Schutzraum: Gerüstet für den Katastrophenfall

(c) Fabry Clemens
  • Drucken

Öffentliche Organisationen wie etwa der Zivilschutzverband raten den Häuslbauern, einen Schutzraum einzuplanen. Die Überlebenszellen sollen als Bollwerk gegen Stürme, Brände oder radioaktive Strahlung dienen.

Manchmal ist es nicht schlecht, wenn man noch einen Trumpf in der Hinterhand hat. So wie Kurt Westergaard, Schöpfer der umstrittenen Mohammed-Karikaturen, seinen „Panic Room“, in den er sich in letzter Minute flüchten konnte, als er Anfang Jänner in seinem Haus von einem fanatisierten Islamisten überfallen wurde. Während der mit Axt und Messer bewaffnete Attentäter vor der Stahltür des speziell gesicherten Raumes tobte, konnte der dänische Karikaturist die Polizei verständigen, die den Angreifer mit zwei gezielten Schüssen schließlich außer Gefecht setzte.

Geringes Sicherheitsbewusstsein

„Auch in Österreich gibt es Personen, die sich gegen alle Eventualitäten absichern“, bestätigt Karl Hillinger, Geschäftsführer der Firma Seba Selbstschutzzentrum, die sich auf die Ein- und technische Ausrüstung von Schutzräumen spezialisiert hat. Allerdings denke man hierzulande in erster Linie eher an Bedrohungen durch Chemie-, oder Kernkraftwerkunfälle, schwere Stürme oder an Brände als an Attentäter.

„Ein entsprechend ausgestatteter Schutzraum – bei einem Einfamilienhaus genügen zehn bis fünfzehn Quadratmeter – kann im Katastrophenfall das Überleben der ganzen Familie garantieren“, sagt Hillinger, moniert aber gleichzeitig, dass das öffentliche Bewusstsein hierfür kaum mehr gegeben sei. Er bezieht sich dabei auf die im Laufe der letzten zehn Jahre geänderten Baubestimmungen aller Bundesländer, aus denen die Schutzraumpflicht für Ein- und Mehrfamilienhäuser sukzessive gestrichen wurde. „Die Politik ist offensichtlich der Meinung, dass kein entsprechendes Bedrohungspotenzial mehr gegeben sei“, so Hillinger. Früher, zu Zeiten des Kalten Krieges und nach der Kernkraftkatastrophe von Tschernobyl war das noch anders. Damals wollte man die Bevölkerung schützen, indem man in die Bauordnungen der einzelnen Bundesländer einen verpflichtenden trümmer-, feuer- und strahlensicheren Raum hineinschrieb. Flankiert wurde diese Maßnahme durch entsprechende Förderungen, die die einzelnen Länder an die Häuslbauer ausschütteten. Seitdem diese abgeschafft wurden, hat die Nachfrage im Inland deutlich abgenommen, gibt Hillinger zu, der sich inzwischen auf neue Märkte wie den arabischen Raum oder Deutschland spezialisiert hat.

Öffentliche Organisationen wie der Oberösterreichische Zivilschutzverband raten Häuslbauern dennoch zur Einplanung einer solchen Einrichtung – wenn auch auf freiwilliger Basis. „Kernkraftwerksunfälle oder Chemieunfälle sind leider auch in Zukunft nicht auszuschließen. In solchen Fällen bietet ein entsprechend gesicherter Raum einen unersetzlichen Schutz “, meint Landessekretär Franz Steurer. Auch seien die Kosten hierfür – in der Rohbaustufe rechnet er mit Mehrkosten zwischen 2200 und 2800Euro – nicht so hoch wie allgemein angenommen. „Für den späteren Ausbau zu einem funktionsfähigen System sollte man noch einmal finanzielle Mittel in etwa derselben Höhe einplanen. Dabei handelt es sich um Beträge, die für einen Normalverdiener durchaus erschwinglich sind“, betont der Experte.

Überlebenszelle für die Familie

Wobei es sich hierbei bereits um die teuerste Variante handelt. Echte Schutzräume sind zehn bis fünfzehn Quadratmeter große Überlebenszellen (Einfamilienhaus), die im Keller angelegt werden und über dicke Mauern sowie massive Türen oder eine Luftfilteranlage verfügen sollten. Zur Ausstattung gehören in der Regel eine sanitäre Anlage, Erste-Hilfe-Koffer, Werkzeuge und entsprechende Lebensmittelvorräte. Auch Schutzanzüge werden oft empfohlen.

Steurer hält aber auch einen abgespeckten Schutzraum oft für ausreichend. Dabei macht man beispielsweise beim Trümmerschutz oder bei den Filteranlagen Zugeständnisse. Ein Vorteil besteht darin, dass sich ein solcher auch bei bestehenden Häusern relativ einfach realisieren lässt, wobei nicht einmal ein passender Kellerraum zur Verfügung stehen muss. „Bereits ein einfacher Sicherheitsraum bietet – sofern er entsprechend abgedichtet wurde – etwa im Falle radioaktiver Strahlung eine Abschirmung von 60 bis 90Prozent. Durch Filteranlagen lässt sich dieser Schutz noch einmal um fünf bis zehn Prozent verbessern“, so Steurer. „Jene Hausbauer, die sich für das Thema interessieren, wollen aber meistens sowieso etwas Ordentliches machen. In der Regel handelt es sich bei ihnen ja auch um eine eher betuchte Klientel“, hat hingegen Wolfgang Knotz, Mitglied der Geschäftsleitung von Krobath Protech, eines weiteren Anbieters von Schutzraumausstattungen, beobachtet.

Diskretion erwünscht

Um besonders ängstliche Naturen handelt es sich dabei nicht, ergänzt Hillinger: „In vielen Fällen sind es einfach Geschäftsleute, die viel unterwegs sind und in ihrer Abwesenheit ihre Familie geschützt wissen wollen.“ Was nicht ausschließt, dass sie gleichzeitig einen hohen Wert auf Diskretion legen: „Viele Kunden möchten nicht, dass die unmittelbaren Nachbarn das mitbekommen, und äußern den Wunsch, nicht mit dem Firmenwagen vorzufahren bzw. das Firmenlogo vorher abzudecken“, berichtet Knotz aus der Praxis.

Schutzraumausstatter Willinger hat damit kein Problem und bekennt sich auch öffentlich dazu, über einen privaten, voll ausgestatteten Schutzraum zu verfügen: „Man weiß ja nie“, sagt er. „Ich möchte einfach für alle Eventualitäten gerüstet sein.“ Dazu gehören auch entsprechende Nahrungsvorräte. Zumindest bei diesen sorgen auch andere vor: Haltbare Trockennahrung wird in jüngster Zeit verstärkt nachgefragt“, berichtet der Experte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.