Bill Gross: Die Macht des "Anleihenkönigs"

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Bill Gross ist der bekannteste Anleihenhändler der Welt. Er hat einst den größten Rentenfonds der Welt verwaltet, doch vor Fehlern ist auch der 71-jährige Amerikaner nicht gefeit.

Wien/Newport Beach. Er sammelt Briefmarken, geht regelmäßig zur Yogastunde und kommuniziert lieber per E-Mail: William Hunt Gross ist in der Finanzbranche jedem ein Begriff. Der „Anleihenkönig“ hat längst Geschichte geschrieben, hat er doch den größten Rentenfonds der Welt verwaltet.

Im Vorjahr sorgte der 71-Jährige für Furore, als er den Kurs des Versicherungskonzerns Allianz auf Talfahrt schickte. Der Grund: Gross verließ das Unternehmen aus heiterem Himmel, obwohl dieses seine Firma einst aufgekauft hatte. Wie sich herausstellte, wurde die interne Kritik an dem Starinvestor im Lauf der Zeit immer größer. „Sie haben mich rausgeworfen“, brachte es Gross später auf den Punkt.

Der Dreh- und Angelpunkt in Gross' Leben ist die 1971 erfolgte Gründung der Pacific Investment Management Company, besser bekannt unter dem Namen Pimco. Gross erkannte, dass man mit biederen Staatsanleihen gutes Geld verdienen kann. Das sprach sich auch unter den Kunden herum. Nicht umsonst folgen ihm die Investoren heute in Scharen, wenn er Anlageentscheidungen trifft.

Auf Abgang folgten Abflüsse

Gross' Talent erkannte man auch bei der deutschen Allianz, die Pimco im Jahr 2000 übernahm. Für den Konzern war der Zukauf ein Erfolg, steuert die Firma doch einen Gutteil der Gewinne bei. Nicht so rund lief es allerdings im Vorjahr, als sich die Nettomittelabflüsse von Dritten bei Pimco auf 236 Mrd. Euro beliefen. Zerknirscht musste die Allianz feststellen, dass dies am „oberen Ende der Erwartungen“ gewesen war.

Der 1987 aufgelegte Vorzeigefonds Total Return war stets eng mit dem Namen seines Chefs verbunden. In den besten Zeiten verwaltete der Fonds 293 Mrd. Dollar, zuletzt waren es „nur“ noch 117 Milliarden. Nach seinem Abgang zur Investmentgesellschaft Janus Capital mussten die Deutschen erkennen, was es heißt, eine Berühmtheit zu verlieren.

Freilich, Pimcos verwaltetes Vermögen (bei allen Fonds) beläuft sich nach wie vor auf 1,68 Billionen Dollar. In den vergangenen zehn Jahren erzielte der Total-Return-Fonds jährlich sechs Prozent Rendite (zuletzt lief es aber nicht mehr so rund). 2013 musste der Fonds erstmals Verluste in Kauf nehmen.

Einen der größten Fehler beging Gross wohl 2011. Damals kündigte er an, aus amerikanischen Staatsanleihen auszusteigen, in der Erwartung fallender Kurse. Das Gegenteil war der Fall. Die Schuldenkrise in Europa machte die US-Schuldtiteln zu einer beliebten Anlageklasse.

Lieber Stille als Geplänkel

Gross lebt anders als die Investmentbanker aus Film und Fernsehen. Er liebt es beschaulich. Der Wall Street mit ihren mächtigen Wolkenkratzern und dem geschäftigem Treiben der Millionenmetropole kann der Mann kaum etwas abgewinnen. Das kalifornische Newport Beach mit seinem Sandstrand ist da schon eher das Metier des Milliardärs. Von dort aus leitet Gross die Geschicke des Anleihenmarktes damals wie heute.

Doch Gross ist nicht unumstritten. Weder als Mensch noch als Investor. Zu seinen Mitarbeitern sei er nicht immer freundlich gewesen, in den Büros herrsche Stille, weil sich Gross sonst nicht auf das Wesentliche – die Finanzmärkte – konzentrieren könne. Sein Führungsstil gilt nicht als der beste, Mitarbeiter hätten es nicht immer leicht gehabt. Selbst wenn sie in hohen Funktionen tätig waren. Mit dem einstigen Pimco-Vorstandschef, Mohamed El-Erian, zerstritt sich Gross, eine kleine Schlammschlacht begann. Selbst das Wirtschaftsmagazin „Businessweek“ sah sich damals zu einer Covergeschichte veranlasst.

Und auch als Investor hat Gross so manches unternommen, das von seinesgleichen schief beäugt wird. Als Beispiel wird immer wieder der Kauf von Wertpapieren der US-Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac genannt. Die Gesellschaften waren bereits in Schwierigkeiten, als sich Gross für dieses Investment entschied. Danach wandte er sich an die US-Regierung mit der Forderung, die Firmen zu retten, was auch geschah. Der Fonds profitierte.

ZUR PERSON

William „Bill“ Hunt Gross (*1944) stammt aus den USA, studierte Psychologie und Betriebswirtschaft. 1971 gründete er die Investmentgesellschaft Pimco, die zur Jahrtausendwende vom deutschen Versicherungskonzern Allianz gekauft wurde. Pimco verwaltete den größten Rentenfonds der Welt, hatte nach dem Abgang von Bill Gross im Vorjahr aber unter Nettomittelabflüssen zu leiden. Gross arbeitet nun für Janus Capital, Firmensitz ist – wie schon zu Zeiten von Pimco– nach wie vor Newport Beach nahe Los Angeles.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2015)

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