Traumstart ins Jahr - folgt das böse Erwachen?

(c) REUTERS / Alex Grimm
  • Drucken

Mit Aktien aus den Schwellenländern sowie mit Silber konnte man von Jänner bis März am meisten Geld verdienen. Dass der Ölpreis wieder gefallen ist, schreckte Aktienanleger diesmal nicht besonders.

Wien. Anders als im Vorjahr, als die Anleger gerade in den ersten beiden Monaten des Jahres schlimme Verluste hinnehmen mussten, verlief der Start ins Jahr 2017 bisher äußerst entspannt. Dass die US-Notenbank Fed die Zinsen weiter angehoben hat, dass US-Präsident Donald Trump seine vollmundigen Versprechen möglicherweise doch nicht ganz umsetzen kann, dass die Briten Ernst machen mit dem Brexit und dass noch zahlreiche Unsicherheiten ins Haus stehen (etwa die Wahl in Frankreich), all das schien die Anleger im ersten Quartal kalt zu lassen.

Nicht einmal die Tatsache, dass der Ölpreis seit Jahresbeginn um fast ein Zehntel gefallen ist, schreckt sie. Vor einem Jahr war der niedrige Ölpreis als Schwäche der Weltkonjunktur gedeutet worden, Börsen und Ölpreis hatten sich weitgehend parallel bewegt.

Zweistellige Zugewinne verzeichneten seit Jahresbeginn die Aktien von Schwellenländern. Der MSCI Emerging Markets Index legte um elf Prozent zu. Auch der heimische ATX präsentierte sich stark. Er hat im Februar erstmals seit 2011 wieder einen Stand von mehr als 2800 Punkten erklommen. Seit Jahresbeginn beläuft sich das Plus auf acht Prozent.

Dabei schafften einzelne Werte zweistellige Kurssprünge. Das Papier des Faserkonzerns Lenzing legte um 37 Prozent zu, das des Flughafen Wien um 26 Prozent. Die Raiffeisen Bank International setzte ihre Erholungsrallye fort und stieg um 22 Prozent, die Aktie des Ziegelkonzerns Wienerberger kletterte um 21 Prozent auf einen Stand, den sie seit 2008 nicht mehr hatte. Auch CA Immo, Post und Telekom erfreuten ihre Aktionäre mit zweistelligen Zugewinnen.

Quelle: Bloomberg (Stand 31.3.)

Nur wenige Verlierer

Im ATX, der 20 Werte umfasst, gibt es seit Jahresbeginn nur einen Titel, der zweistellig verloren hat: Die Aktie des Ölfeldausrüsters Schoeller-Bleckmann hat 15 Prozent nachgegeben.

Nicht ganz so stark wie das Wiener Börsenbarometer zeigten sich DAX und EuroStoxx 50. Doch auch dort liegen die meisten Werte im Plus. Die beiden Bestperformer im DAX sind übrigens zwei Werte, denen es in den vergangenen Jahren weniger gut ergangen ist: Der infolge der Energiewende angeschlagene Versorger RWE stieg um 31 Prozent, die Lufthansa zog um 24 Prozent an. Auch mit Aktien aus Japan und China konnte man auf Eurobasis Geld verdienen. Nur die Rohstoffe mussten im ersten Quartal wieder ein wenig Federn lassen. Eine Ausnahme stellen die Edelmetalle dar: Gold konnte seit Anfang Jänner auf Eurobasis um sechs Prozent, Silber gar um zwölf Prozent zulegen. Die Aktie des Silberkonzerns Fresnillo ist mit einem Plus von 28 Prozent auf Eurobasis Bestperformer im britschen FTSE-100.

Doch bedeutet ein so gutes Quartal nicht, dass man sich langsam Sorgen machen muss? Zumal sich auch noch der Mai nähert, der Monat, in dem man sich einem alten Sprichwort zufolge aus dem Markt verabschieden soll?

Graham Secker, Aktien-Stratege bei Morgan Stanley, sieht ein Argument, das für weiter steigende Kurse bei europäischen Aktien spricht: den Gleichlauf von Aktien und Euro. Die 20-Tages-Korrelation zwischen EuroStoxx 50 und Euro ist auf den höchsten Wert seit Oktober geklettert. Während die beiden Asset-Klassen normalerweise eine negative Korrelation aufweisen, zeige nun die gleichzeitige Rallye ein verbessertes fundamentales Umfeld, sagte der Experte zur Nachrichtenagentur Bloomberg. Vereinfacht gesagt: Die Unternehmen stehen gut genug da, dass ihnen ein stärkerer Eurokurs nicht schadet. Denn der Euro hat sich zwar in den vergangenen drei Jahren zum Dollar deutlich abgeschwächt, heuer hat er jedoch leicht zugelegt.

Zur Vorsicht raten indes die Experten vom Bankhaus Krentschker: Für Aktien spreche zwar die hohe Dividendenrendite, die die Wertpapiere im Vergleich zu Anleihen attraktiv mache. Doch gibt es auch Warnzeichen: Entgegen den Erwartungen haben die Märkte auf die Wahl von Donald Trump zum 45. US-Präsidenten mit einer Rallye reagiert. „Die Märkte schienen sich der Worte von Trump während seines Wahlkampfes zu entsinnen, in denen er versprach, die Infrastruktur des Landes auf modernere Füße zu stellen und den US-Unternehmen durch Steuersenkungen unter die Arme zu greifen“, heißt es in einer Aussendung des Bankhauses. Doch müssten die Ankündigungen erst noch umgesetzt werden. Die derzeitige Entwicklung an den US-Börsen fuße einzig auf den Erwartungen, nicht auf tatsächlich ratifizierten Reformen. Sollte die Realität nur geringfügig von den Erwartungen abweichen – etwa bei der Höhe des erhofften Investitionsvolumens oder beim Ausmaß der Steuersenkungen –, könnte das zu einer Korrektur führen.

Geringe Schwankungen

Ebenfalls mit Sorge sehen die Krentschker-Experten, dass die Volatilität an den Aktienmärkten auf einem historisch niedrigen Niveau angelangt ist. Das könnte bedeuten, „dass die Anleger derzeit ein wenig zu sorglos an den Aktienmärkten agieren und von vergleichsweise hohen Dividendenrenditen angezogen werden könnten, ohne ihre eigenen Risiko- und Ertragserwartungen zu hinterfragen“. Umso wichtiger sei es daher, sich nicht vom Herdentrieb leiten zu lassen, sondern an seiner eigenen Rendite- und Risikoeinstellung festzuhalten und antizyklisch zu investieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.