Aktien: Verschmähtes Osteuropa erscheint wieder attraktiver

Aktien und Boerse
Aktien und Boersebilderbox
  • Drucken

Einige Staaten in Osteuropa werden im Vergleich zur Eurozone in diesem Jahr stärker wachsen. Vielleicht lohnt sich der Einstieg.

Wien. Jahrelang herrschte in Osteuropa regelrechte Goldgräberstimmung. Ein österreichisches Unternehmen nach dem anderen schlug dort seine Zelte auf. All das funktionierte ziemlich einwandfrei – bis die Krise zahlreiche Probleme offenbarte und den Wachstumsmotor ins Stocken brachte.

Mittlerweile haben sich die Staaten östlich der österreichischen Landesgrenze wieder halbwegs erholt. Nur will davon kaum jemand etwas wissen. Dabei sind manche Börsen gar nicht so schlecht gelaufen. Der rumänische Kapitalmarkt etwa kam in diesem Jahr auf ein Plus von rund zehn Prozent, der Zuwachs in Istanbul macht 19, in Polen rund vier Prozent aus.

Besser als an den Börsen in Kerneuropa ist die Lage allemal. Der ATX liegt seit Jahresbeginn um sieben Prozent im Minus, und auch im deutschen Leitindex DAX konnte man heuer (anders als im Vorjahr) keine hohen Gewinne einstreifen.

„Osteuropa wird oft schlechtgeredet. In Kroatien oder Serbien läuft auch nicht alles so gut. Aber in Summe sind die Länder fähig, Wachstum bei relativ geringer Verschuldung zu generieren“, sagt Erste-Chefanalyst Fritz Mostböck. Der Region CEE (Zentral- und Osteuropa) wird heuer ein Wachstum von 2,6 Prozent prognostiziert. In der Eurozone ist der Zuwachs mit 1,1 Prozent verhaltener.

Binnennachfrage steigt

Die Raiffeisen Bank International hat ihre Prognose für die CEE-Region sogar angehoben. Vor allem den Staaten Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien und Rumänien wird eine höhere Wirtschaftsleistung zugetraut.

Bei Raiffeisen hebt man etwa die steigende Binnennachfrage in den meisten CEE-Ländern hervor. Der private Konsum wie auch Investitionen würden anziehen. Auch für 2015 geht man von erfreulichen Zahlen aus.

Die Sentimentindikatoren, also jene Indikatoren, die unter anderem die Risikobereitschaft und Marktstimmung der Anleger widerspiegeln, hätten sich für Osteuropa zuletzt verbessert, sagt Mostböck. Wenngleich die Erholung des Arbeitsmarktes noch zurückliege.

Nicht vergessen dürften Investoren aber auch, dass es im Osten eine hohe Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt gibt und in der Region durchaus gut ausgebildete Bürger leben, sagt Nikolaus Görg von der Bank Gutmann. „Osteuropa steht im Schatten von Lateinamerika und Südostasien.“ Dabei seien Emerging Markets extrem heterogen und dürften nicht in einen Topf geworfen werden. Auch sei die Abhängigkeit von externen Finanzierungsquellen nicht mehr so stark wie früher. Gesehen habe man das etwa an der Ankündigung der US-Notenbank, ihr Anleihenkaufprogramm zurückzufahren. „Der Schock im Osten war im Vergleich zu anderen Schwellenländern schwach“, sagt Görg.

Die Abhängigkeit von Westeuropa ist hingegen schon vorhanden, sie stellt „zugleich auch das wesentlichste Risiko dar“, wie Raiffeisen in ihrem Strategiebericht für das dritte Quartal erklärt. Noch sorgen die auch in Osteuropa vergleichsweise niedrigen Leitzinsen aber dafür, dass Aktien aus der Region attraktiv bleiben, wie Bernd Mauer von der Raiffeisen Centrobank sagt.

Etwas schlechter sieht die Lage zurzeit in Russland und der Ukraine aus. Der Konflikt zwischen den beiden Staaten wird wohl zu einer geringeren Wirtschaftsleistung führen. Während man in Russland von einer Stagnation ausgeht, ist die Prognose für die Ukraine etwas dramatischer. Hier rechnen die Experten mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um sieben Prozent.

In Osteuropa empfiehlt die Raiffeisen etwa die Bank BZ WBK. Aufgrund einer Schwächephase biete sich hier eine Einstiegsgelegenheit. Auch die PKO BP sei aufgrund ihres Bewertungsabschlags im Vergleich zu ihrer Peer Group eine Kaufempfehlung. (nst)

AUF EINEN BLICK

Osteuropa wurde von Investoren lange verschmäht. Langsam kommt das Wachstum in einigen Staaten der Region aber zurück – und fällt höher aus als in der Eurozone. Angesichts der niedrigen Zinsen sind Aktien aus den osteuropäischen Ländern auch attraktiv. Problematischer ist die Lage in Russland und der Ukraine. Beide Staaten leiden unter dem seit einigen Monaten schwelenden Konflikt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Geldanlage

US-Aktien: Doch keine Blase?

Experten sind uneins über den amerikanischen Markt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.