Qualitätstitel "Made in Europe"

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Gewiefte Fondsmanager finden in Europa Blue Chips mit lukrativen Ausschüttungen.

Wien. Harte Knochenarbeit zahlt sich auch an der Börse aus, vor allem dann, wenn es darum geht, die richtigen Investmententscheidungen zu treffen. „Wir hatten schon vor Ausbruch des Skandals keine VW-Aktien, sie haben uns nicht gefallen“, ist Jörg de Vries-Hippen sichtlich mit seinem Spürsinn zufrieden. Der Fondsmanager verwaltet den Allianz European Equity Dividend Fonds. Eine Strategie, die sich gerade in schwierigen Börsenzeiten bewährt. Denn der Fokus liegt auf soliden Qualitätsaktien und hohen– vor allem aber stetigen – Dividendenzahlungen.

Für den bescheidenen Kandidatenkreis kommen nur Werte aus Europa in Frage. Dadurch verringere man das Währungsrisiko, etwa gegenüber dem Dollar, aber auch gegenüber Währungen aus den Schwellenländern, unterstreicht de Vries-Hippen. Dass gut 43 Prozent des Fonds derzeit in britische Aktien investiert sind, stellt für den Allianz-Experten keinen Widerspruch dar: „Die Schwankungen zwischen Euro und Pfund halten sich in Grenzen.“

Zudem zahlten europäische Unternehmen grundsätzlich eine höhere Dividende, „und zwar gut einen Prozentpunkt mehr als der globale Durchschnitt“. Dennoch verfolgt de Vries-Hippen eine genaue Strategie: „Wir suchen nach Unternehmen, deren Dividendenrendite mindestens 25 Prozent über jener des Marktdurchschnittes liegt.“ Weiteres Kriterium: Ein Unternehmen sollte höchstens 50 Prozent des Cashflows für Ausschüttungen aufwenden. Derzeit liegt die durchschnittliche Dividendenrendite im Fonds bei fünf Prozent – vor Abzug der Spesen.

Pharmawerte sind teuer

Ein guter Teil der größten Positionen entfällt auf Ölwerte wie Total, BP und Royal Dutch: „Der aktuell tiefe Preis zwingt zu mehr Effizienz, es werden nur noch Projekte umgesetzt, die tatsächlich Cashflow generieren.“ Pharmawerte sucht man hingegen vergebens, die Dividendenrenditen seien aktuell zu niedrig. „Ab 2011 schossen deren Aktienkurse nach oben, die Titel wurden quasi als Ersatz für Staatsanleihen gehandelt.“ Grundsätzlich sollte man de Vries-Hippen zufolge beachten, dass der Fonds in Zeiten stark steigender Börsen mit dem Tempo nicht mithalten könne. Dafür hielten sich in Zeiten schwerer Rücksetzer die Verluste meist in Grenzen.

Einen etwas anderen Ansatz wählt Stephanie Butcher, Fondsmanagerin des Invesco Pan European Equity Income Fund. Beim tabellenbesten Fonds wird ein großer Teil in Finanzwerte investiert, etwa in ING oder Barclays. Butcher verweist auf das historisch niedrige Kurs-Gewinn-Verhältnis in der Branche. „Zudem gibt es reichlich Potenzial für Gewinnsteigerungen.“ Schließlich sei der Schuldenabbau im Finanzsektor auf gutem Weg, die Kreditnachfrage lege wieder zu. Doch umfassen die Finanzwerte nicht nur Banken, sondern auch Börsenbetreiber (etwa die Deutsche Börse), Lebensversicherer und Immo-Aktien.

Den Abverkauf nutzte die Invesco-Expertin für Zukäufe im Finanzsektor und bei zyklischen Werten, die von einer Konjunkturerholung profitieren dürften. Am defensiveren Ende habe man bei Telekomwerten aufgestockt, wobei etwa Orange zu den größten Fondspositionen zähle.

Erholung in Europa

Doch wie sieht das Gesamtumfeld aus? Marc Renaud, Vorstand der französischen Fondsboutique Mandarine Gestion, ortet eine Erholung in Europa, „vor allem in der Peripherie, wie Spanien oder Italien“. In Deutschland wachse die Wirtschaft ebenfalls, allerdings sei langfristig die demografische Entwicklung problematisch.

Auch sollte man laut Renaud die globale Konjunkturentwicklung nicht außer Acht lassen. Die Konzerne an den US-Börsen „erzielen ein Drittel der Gewinne im Ausland, während jene im EuroStoxx 50 gut die Hälfte der Gewinne außerhalb Europas erwirtschaften“. Sie seien daher abhängiger vom Wachstum in den Schwellenländern. Das treffe auch auf Blue Chips zu.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2015)

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