Investieren in "grüne" Anleihen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Umweltprojekte mitfinanzieren - das kann man bei Entwicklungsbanken, aber auch bei Städten, Regionen und Banken.

Wien. Klimaexperten zeichnen ein düsteres Bild: Gelingt es nicht, die Erderwärmung einzudämmen, steuere der Planet schnurstracks auf eine Katastrophe zu. Die Folgen der höheren globalen Durchschnittstemperatur machen sich bereits bemerkbar – egal, ob es sich dabei um schmelzende Gletscher, steigende Meeresspiegel, die Zunahme von Extremwetterereignissen oder den Verlust der ökologischen Vielfalt handelt.

Damit nicht genug: Experten rechnen darüber hinaus künftig unter anderem mit einer zunehmenden Migration in den Norden, dem Verschwinden einzelner Staaten – wie etwa Polynesien – oder der Zunahme von zwischenstaatlichen Konflikten.

Klimaabkommen pusht Markt

Wie kann man als Privatperson dem Klimawandel aktiv entgegentreten? Eine Möglichkeit, den CO2-Verbrauch einzudämmen, ist sicherlich, den Hebel bei sich selbst anzusetzen und den persönlichen Energieverbrauch möglichst klimaneutral auszurichten. Auf der anderen Seite kann man aber auch über einschlägige Investments einen Beitrag zur Forcierung grüner Technologien leisten. Wer etwa in einen Green Bond bzw. Climate Bond investiert, beteiligt sich aktiv an Umweltprojekten – wie unter anderem in den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Wasserreinhaltung.

Bei grünen Bonds handelt es sich um eine Erfolgsgeschichte. Für die erste Emission zeichnete sich 2007 die europäische Investitionsbank verantwortlich. Belief sich das Emissionsvolumen im selben Jahr noch auf rund eine Milliarde US-Dollar, so waren es Ende 2015 bereits 42 Milliarden Dollar. Im bisherigen Jahresverlauf wurden bereits grüne Bonds mit einem Volumen von 23 Milliarden Dollar emittiert. Bei der Climate Bonds Initiative geht man davon aus, dass sich diese Zahl bis Ende 2016 auf 100 Milliarden Dollar erhöht. Tendenz steigend.

Dass sich das Wachstum – trotz der starken Entwicklung der letzten Jahre – zuletzt verlangsamt hat, könnte nach Ansicht der Experten der Landesbank Baden-Württemberg am Angebot an geeigneten „grünen“ Assets liegen. Doch sollte der Markt durch das Klimaabkommen von Paris in den kommenden Jahren einen Schub erfahren.

Stichwort Klimaabkommen: Bei der Weltklimakonferenz in Paris im vergangenen Dezember verpflichtete sich nahezu jedes der 195 teilnehmenden Länder zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen. In diesem Zusammenhang soll Investitionsvehikeln wie Green Bonds bei der Umleitung privater Investitionen hin zu klimafreundlichen Anlageformen eine Schlüsselrolle zukommen.

Was sind grüne Bonds eigentlich streng genommen? Grundsätzlich sollten damit Klima- und Umweltschutzprojekte finanziert werden. Wie Martin Cech, Fondsmanager bei der Erste-Sparinvest, erklärt, gibt es allerdings keine einschlägigen Richtlinien. „Bei den vor zwei Jahren von der ICMA (International Capital Market Association), einem internationalen Branchenverband für Banken und Finanzdienstleister, entwickelten Green Bond Principles (GBP) handelt es sich nicht um ein Regelwerk, sondern eine Selbstverpflichtung“, erklärt er.

Agenturen helfen

Einerseits geben die GBP den Emittenten vor, welche Schlüsselkomponenten bei der Lancierung eines grünen Bonds erfüllt werden müssen. Auf der anderen Seite unterstützen sie Investoren mit den notwendigen Informationen, um die Umweltauswirkungen ihrer Veranlagung einschätzen zu können.

„Da es keine einschlägigen Richtlinien gibt, sind für uns Zweitmeinungen – wie etwa von unabhängigen Agenturen – besonders wichtig; auch als Maßnahme gegen Greenwashing“, so Cech. Beim Management des von ihm verwalteten Erste Responsible Bond Global Impact werde auf eine detaillierte Ex-ante-Analyse gesetzt. Dazu gehöre es, sich anzuschauen, wer der Emittent sei und ob dieser aus nachhaltigen Gesichtspunkten investierbar sei sowie wofür die über die Emission eingeholten Mittel verwendet werden. Auch die jeweilige Währung – 2015 haben etwa Dollar-Emissionen den Markt dominiert – sowie die Bewertungen fließen in die Überlegungen ein.

Als „generell erfreulich“ sieht der ESPA-Fondsmanager, dass der Markt wächst bzw. das Emittentenfeld breiter wird. „Während in den Anfangszeiten der Markt von supranationalen Emittenten wie Entwicklungsbanken dominiert wurde, ist er in den vergangenen zwei bis drei Jahren breiter geworden“, so Cech. Heute emittieren etwa auch Städte und Regionen grüne Bonds, ebenso wie Banken und Finanzdienstleister. [ iStockphoto]

Was Sie beachten sollten bei . . . grünen Anleihen

Tipp 1

Definition. Mit grünen Bonds werden Umweltprojekte, wie etwa in den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Wasserreinhaltung, finanziert. Bei den Emittenten handelt es sich um supranationale Institute (SSA) wie Entwicklungsbanken, Städte und Regionen, aber auch Banken und Finanzdienstleister.

Tipp 2

Green Bond Principles. Was genau ein Green Bond, also eine grüne Anleihe, ist, wird von keinem Regelwerk vorgegeben. Als Orientierung können allerdings die vom Branchenverband ICMA entwickelten Green Bond Principles herangezogen werden. Sie geben unter anderem den Emittenten vor, welche Schlüsselfaktoren bei einer Emission erfüllt werden müssen.

Tipp 3

Anbieter. Die Emissionen der Anleihen erfolgen zum Teil in US-Dollar und Euro. Der hohe Anteil an supranationalen Emittenten bedeutet auch bessere durchschnittliche Ratings. Was die Preisfestsetzung betrifft, sehen Experten keine systematische Differenzierung zwischen grünen und herkömmlichen Anleihen eines Emittenten.

Tipp 4

Alternativen. Green Bonds sind eine vergleichsweise risikoarme Anlageform. Auf das Thema Nachhaltigkeit kann man aber auch mit Aktien oder Aktienfonds setzen. Dabei wird in Unternehmen investiert, die etwa in den Bereichen Wasseraufbereitung und -versorgung, Recycling und Abfallwirtschaft, erneuerbare Energie oder E-Mobilität aktiv sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2016)

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