Dividenden stabilisieren das Depot

(c) www.BilderBox.com
  • Drucken

Firmen, die Gewinne an ihre Aktionäre ausschütten, sind disziplinierter als solche, die das nicht tun. Zudem können Dividendenausschüttungen Verluste an den Aktienmärkten abfedern oder Kursgewinne besser aussehen lassen.

Wien. In der Vorwoche war es erstmals soweit: Die Österreichische Bundesrepublik platzierte Staatsanleihen mit einer Gesamtrendite von minus 0,038 Prozent. Für Schuldverschreibungen mit kurzer Laufzeit (die Republik muss den Bond im Oktober 2019 bedienen) ist das mittlerweile üblich geworden. Auch in Deutschland, Dänemark oder der Schweiz haben Anleger dem Staat schon Geld geschenkt, um es veranlagen zu dürfen.

Angesichts der sicheren Verluste, die Investoren so in Kauf nehmen müssen, scheint die Situation paradox. Die Angst vor geopolitischen und wirtschaftlichen Umwälzungen sowie die Geldschwemme der Notenbanken scheint Anlegern aber keine andere Wahl mehr zu lassen. Oder?

Das kommt darauf an. „Die Diskrepanz zwischen Dividendenrenditen und den Renditen von Staats- und Unternehmensanleihen ist zumindest für europäische Unternehmen im historischen Vergleich selten so groß gewesen“, lautet das Fazit einer Studie von Allianz Global Investors.

Für Aktien europäischer Konzerne liegt die Dividendenrendite (Dividende/Aktienpreis mal 100) bei durchschnittlich 3,3 Prozent, während zehnjährige deutsche Anleihen Richtung null Prozent tendieren. Mit Aktien lässt sich also ein hübscher Ertrag erzielen. Auch weil sich Unternehmen (allen voran in Europa) ausschüttungsfreundlich zeigen.

Ausschüttungen wichtiger Bestandteil

Seit der Finanzkrise trauen Anleger Aktien aber nicht mehr so richtig über den Weg. Viele haben innerhalb eines Jahrzehnts (Dotcom Blase, Finanzkrise) gleich zwei Mal ihr Erspartes verloren – oder einen großen Teil davon. Wer sich seither keine Wertpapiere mehr ins Depot holte, hatte erneut Pech. Denn die konjunkturstimulierende Geldpolitik der Notenbanken hat den Börsen fortwährend zu neuen Rekordständen verholfen. Als Rallye, „an der niemand teilnimmt“, wurde dieses Phänomen vielfach bezeichnet.

Dabei können Unternehmen, die Dividenden ausschütten – ihre Anteilseigner also an Gewinnen beteiligen–, zur Stabilität eines Portfolios beitragen und Verluste abfedern. Dividendenzahlungen können also den Ertrag deutlich verbessern oder Kursverluste merklich verringern (zwischen 1970 bis 1975; 2000 bis 2005), wie die Allianz-Studie zeigt.

„Über den gesamten Zeitraum war die annualisierte Gesamtrendite der Aktienanlage für den MSCI Europa zu ungefähr 39 Prozent durch den Performance-Beitrag der Dividenden bestimmt“, schreiben die Autoren in ihrer Studie. Das gilt nicht nur für Europa, sondern auch für die USA und den asiatisch-pazifischen Raum – wenngleich der Ertrag dort zwischen 1970 und Anfang 2014 „nur“ zu rund einem Drittel durch Ausschüttungen getrieben war.

Dividende hat Signaleffekt

Die Zahlung einer Dividende ist noch kein Garant für Ertragschancen. In Europa liegt das Verhältnis von ausbezahlter Dividende zum Gewinn je Aktie bei 66 Prozent (und damit auf Vorkrisenniveau). In den USA und Asien erreicht der Anteil rund 38 bzw. 40 Prozent. Für die beiden letztgenannten Märkte sehen die Studienautoren noch Spielräume.

Ein weiterer Aspekt: Seit der Krise haben in erster Linie Konzerne aus den USA hohe Barbestände angehäuft. Der Netto-Cash-Flow der Unternehmen beträgt in den Vereinigten Staaten knapp 2000 Mrd. Dollar. In Relation zum Bruttoinlandsprodukt macht das mehr als zwölf Prozent aus. Das Geld kann den Anlegern in den kommenden Jahren weiterhin zugutekommen. Schon bisher investierten die Unternehmen viel Kapital in Aktienrückkaufprogramme und Dividendenstrategien.

Aktienkurse von US-Firmen, die seit dem Jahr 1972 Dividenden ausschütten, schwanken zudem weniger. Für Europa ist dieses Phänomen ebenfalls ab den 90er Jahren bemerkbar (in den USA sind längere Zeitreihen verfügbar), so die Allianz.

Als Ursache machen die Autoren die stabilere Unternehmensstrategie verantwortlich. Eine veränderte Ausschüttungspolitik (Dividendenkürzung oder Ausfall) kann die Marktteilnehmer vor den Kopf stoßen und negative Reaktionen an der Börse auslösen. Aus diesem Grund sind die Firmen an stabilen Ausschüttungen interessiert. Dividendentitel werden in der Regel auch länger im Depot gehalten als andere Anteilsscheine. „Die Dividende hat einen außerordentlich starken Signaleffekt“, wie es heißt.

Schwankungen bei Dividenden sind demnach auch unwahrscheinlicher als bei Gewinnen. Ein Vergleich von Dividenden und Gewinnen der Mitglieder des US-Index S&P 500 zeigt, dass „die Volatilität der Gewinne mit annualisiert fast 60 Prozent deutlich größer war als bei Dividenden (sechs Prozent)“. Unternehmen würden sich folglich durch Ausschüttungen disziplinieren, schreiben die Autoren. Auch, weil sie besser mit ihren finanziellen Ressourcen haushalten müssen.

Dividenden werfen folglich Renditen in einer Höhe ab, die man auf dem Sparbuch derzeit vergeblich sucht. Freilich muss die Auswahl der Titel mit Bedacht geschehen. Zu hohe Dividendenrenditen können nämlich auch auf ein Problem hindeuten, etwa weil der Kurs des Unternehmens im Keller ist, die Dividende aber noch nicht gekürzt wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.