Home Staging: „Die Braut schmücken“

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Attraktive Liegenschaften finden schneller einen „Partner“ – sprich verkaufen sich leichter. Profis können Räume für Besichtigungen ins rechte Licht rücken.

Was bei Gastronomen oder beim Autohändler längst gängige Praxis ist, setzt sich in der heimischen Immobilienbranche nur zögerlich durch: der Trend zur optischen Optimierung eines Verkaufobjektes. Denn an schmutzigem Geschirr, vollen Aschenbechern oder ungewaschenen Gebrauchtwägen würde schließlich kein Kunde Gefallen finden. Daher wird aufpoliert, inszeniert und präsentiert, sprich „Sales Promotion“ betrieben. Selbst überzeugende Hard Facts wie Preis, Ausstattung oder Baujahr einer Immobilie verlieren an Bedeutung, wenn die Präsentation zu wünschen übrig lässt. Eine unbehagliche Atmosphäre oder ein unpassendes Erscheinungsbild machen dem Verkäufer schnell einen Strich durch die Rechnung – vor allem, wenn es um gebrauchte Wohnräume geht.

Der erste Eindruck zählt

„Nichts ist schlimmer als verdreckte Fensterscheiben, verklebte Küchenarbeitsplatten oder ein seit Jahrzehnten wild wuchernder Garten“, meint Yvonne Werginz, offizielle Vertreterin der „Deutschen Gesellschaft für Home Staging und Redesign“ (DGHR) in Österreich und ausgebildete Advanced-Home-Staging-Professionistin. Dennoch seien viele Makler davon überzeugt, auch ohne Home Staging gut verkaufen zu können, so Werginz. Dabei können die wenigen heimischen Stylisten für Immobilien durchaus auf erfolgreiche Beispiele verweisen. Werginz ist als „Wohn.fee“ nicht nur in Wien unterwegs, sondern verschönert auch Räume in Graz. Sie hat mit zwei Objekten im Stadtteil Andritz aus dem gehobenen Preissegment gezeigt, was Home Staging bewirkt. Eine Atelierwohnung mit einem 52 Quadratmeter großen Wintergarten, einer Terrasse, einem schönen Gartenanteil sowie einer Nettonutzfläche von 136 Quadratmetern war zwei Jahre lang auf dem Markt, ohne einen Käufer zu finden. Aufgrund des augenscheinlich dominanten Wintergartens und der riesigen, allzu leer erscheinenden Dimensionen konnte sich kaum jemand vorstellen, diese Räumlichkeiten ansprechend einzurichten, um darin zu leben. Durch Home-Staging-Maßnahmen wurde dieses Objekt nach sechs Wochen verkauft. Ähnlich verhielt es sich mit einer Vierzimmerwohnung mit großer Loggia und Balkon, die ebenfalls über zwei Jahre lang als „schwer vermittelbar“ galt. Drei Wochen nach der „Neuinszenierung“ stellte sich ein Käufer ein.

Sensibilisierung gefragt

Die Branche ist hierzulande jung. Im Unterschied zu den USA oder zu den skandinavischen Ländern, die rasche Verkaufszeiten und die Erzielung eines besseren Preises als Argumente für „gestagte“ Immobilien anführen, liegen noch keine konkreten Zahlen für Österreich vor. Trotzdem scheint einiges für diese Methode zu sprechen. „Eine für den Verkauf in Szene gesetzte Immobilie verkauft sich einfach leichter“, so Udo Schlögl, Geschäftsführer von Neptunreal, der eine „flächendeckende Sensibilisierung der Maklerschaft für das Stagen“ für durchaus sinnvoll hält. „Leider sind viele Vorteile nicht messbar, da es keinen direkten Vergleich zwischen Verkauf beziehungsweise Vermietung mit und ohne Staging gibt.“ Ein Unterschied sei aber deutlich: Konkrete Interessenten brauchen für eine Entscheidung weniger lang als bei unpräparierten Wohnräumen. „Diese Zeit ist bei gut in Szene gesetzten Immobilien um einiges kürzer.“ Das Wiener Maklerbüro zählt selbst zu den Pionieren des Immo-Stylings, wenngleich es früher noch keinen passenden Namen dafür gab. Bei ihnen wurde es einfach „Schmücken der Braut für die Hochzeit“ genannt, was die Sache aber durchaus gut beschreibt.

Leihmöbel statt Duschgel

Die Dienste der „Home Stager“ stehen allen offen, die verkaufen wollen, vom Bauträger bis zum Privaten. Die Voraussetzungen sehen dabei sehr verschieden aus: Die eine Kategorie steht zur Gänze leer und wird durch neue Farben, geliehene Möbel und ansprechende Accessoires „wohnlich“ gemacht, die „Wohn.fee“ etwa bietet auch professionelles Furniture Leasing an.

Die zweite Kategorie – in der die Verkäufer oft noch selbst leben – wird durch einen Maßnahmenkatalog eher „neutralisiert“. Denn Interessenten würden sich inmitten voll gestopfter Zimmer und allzu persönlicher Gebrauchsgegenstände wie Duschgel, Sockensammlung oder Familienporträts im Silberrahmen als Eindringlinge fühlen.

Claudia Tuchmann, Immobilientreuhänderin und Home-Staging-Expertin bei Normreal Immobilien spricht von vier elementaren Punkten im Procedere: „Zuerst wird ,befreit‘, also entrümpelt, geputzt und entpersonalisiert, denn der Kunde kauft Platz. Danach wird beleuchtet.“ Das heißt Rollläden hoch und Leuchtkörper her, um eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. „Drittens steht die Belüftung an, weil unangenehme Gerüche jeden Interessenten vertreiben. Erst zum Schluss geht es ans Visualisieren. Da wird allen Räumen eine Funktion gegeben, um die Fantasie des Interessenten zu wecken.“ Wobei, und hier kommt der „Ehrenkodex“ der professionellen Bühnengestalter für Wohnraum-Performance zum Tragen, niemals getarnt oder getäuscht werden darf. „Mängel werden nicht versteckt, sondern dem Verkäufer stets gezeigt“, betont auch Werginz. Oder optimalerweise im Vorfeld behoben. Immerhin lautet das Motto der DGHR „Immobilien in Bestform“. Und das funktioniert mit tropfenden Hähnen oder undichten Fenstern nicht.

WEITERE INFORMATIONEN UNTER

www.dghr-info.de

Aufgebot

Der Trend zum professionellen Adaptieren einer Immobilie mit verkaufsfördernder Wirkungstammt aus Amerika und wurde in den 1970ern von Barbara Schwarz begründet. Seit einigen Jahren ist Home Staging auch in Deutschland und Skandinavien zunehmend verbreitet.

Konzepte, Erstberatung und Maßnahmenkatalog sind oft kostenfrei beziehungsweise sehr günstig. Für die komplette Umsetzung einer markttauglichen Verwandlung der Immobilie fallen ein bis zwei Prozent des Kaufpreises an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.04.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.