Keine Höhenflüge in Bukarest

(c) Clemens Fabry
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Rumänien erholt sich nur sehr langsam von der Krise. Betroffen davon ist auch der Immobilienmarkt. Mittlerweile wird auf den Baustellen in Bukarest wieder gearbeitet. Langfristig sehen Experten großes Potenzial im Land.

Wer den rumänischen Immobilienmarkt beobachtet, sieht dieser Tage Widersprüchliches. Einerseits ist er einer jener Märkte in der CEE/SEE-Region, die nach wie vor am stärksten unter den Folgen der Finanzkrise leiden. Andererseits aber hat man manchmal das Gefühl, als wäre sie gar nicht im Land angekommen. Zum Beispiel in der Hauptstadt Bukarest, was die Liegenschaftspreise betrifft. „Die sind einfach zu hoch“, sagt Christian Farnleitner, Geschäftsführer von C.F. Developement. „Einige träumen noch von Preisen, die keiner mehr zahlt.“

Weniger Investments

Was Markus Neurauter, Sprecher der Geschäftsführung von Raiffeisen evolution, auffällt: „Es ist bis dato noch zu keinen Notverkäufen gekommen.“ Dies könnte aber passieren, wenn die Zinsen steigen. Und das auf einem Markt, der ohnehin „vielschichtige Probleme“ hat, wie Farnleitner weiß. Das sehen auch Investoren so – und halten sich vom rumänischen Markt fern. „Ihr Interesse im CEE-Bereich fokussiert sich heuer vor allem auf Städte wie Warschau und Prag“, erklärt Stefan Linder von EHL Immobilien. Das Transaktionsvolumen ist im Jahr 2009 um zwei Drittel auf rund 340 Millionen Euro zurückgegangen.

Verglichen mit anderen CEE-Märkten sind nur sehr geringe Erholungstendenzen erkennbar. Und das in einem Land, das bis September 2008 EU-weit zu den Ländern mit den größten Wachstumsraten gezählt hat. „Rumänien war aus Immobiliensicht ,en vogue‘. Egal, ob Investor oder Entwickler, jeder wollte ins Land“, blickt Linder zurück.

Derzeit zählen eher jene zu den Gewinnern, die damals langsam und vorsichtig gestartet sind. Die UBM etwa ist zwar mit einer Niederlassung in Bukarest vertreten, beschränkt sich aber auf den Ausbau eines Hotels und die Errichtung eines Cargo-Centers. „Das war eine sehr bewusste Entscheidung“, sagt Vorstandsvorsitzender Karl Bier. „Der Immobilienboom 2007 und 2008 hatte einfach keine reale Berechtigung.“ In solchen Situationen müsse man in der Lage sein, auch Nein zu überzogenen Märkten zu sagen.

Über 3000 rumänische Immobilienunternehmen und Baufirmen gingen 2009 pleite, der Bausektor war mit einem Rückgang von 12,2 Prozent besonders schwer von der Rezession betroffen. Mittlerweile hat sich die Situation etwas gebessert, „an den Baustellen wird wieder gearbeitet“, beobachtet Neurauter.

Projekte, die jetzt fortgesetzt werden, sollten heuer oder nächstes Jahr fertig sein. Damit kommen einige neue Büroflächen auf den Markt, „Ab 2011 gibt es dann allerdings ein Loch, da 2009 und 2010 kaum mit dem Bau neuer Objekte begonnen wurde und wird“, sagt Neurauter. Diese Entwicklung könnte den Markt wieder drehen. Denn durch die enorme Neuflächenproduktion der Boomjahre und den starken Nachfragerückgang in relativ kurzem Zeitraum ist aus dem „klassischen Vermieter- ist ein absoluter Mietermarkt geworden“, erklärt Lindner.

Voraussetzung für einen nachhaltigen Aufschwung des Marktes in Rumänien im Allgemeinen und in Bukarest im Speziellen ist eine Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Situation. „Diese erwarten wir zum Jahreswechsel“, sagt Lindner. Auf den Immobilienmarkt wird sich dies zeitversetzt 2012 positiv auswirken. „Wir beobachten Rumänien sehr genau“, erläutert Bier die UBM-Strategie: „Bei niedrigem Niveau werden wir einsteigen. Langfristig gesehen gibt es große Chancen.“ Das sieht auch Lindner so: „Der rumänische Markt hat großes Wachstumspotenzial für Developer, Investoren, Immobiliendienstleister.“

Potenzial bei Infrastruktur

Aber nicht nur die Immobilienbranche ist von Rumäniens Zukunft überzeugt, sondern auch die Experten aus der Baubranche. Die österreichische Bilfinger Berger Baugesellschaft mbH gründete 2007 in Bukarest eine Niederlassung. „Gegenwärtig steckt das Land natürlich voll in der Wirtschaftskrise. Unabhängig davon, ob es 2011 oder 2012 wieder aufwärts geht: Im kommenden Jahrzehnt stehen riesige Infrastrukturinvestitionen bevor, da wollen wir natürlich dabei sein“, sagt der für Rumänien zuständige Geschäftsführer Ludger Koch. An einem riesigen Infrastrukturprojekt arbeitet man bereits jetzt. In einer Arbeitsgemeinschaft mit der deutschen Franz Kassecker GmbH sollen bis Ende 2010 insgesamt 43 Brücken auf der Eisenbahnlinie zwischen Campina und Predeal saniert werden.
Der nächste Teil der Serie erscheint am 3. April, Thema ist der Immobilienmarkt in Tschechien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2010)


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