Finanzfirmen ziehen aus Moskau ab

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Die Sanktionen gegen Russland und die wirtschaftlich schlechte Lage des Landes veranlassen einige Finanzfirmen, ihre Pforten zu schließen.

Moskau. Internationale Finanzunternehmen von Franklin Templeton Investments bis BNP Paribas stellen zunehmend ihr Engagement in Russland infrage. Der einstige Wachstumsmarkt ist angesichts der weiter verschärften Sanktionen durch den Westen zu einer Belastung geworden. Der Vermögensverwalter Franklin Templeton, der 900 Mrd. Dollar verwaltet, liquidiert derzeit seinen Russland-Fonds, während die französische BNP Paribas sich aus einem russischen Fondsmanagement-Joint-Venture zurückzieht. Der deutsche Rückversicherer Munich Re hat seine Niederlassung in Moskau bereits geschlossen.

Mehrere Faktoren begünstigen derzeit den Abstieg des flächengrößten Landes der Welt. Der russische Rubel hat seit seinem Zwischenhoch im Mai um 18 Prozent abgewertet. Im Konflikt um die Ostukraine bleib eine durchgreifende Wende bisher aus. Dies hat zur Folge, dass die Aufhebung der westlichen Sanktionen nicht sehr wahrscheinlich geworden ist. Der fallende Ölpreis schmälert die Erträge aus dem Export von Rohöl und Gas nachhaltig.

Die russische Börse bildet diese Misere auch ab: Der in Dollar denominierte RTS Index hat seit seinem Hoch in diesem Jahr 18Prozent verloren. Nicht wenige Anleger arbeiten an dem Ausstieg aus russischen Aktienbeständen. „Es gibt derzeit kein Licht am Ende des Tunnels“, stellte Investmentstratege Simon Fentham-Fletcher von Freedom Asset Management fest.

Auch EBRD zieht sich zurück

Auch die zum Aufbau von Wirtschaftsstrukturen in Osteuropa 1991 ins Leben gerufene Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) baut ihr Engagement in Russland ab. Der Anteil der Bank am Versorger Enel Russia wurde verkauft und die Beteiligung am Supermarktbetreiber Lenta reduziert. Es handelt sich um eine „normale Portfoliobereinigung“, stellte dazu der Sprecher Richard Wallis von der EBRD in Moskau klar. Die EBRD hatte die Finanzierung in Russland vor etwa einem Jahr beendet und das mit der Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim begründet.

„Einige Banken erwägen nun den Rückzug, aber mit dem Willen, bei einer Besserung der Lage zurückzukehren“, sagte Tom Adshead von der Unternehmensberatung Macro Advisory. Das taten früher Goldman Sachs oder Nomura: Sie kehrten dem Land während der Russlandkrise 1998 den Rücken, um nach der Wahl von Wladimir Putin im Jahr 2000 wieder an der Erholung zu partizipieren.

Für heuer prognostizieren die Ökonomen einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um bis zu vier Prozent. Ein Ende der Probleme ist nicht in Sicht. Die Auslandsinvestitionen sind im Vorjahr um 70 Prozent auf 21 Mrd. Dollar eingebrochen. Stratege Fentham-Fletcher von Freedom Asset Management ist sich aber sicher, dass „das Vertrauen in russische Aktien wieder kommen wird“, wie er sagt. „Aber derzeit sehe ich allenfalls Chancen im Privatsektor“. (Bloomberg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2015)

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