Ukraine: Viel zu unsicher, viel zu teuer

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Ukraine Viel unsicher viel(c) AP (Efrem Lukatsky)
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Nicht nur im Parlament in Kiew geht es mitunter heftig zu. Auch der Immobilienmarkt des Landes ist geprägt von rechtlichen und politischen Schwierigkeiten.

60 Euro Miete pro Quadratmeter Bürofläche: Diese irrwitzigen Preise wurden noch vor zwei Jahren in Kiew bezahlt – heute ist es nur noch ein Bruchteil davon. Anfang des Jahres stand in der Ukraine alles still. Die Preise waren im Keller, Bauprojekte wurden auf Eis gelegt. 90 Prozent der Wohnbauten etwa sind komplett eingestellt worden, teilweise waren sie von den zukünftigen Bewohnern schon angezahlt und von den Banken finanziert worden. Rechtsanwalt Timur Bondaryew von Arzinger und Partner: „Bauten sind nicht fertig, das Geld ist weg, der Developer verschwunden. Die Leute wollen diese Kredite nun nicht mehr zurückzahlen.“ Und die Kreditinstitute haben keine Sicherheiten in der Hand, denn von den geplanten Immobilien steht nur ein kleiner Teil.

Lokale Player dominieren

Das Land steckt in einer schweren Krise, und doch „spüren wir, dass sich der Markt wieder zu bewegen anfängt“, meint Bondaryew. Sein Kollege Denys Sytnyk von Schönherr Rechtsanwälte Ukraine ergänzt: „Die niedrigen Preise in den letzten Monaten haben dazu beigetragen, dass die vorwiegend inländischen Investoren ihre Aktivitäten auf dem Immobilienmarkt nun wieder aufnehmen.“

Die ausländischen Player allerdings halten sich von der Ukraine mit wenigen Ausnahmen fern. Mit der Präsidentenwahl 2010 und Viktor Janukowitsch soll eine gewisse politische Stabilität eintreten, die rechtliche aber wird durch die Korruption immer noch unterwandert. Diese nicht kalkulierbare rechtliche Situation war beispielsweise für Viktor Wagner, Gründer und Geschäftsführer der Reiwag-Facility-Services, ein Grund, seine Aktivitäten einzustellen. In sechs CEE-Ländern hat die Reiwag Standorte, „aber in der Ukraine sind wir auf große Schwierigkeiten gestoßen“, erzählt Wagner. „Für mich kommt eine weitere Tätigkeit dort nicht mehr infrage.“

Auch Georg Spiegelfeld, Geschäftsführer von Spiegelfeld International, betrachtet das Land mit einer gewissen Skepsis: „Die politische und die rechtliche Unsicherheit ist für Developer und Investoren ein Grund, nicht ins Land zu gehen. Bevor das nicht ausgeräumt ist, wird die Ukraine nicht interessant werden.“

Büros: Hoher Leerstand

Diejenigen, die sich den Herausforderungen des Landes stellen, sind die Ausnahme. Etwa die österreichische GLD Invest Group. Das Unternehmen besitzt Grundstücke in Kiew und anderen Städten, „die wir aber noch vor dem großen Preisanstieg gekauft haben. Und zwar mit viel Eigenkapital. Das hat uns das Leben gerettet“, erklärt Clemens Lehr, Geschäftsführer für GUS und Ukraine. Denn gefragt sind Grundstücke derzeit nicht. Wenn sich westliche Investoren umschauen, „dann sind sie nicht an Grundstücken interessiert, sondern an Immobilien mit Cashflow“, weiß Lehr.

Auch dabei stoßen sie nicht selten auf Probleme. Zum einen ist der Leerstand in Bürohäusern auf 17,6 Prozent hochgeschnellt und betrifft faktisch jedes Gebäude. Und die Mieter eines Objekts konnten wegen der wirtschaftlichen Lage die Miete häufig reduzieren – das gilt übrigens auch für Geschäftsflächen. Langfristig sieht man aber Potenzial. So ortet RegioPlan Consulting noch enormen Nachholbedarf an Einkaufszentren. Für Kiew seien fast 30 Planungen bekannt, für die gesamte Ukraine an die 80.

Grundstücke sind allerdings „einfach noch immer zu teuer“, sagt Spiegelfeld. „Wenn ein Grundstück gekauft wird, rechnet der Verkäufer hoch, wie viele Stockwerke gebaut werden und diese Fläche wird auf den Preis aufgeschlagen.“ Dieser summiert sich also enorm – und den Developern bleibt keine andere Wahl, als vorläufig zuzuwarten. Vor allem bei Fachmarktzentren und Lebensmittelläden mit maximal zwei Stockwerken seien die Preise für Grundstücke schlichtweg illusorisch und „rechnen sich nicht mehr“, so Spiegelfeld.

Leichte Besserung 2011

Außerdem gibt es auch „keine Finanzierungen zu vernünftigen Konditionen“, erklärt Lehr. Ein Beispiel: „Man bekommt einen zweijährigen Überbrückungskredit mit 15 Prozent Zinsen.“ Und selbst diesen erhält man nur in den seltenen Fällen, „denn das größte Problem in der Ukraine ist das Fehlen der Kapitalmärkte“, berichtet Lehr weiter. Daher wird derzeit auch wenig gebaut. Einige lokale Investoren mit Geld sind aktiv, es gibt aber kaum bankfinanzierte Entwicklungen.

Lehr geht davon aus, dass „in diesem Jahr gar nichts finanziert wird. Aber die Situation wird sich im nächsten Jahr bessern“. Die GLD selbst werde heuer mit einem kleineren Projekt beginnen. Auch Rechtsanwalt Sytnyk ist vorsichtig optimistisch. „Die Entwicklungen lassen für 2010 eine allmähliche Steigerung der Aktivitäten auf dem ukrainischen Immobilienmarkt erwarten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2010)

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