Die Sehnsucht nach einer "guten" Bank

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Der Markt für nachhaltige, ökologische und ethische Geldanlagen boomt. Auch in Österreich springen immer mehr Banken und Initiativen auf den Trend auf. Im Mittelpunkt steht nicht nur Rendite, sondern auch das gute Gewissen.

Wien. Die Sparbuchzinsen sind im Keller. Berücksichtigt man die Inflationsrate und die Kapitalertragsteuer, ist Sparen ein Verlustgeschäft. Höhere Renditen gibt es bei riskanteren Investments wie bei Aktien. Doch die meisten Österreicher gehen auf Nummer sicher. Und weil es auf Sparguthaben kaum noch Zinsen gibt, wollen immer mehr Leute mit ihrem Geld wenigstens etwas Gutes tun: Der Markt für nachhaltige, ökologische und ethisch motivierte Geldanlagen boomt. Allein in Deutschland machten solche Investments bereits 127 Milliarden Euro aus, wie das Forum für nachhaltige Geldanlagen mitteilte. Das ist im Vergleich zu 2013 ein Plus von 59 Prozent.

Das Spektrum der Anlageformen ist bunt gemischt. In Deutschland startete vor Kurzem die erste islamische Bank mit einem Zinsverbot. Österreicher können dort aber noch kein Konto eröffnen.

In Österreich legte die katholische Don Bosco Finanzierungsgesellschaft jüngst eine bis 2021 laufende Social Impact Anleihe in US-Dollar auf. Das Geld wird für den Ausbau einer Universität in Ecuador verwendet, wobei den Anlegern eine Verzinsung von 1,5 Prozent pro Jahr geboten wird. Das Projekt wird von der Erste Bank unterstützt. Die „Presse“ zeigt weitere Initiativen in diesem Bereich:
• Oikocredit: Heuer feiert Oikocredit Austria ihr 25-jähriges Jubiläum: Die Genossenschaft vergibt kleine Kredite an Klein- und Mittelbetriebe sowie Bauernkooperativen in Afrika, Asien, Lateinamerika und Osteuropa. Unterstützt werden Menschen, die den Sprung aus der Armut schaffen wollen und von herkömmlichen Banken nicht unterstützt werden.

Das Gesamtvolumen liegt bei 900 Millionen Euro, davon stammen 81,5 Millionen von österreichischen Anlegern. Diese erhalten im Regelfall eine Rendite von zwei Prozent pro Jahr. Wer mitmachen will, kauft Anteils-Zertifikate von Oikocredit. Eine Einlagensicherung existiert hier nicht. „Seit der Gründung hat noch kein Anleger Geld verloren. Die Kreditausfallsrate liegt bei einem Prozent“, sagt Oikocredit-Sprecher Helmut Berg.
• Schellhammer & Schattera: Die Bank wurde vor Kurzem an die Grazer Wechselseitige verkauft, doch sie versteht sich weiterhin als „Bank für die Kirche“. Sie hat für Privatkunden unter anderem ein Ethik-Kapitalsparbuch (der Zinssatz für 24 Monate liegt bei 0,35 Prozent) und Ethikfonds im Programm. Ausschlusskriterien bei Investments in Unternehmen und Staaten sind beispielsweise Atomenergie, Rüstung, Euthanasie, Tabak, Pornografie, Menschenrechtsverletzungen und Abtreibung. Vor Kurzem verschickte die Bank einen 98-seitigen Sonder-Newsletter mit Aussagen von Papst Franziskus.

Gott, Geld und das Gewissen

• Die katholische Steyler Ethik Bank wirbt mit dem Motto „Gott, Geld und Gewissen“. Angeboten werden ein Bonus-Sparplan und andere Produkte. Beim Missions-Sparbrief gehören die Hälfte der Zinsen den Kunden, mit der anderen Hälfte werden die Missionare des Steyler Ordens unterstützt.
• Bei der Zweiten Sparkasse können Menschen, die in eine schwierige finanzielle Situation geraten sind und von anderen Banken abgelehnt wurden, ein auf drei Jahre befristetes Konto erhalten. Für die Zweite Sparkasse arbeiten Mitarbeiter der Erste Bank und der Sparkassen ehrenamtlich.
• In ganz Österreich setzen Regionalbanken verschiedene Initiativen, hier nur einige Beispiele: Die oberösterreichische VKB-Bank unterstützt mit dem Umwelt-Plus-Sparen Umweltprojekte in der Region. Die Raiffeisenbank Gunskirchen forciert ebenfalls Produkte mit einer Umweltgarantie. Zuletzt konnten sich Kunden an der Errichtung einer Photovoltaikanlage beteiligen. Versprochen wird eine Rendite von 2,25 Prozent bei einer Laufzeit von zehn Jahren.
• Hermes Österreich bietet Finanzprodukte auf Grundlage der Anthroposophie (bekannt durch Ludwig Steiner und die Waldorfschulen) an. Die Anthroposophie ist in der Wirtschaft verbreiteter, als viele annehmen. Auf deren Werte bezieht sich beispielsweise die Drogeriemarktkette DM.
• Fast alle österreichischen Banken verkaufen Öko- und Ethikfonds. Hier sollten Anleger zunächst klären, wie viel Risiko sie eingehen wollen, und sich erst dann einzelne Produkte ansehen. Was „nachhaltig“ ist, entscheidet jede Investmentgesellschaft für sich selbst, Kriterien und Schwerpunkte können sehr unterschiedlich sein.
• Mit der „Bank für Gemeinwohl“ startet ein neues Projekt. Zu den Unterstützern gehören Society-Winzer Leo Hillinger, Ex-Skispringer Toni Innauer, Schokoladen-Exot Josef Zotter, Kabarettist Thomas Maurer, Ex-Grünen-Chefin Freda Meissner-Blau und Attac-Österreich-Mitgründer Christian Felber. Im Herbst 2015 soll über eine Kampagne das Kapital für die Bank aufgetrieben werden. Bis 2016 sollen 40.000 Menschen Genossenschaftsanteile von insgesamt 15 Millionen Euro zeichnen. Dividenden werden nicht ausgeschüttet. Im Insolvenzfall kann man maximal den doppelten Anteil der Investitionssumme verlieren.

„Keine Gewinnmaximierung“

„Ziel ist nicht die Gewinnmaximierung, sondern das Maximieren des Gemeinwohls“, sagen die künftigen Bankvorstände Christine Tschütscher und Robert Moser. Sind die ersten sechs Millionen Euro zusammen, soll bei der Finanzmarktaufsicht um eine Banklizenz angesucht werden.

Ende 2016 soll der Bankbetrieb starten. Zu Beginn soll ein Basisservice wie Konten, Spareinlagen und Kredite angeboten werden. Sparer können auf die Zinsen verzichten. Kreditnehmer müssen eine Bonitätsprüfung und eine Gemeinwohlprüfung bestehen. Kredite in den Bereichen Soziales, Ökologie, Biolebensmittel, Bildung und erneuerbare Energie werden bevorzugt.

AUF EINEN BLICK

Der Markt für nachhaltige, ökologische und ethisch motivierte Geldanlagen ist bunt gemischt. Auf der einen Seite stehen katholisch ausgerichtete Banken, die beispielsweise nicht in Staaten investieren, in denen die aktive Sterbehilfe erlaubt ist. Dann gibt es internationale und religiös unabhängige Genossenschaften wie Oikocredit. Ein Schwerpunkt ist hier die Bekämpfung der Armut. Immer mehr im Kommen sind Banken und Initiativen, die auf Umweltprojekte und das Gemeinwohl setzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2015)

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