ATX: Billige Aktien, hohe Dividendenerträge

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Seit Jahresbeginn hat der österreichische Aktienleitindex deutlich an Wert verloren. Schlecht für jene Anleger, die schnelles Geld mit Kursgewinnen machen wollten. Gut für jene, die jetzt nach aussichtsreichen Dividendenerträgen suchen.

Wien. Wenn Ökonomen derzeit vor einer Überhitzung der Finanzmärkte warnen, dann sprechen sie am ehesten den Markt für Unternehmensanleihen oder US-Aktien an. Den Wiener Aktienmarkt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht. Der zeigt derzeit alles andere als Überhitzungstendenzen, zumindest nicht breitflächig.

Gemessen am Leitindex ATX hat der aggregierte Börsenwert der großen heimischen Börsenfirmen seit Jahresbeginn um mehr als zwölf Prozent verloren. Das ist schlecht für jene Anleger, die im Jänner in heimische Aktien investiert hatten und sich schnelle Kursgewinne erhofften. Für jene, die längerfristig denken und sich bewusst an soliden Firmen mit Substanz und laufenden Erträgen (Dividenden) beteiligen, bietet die aktuelle Situation eine interessante Chance.

Staat braucht Dividenden

Denn gerade jetzt, dank der niedrigen Aktienkurse, wirken die Dividenden sehr passabel. Die Dividendenrendite ergibt sich aus der Dividende pro Aktie durch Aktienkurs. Wenn beispielsweise die Voestalpine im nächsten Jahr eine ebenso hohe Dividende auszahlt wie heuer (nämlich 95 Cent je Aktie), macht die Dividendenrendite derzeit rund drei Prozent aus.

Der Dividendenertrag ist heute deutlich höher als noch zu Jahresbeginn, weil der Voest-Aktienkurs seither um acht Prozent abgenommen hat. Die Aktie des Mineralölkonzerns OMV ist überhaupt ein Liebling der Dividendenanleger – weil das Unternehmen in den vergangenen sechs Jahren die Dividende kontinuierlich erhöhen konnte. Wohl auch, weil der Staat als Anteilseigner die jährlichen Ausschüttungen dringend nötig hat. Zuletzt schüttete die OMV an ihre Aktionäre 1,25Euro je Aktie aus. Wer heute eine OMV-Aktie kauft und im Mai 2015 eine Dividende von abermals 1,25 Euro erhält, erzielt eine Dividendenrendite von fünf Prozent.

Das schaut beim ersten Hinsehen nach üppigen Erträgen aus. In der Praxis geht es für die Anleger aber doch etwas rauer zu, weil die Aktienkurse in den nächsten Monaten weiter abfallen könnten; zudem werden die Dividendenrenditen als Bruttowerte angegeben (vor Abzug der Steuer), und überhaupt fallen bei Aktieninvestments für Kleinanleger Kosten für Transaktionen und für das Depot an.

Lohnt es sich nun, in ein Aktienpaket solider heimischer ATX-Firmen mit aussichtsreichen Dividenden zu investieren? Ein Szenario: Ein Kleinanleger investiert heute 10.000 Euro und verteilt das Geld relativ gleichmäßig, also jeweils 2000 Euro auf fünf verschiedene ATX-Aktien: Voestalpine, OMV, Lenzing, Post und Verbund. Er hegt die – zugegeben vage – Bereitschaft, dieses Paket für zwei Jahre behalten zu wollen (sofern weder außerordentliche Finanz- noch einzelne Unternehmenskrisen eintreten). Die gesamten Kosten für Transaktionen, Depot und Verrechnungskonto machen in den zwei Jahren bei einem günstigen Onlinebroker rund 200 Euro aus.

Was bleibt am Ende übrig? Am Beispiel der Voestalpine-Aktie: Wenn das Unternehmen in den nächsten zwei Jahren eine Dividende von abermals 95 Cent auszahlen kann, macht der Anleger allein mit der Dividende einen Gewinn von 2,5 Prozent (nach Abzug aller Kosten und der Kapitalertragsteuer auf die Dividende). Eine etwaige jährliche Inflation von 1,8 Prozent kann er mit dieser Voest-Dividende aber nicht abdecken. Die Voest-Aktie müsste in den zwei Jahren um fast 1,5 Prozent an Wert gewinnen, damit die Aktie die Kaufkraft des Anlegers bewahrt.

Kleines Plus, wenn Kurs hält

Bei der OMV schaut es besser aus: Wenn das Unternehmen seine Dividendenhöhe in den nächsten zwei Jahren aufrechterhält, übersteigt die Dividende um zwei Prozentpunkte die Kosten, die Steuer und die Inflation. Kurzum: Der OMV-Kurs könnte in den nächsten zwei Jahren um zwei Prozent fallen, und der Kunde hätte trotzdem die Kaufkraft seines eingesetzten Geldes für die OMV (also 2000 Euro) erhalten.

Die große Frage nun: Wie würde sich das Fünfer-Aktienpaket insgesamt entwickeln, könnten alle Firmen ihre Dividendenauszahlungen in den nächsten zwei Jahren auf dem aktuellen Niveau halten?

Der Anleger würde dann eine ordentliche Gesamtdividende einstreifen. Und zwar in der Höhe, dass er die Kosten des Aktienpakets, die Kapitalertragsteuer (auf die Dividenden) und eine zweimalige jährliche Inflation von 1,8 Prozent locker abdeckt. Sollten alle fünf Aktien in zwei Jahren mit einem ähnlichen Kurs notieren wie heute, hätte der Kunde dank der jährlichen Ausschüttungen sogar einen kleinen realen Gewinn von 0,5 Prozent erzielt. Er muss also nur hoffen, dass die Kurse der Firmen nicht abstürzen. Und natürlich, dass die Unternehmen weiterhin so solide wirtschaften, damit sie weiterhin üppige Dividenden auszahlen können. (ker)

AUF EINEN BLICK

Dividendenaktien. Die Dividendenrendite misst den Anteil der Dividende am gegenwärtigen Kurs. Wenn die Kurse fallen (wie zuletzt im ATX passiert) und die Dividenden gleich bleiben, steigt die Dividendenrendite– für jene, die jetzt erst kaufen. Unter der Annahme, dass der Abwärtstrend jetzt zu Ende ist, kann man beim Aktienkauf auch mit relativ kleinen Beträgen Gewinne erzielen. Sollte der ATX noch weiter abrutschen, geht dieser Plan aber nicht auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2014)

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