immobilien und Conwert mit mehr als 90 Prozent gewichtet sind. Einzelne Finanzinstitute bieten hierfür diverse Zertifikate an, die unterschiedlich ausgestaltet sind und über verschiedene Risikoprofile verfügen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2016)

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