600.000 Euro im Papiersackerl – ohne Quittung

wanovitd.jpg
wanovitd.jpg c APA GEORG HOCHMUTH GEORG HOCHMUTH
  • Drucken

Der mitangeklagte Börsenmakler Johann Wanovits schildert detailliert den Ablauf des umstrittenen Aktienkaufs. Von seiner Risikoprämie will er 400.000 Euro an einen „Vertragspartner“ weitergereicht haben.

[Wien] Wo trifft man sich in Wien, wenn man über „heiße“ Geschäfte reden will? Sicher nicht im Café Landtmann oder im Restaurant Fabios – zu viele Adabeis aus Wirtschaft und Politik. Schon eher am Praterstern. „Wir haben einander im Gasthaus Hansy getroffen.“ Am Naschmarkt bzw. in einem Auto erfolgten später die Geldübergaben – in einem Papiersackerl.
Der Banker Johann Wanovits schildert am dritten Tag des Telekom-Prozesses, Richter Michael Tolstiuk detailliert die Vorgänge rund um jenen Aktienkauf, mit dem Wanovits den Kurs der Telekom-Aktie am 26. Februar 2004 über die Marke von 11,70 Euro gedrückt hatte, weshalb 95 Telekom-Manager Prämien von rund neun Mio. Euro erhielten. Wanovits kassierte dafür eine Risikoprämie. Er selbst spricht von 600.000 Euro, obwohl rund eine Mio. Euro vereinbart gewesen sei. Die Anklage setzt bis zu 1,5 Mio. Euro an.
Neben Wanovits sind nun wegen des Verdachts der Untreue die Telekom-Vorstände Rudolf Fischer, Heinz Sundt und Stefano Colombo sowie Ex-Telekom-Prokurist Josef Trimmel angeklagt. Ex-Controller Gernot Schieszler spielte zwar eine wichtige Rolle, da er aber Kronzeuge werden soll, tritt er beim Prozess nur als Zeuge auf.
„Was macht Ihre Firma Euro Invest?“ Als Tolstiuk Wanovits über seine Arbeit als Börsenmakler erzählen lässt, kommt dieser in Fahrt. Von „Iceberg Orders“ im „Xetra“-Handel ist die Rede, von „Fill and Kill Orders“ von „Convertible Bonds“ und vielem mehr – bis die Verwirrung groß ist. Kurz gesagt: Wanovits hatte bemerkt, dass jemand „unzulässig“, wie er betonte, den Aktienkurs der Telekom nach unten drückte.

Ein Gentleman's Agreement

Den Kontakt zur Telekom habe Trimmel – „wir kennen einander von meinem burgenländischen Musikverein“ – hergestellt. Am Faschingsdienstag (24. Februar) habe er Trimmel und Schieszler erstmals getroffen. Sie hätten ihn gefragt, ob er sich vorstellen könne, Aktien zu kaufen. „Ich habe gesagt, ich muss mir das ansehen.“
Am Aschermittwoch sei dann im Gasthaus Hansy vereinbart worden, dass er, Wanovits, eine Mio. Euro erhalten solle, weil er durch den Aktienkauf ein Risiko eingehe. „Ich war überzeugt, dass ich das Ziel erreiche“, meinte Wanovits auf die Frage von Tolstiuk, ob er das Geld auch bei einem Misserfolg erhalten hätte. Der Aktienkauf sei rechtens gewesen, das habe ihm die Finanzmarktaufsicht (FMA) bestätigt. Allerdings hatte Wanovits damals seinen Auftraggeber, die Telekom, verheimlicht.
Eine schriftliche Vereinbarung mit der Telekom habe es nicht gegeben, obwohl dies bei derartigen Geschäften üblich war. „Ich habe das als Gentleman's-Agreement gesehen. Wenn die das nicht eingehalten hätten, wäre das schuftig gewesen.“ Schließlich wollte er mit der Telekom bei größeren Transaktionen ins Geschäft kommen. „Das war die Eintrittskarte.“
Der Medienrummel und die FMA-Untersuchung hätten dies jedoch verhindert. So kamen der PR-Mann Peter Hochegger und seine Firma Valora ins Spiel. Was Wanovits ursprünglich nicht gewusst haben will. Erst 2008 machte er für Hochegger „Projekte“, um restliches Honorar zu bekommen.
Bei drei Treffen 2004 und 2005 habe er von Schieszler 600.000 Euro erhalten. „Ich hab's erst im Büro gezählt.“ Schieszler und Trimmel habe er nichts gegeben, widersprach Wanovits der Aussage Trimmels. In die Buchhaltung der Euro Invest wurde das Geld über die Buchung von Aufwendungen geschleust. 400.000 Euro habe er einem „Vertragspartner“ weitergereicht, bei dem er sich gegen Kursverluste abgesichert hatte. Dessen Namen wollte er nicht nennen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.02.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.