David Ganozzi: "In den Schwellenländern haben wir keine Eile"

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Für Fondsmanager David Ganozzi lockt vor allem Europas Konjunkturerholung mit lukrativen Chancen, während die Schwellenländer noch vor größeren Herausforderungen stehen dürften.

Die Presse: Herr Ganozzi, fast 50 Prozent des Fidelity-Patrimoine-Fonds sind derzeit in Anleihen investiert. Ein Zeichen, dass Sie mit gröberen Marktturbulenzen rechnen?

David Ganozzi: Grundsätzlich achten wir darauf, Kursschwankungen möglichst gering zu halten. Deshalb haben wir eine Untergrenze bei den Cash- und Anleihepositionen von insgesamt 40 Prozent eingezogen. Derzeit nutzen wir aber auch Chancen bei Hochzinsanleihen. Insgesamt lässt sich wegen der tiefen Renditen mit Anleihen freilich wenig verdienen.

Besteht nicht die Gefahr nominell negativer Renditen? Schon jetzt kratzen die Renditen zehnjähriger deutscher Anleihen nahe der Null-Prozent-Linie.

Das denke ich nicht, schon allein, da es in Europa erste zaghafte Anzeichen einer Konjunkturbelebung gibt. Seit Ende des Vorjahres haben sich einige Umfragen wie etwa der Einkaufsmanagerindex verbessert. Und dafür gibt es gute Gründe, wie zum Beispiel den gesunkenen Ölpreis. Dies ist für Europa eine sehr wichtige Stütze. Zugleich beflügelt der starke Rückgang des Euro die Exporte. Und die Europäische Zentralbank sorgt mit ihrer aggressiven Geldpolitik für ein anhaltend niedriges Zinsumfeld. Das alles bietet eine gute Grundlage für ein Wirtschaftswachstum in Europa. 2015 deuten Konsensus-Schätzungen auf ein Plus von gut einem Prozent hin.

Damit müssten aber die Zinsen doch allmählich steigen, was für bestehende, schlechter verzinste Anleihen keine guten Nachrichten sind. Sie würden dann abverkauft werden.

Ich erwarte mir aber keinen starken Anstieg. Wobei es natürlich immer ein kleines Restrisiko gibt. Deshalb haben wir einen kleinen Hedge zur Absicherung gegen einen allzu heftigen Zinssprung abgeschlossen. Schließlich könnte beispielsweise die US-Arbeitslosenrate unerwartet kräftig fallen bzw. könnten die Löhne stärker als erwartet ansteigen. Dann könnten auch die Zinsen kräftig nach oben schnellen, was allerdings viel mehr amerikanische Anleihen als jene aus Europa negativ treffen würde.

Rohstoffe haben Sie mit fast zehn Prozent gewichtet. Setzen Sie dabei auf bestimmte Strategien?

Grundsätzlich setzen wir derzeit nicht auf ein spezielles Thema. Innerhalb des Segments haben wir ein Drittel in Landwirtschaft, ein Drittel in Öl und Gas und ein weiteres Drittel in Industrie- und Edelmetalle via ETF veranlagt. Edelmetalle werden meist als Inflations- oder Krisenschutz gekauft, während sich die Preise von Industriemetallen sehr zyklisch entwickeln. Derzeit ist Inflation allerdings kein Thema, während Industriemetalle von einem Anspringen der globalen Konjunktur profitieren dürften.

Und wie gehen Sie bei der Aktienveranlagung vor?

Die Hälfte der Aktienquote von derzeit knapp mehr als 38 Prozent ist in Europa veranlagt, wobei der Anteil zu Jahresbeginn angehoben wurde, zulasten einer Übergewichtung in den USA. Gerade weil das Wachstumsmomentum diesseits des Atlantiks allmählich zulegt, habe ich beschlossen, den Anteil zu erhöhen, wobei vor allem auf Themen gesetzt wird, die von einer Wirtschaftserholung profitieren würden.

In den Schwellenländern ist die Gewichtung hingegen sehr gering. Ist dort die Wachstumsstory endgültig zu Ende?

Das übergeordnete Bild ist derzeit ein sehr gemischtes. Einige Länder wurden vor allem von den fallenden Rohstoffpreisen hart getroffen, etwa Lateinamerika und Russland. Andererseits profitieren die asiatischen Länder davon, da viele Öl importieren müssen. Was allerdings noch hinzu kommt: Eine US-Zinserhöhung würde die Regionen insgesamt belasten. Viele Schwellenländer haben ihre Währungen an den Dollar gekoppelt, der in der Regel von höheren Zinsen profitieren würde. Zudem haben viele Schwellenländer Schulden in Dollar emittiert. Diese würden sich dann verteuern. Wir haben jedenfalls keine Eile, in den Emerging Markets aufzustocken.

Derzeit gibt es zunehmend mahnende Stimmen zu einer drohenden Überhitzung an den Aktienmärkten. Sie sehen keinen Grund zur Sorge?

Die Aktienquote würde ich erst dann senken, wenn es beispielsweise zu einer stärkeren Konjunkturabschwächung käme oder die Aktienbewertungen extrem teuer wären. Selbst eine Korrektur von fünf bis zehn Prozent würde mich nicht beunruhigen. Allein 2014 gab es gleich zwei gröbere Rücksetzer an den Börsen, die wir einfach durchtauchten. Derzeit sehe ich jedenfalls keinen Grund, die Aktienquote im Fonds zu senken.

ZUR PERSON

David Ganozzi ist seit 2000 bei der Fondsgesellschaft Fidelity tätig. Derzeit verwaltet er den Fidelity Patrimoine. Der Ökonom war 1993 bis 2000 bei verschiedenen französischen Finanzhäusern, zuletzt bei Crédit Agricole. [ Fidelity]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2015)

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