Nasdaq-Rekordhoch: Droht eine neue Blase?

An electronic board shows the closing numbers for the Nasdaq Composite Index at the Nasdaq in New York
An electronic board shows the closing numbers for the Nasdaq Composite Index at the Nasdaq in New YorkREUTERS
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US-Technologieaktien kosten wieder so viel wie kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000. Doch schreiben die Firmen jetzt deutlich höhere Gewinne als damals. Dennoch sollte man nicht mehr wahllos zugreifen.

Wien. 15 Jahre hat es gedauert. Im März 2000 war die Dotcom-Blase geplatzt und hatte die Kurse der zuvor massiv aufgeblähten US-Technologieaktien in weiterer Folge um fast 80 Prozent ins Bodenlose stürzen lassen. Jahrelang ging es seitwärts, dann wieder bergauf.

Im April 2015 hat der Technologieindex Nasdaq Composite schließlich wieder ein Rekordhoch erklommen. Anlass waren gute Quartalszahlen: Technologie-Urgestein Microsoft hatte Umsatz und Gewinn stärker gesteigert als angenommen, der weltgrößte Online-Einzelhändler Amazon veröffentlichte erstmals Zahlen für seine Cloud-Dienste, die ein Milliardengeschäft enthüllten, Google wartete mit einem starken Umsatzplus auf, Apple mit hohen Verkaufszahlen. Auch kleinere Firmen wie Juniper Networks überraschten positiv.

In den vergangenen Tagen korrigierte der Index leicht. Grund dafür waren ebenfalls die Unternehmen: So senkte Twitter seine Umsatzprognose und schreibt weiterhin rote Zahlen. Berichte, wonach Apple Probleme mit Bauteilen seiner neuer Computer-Uhr haben soll, wirkten sich ebenso nachteilig aus.

Mit dem zuvor steilen Anstieg der Aktienkurse werden indes die Stimmen der Skeptiker lauter. Die Rallye werde von einigen bereits als Anzeichen einer neuen Technologieblase gesehen, schreibt Black Rock-Experte Russ Koesterich in seinem wöchentlichen Marktausblick.

Tatsächlich würden die Bewertungen heute aber viel gesünder aussehen als im Jahr 2000. Das könne man feststellen, wenn man den breiten US-Aktienindex S&P 500 mit den darin enthaltenen Technologieaktien vergleiche.

Bewertungen heute gesünder

Gegenwärtig betrage das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für US-Technologieaktien 19,5 (so oft ist der Gewinn der vergangenen zwölf Monate im Kurs enthalten). Das liege nur um etwa fünf Prozent über dem durchschnittlichen KGV des US-Gesamtmarkts und habe sich zudem seit einem Jahr kaum verändert. Grundsätzlich gilt: Je höher das KGV, desto teurer die Aktie. Ein sehr hohes KGV kann gerechtfertigt sein, wenn man mit stark steigenden Gewinnen rechnet. Facebook hat gemessen am Gewinn des Vorjahres ein KGV von etwa 70, gemessen am erwarteten Gewinn sind es „nur“ 40, wie aus Bloomberg-Daten hervorgeht. Auch das ist relativ teuer, selbst für eine Technologieaktie. 2000 hätte aber auch Facebook als Schnäppchen gegolten.

Denn im März 2000 betrug das KGV im US-Technologiesektor 72, der Sektor war damit mehr als doppelt so teuer wie der Gesamtmarkt. In den zwölf Monaten vor dem Platzen der Technologieblase war die Bewertung um 50 Prozent angestiegen, Anleger waren immer mehr bereit, extrem teure Preise für Technologieaktien zu bezahlen, wie Koesterich berichtet.

Er sieht noch einen weiteren Unterschied zwischen 2000 und heute: Der Anteil des Technologiesektors am Gesamtmarkt sei wesentlich kleiner als damals: Auf dem Höhepunkt der Technologieblase entfielen auf den Sektor 30 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung, heute seien es etwa 20.

Abgesehen davon agierten die Unternehmen heute in anderen Sektoren, sagt Bernhard Ruttenstorfer von der Erste Sparinvest. Waren die Firmen der Dotcom-Blase vor allem auf das Internet an sich fokussiert, sind die Unternehmen heute schon in viele „artfremde“ Sektoren vorgedrungen. Autonomes Fahren ist für sie genauso ein Thema wie der Gesundheitssektor oder die Industrie.

Risiko Dollar-Stärke

Zudem bewegten sich Gewinn- und Umsatzwachstum wie auch der Verschuldungsgrad auf einem „vernünftigeren Niveau als früher“. In den vergangenen drei Jahren lag der Gewinnzuwachs bei mehr als 30 Prozent jährlich. Für die kommenden zwölf Monate liegen die Erwartungen bei plus 15 Prozent (für den Soft- und Hardware-Bereich). Damit ist die Branche nach wie vor attraktiv. Allerdings könnte die Dollar-Stärke den Firmen zum Nachteil gereichen. Viele US-Unternehmen mussten im ersten Quartal aufgrund von Währungseffekten teils beträchtliche Gewinnrückgänge hinnehmen.

Doch das Thema ist nicht neu und liegt schon seit Längerem auf dem Tapet. Die Firmen seien heute jedoch schnell und flexibel genug, um Kosten allenfalls reduzieren zu können. Ein weiterer Faktor spielt den Aktionären in die Hände: Die Unternehmen sitzen auf Cash-Beständen in Milliardenhöhe. Bei Apple belaufen sich die Reserven auf mittlerweile fast 200 Mrd. Dollar. „Die Investoren verlangen, dass die Firmen dieses Geld ausschütten, und das passiert auch“, sagt Ruttenstorfer. Ein Einstieg in die Branche sei heute jedenfalls nicht zu spät. „Wir sehen den Technologiesektor bzw. seine Subsektoren nicht als überbewertet.“

Koesterich rät indes, nach den steilen Kursanstiegen eher auf die etablierten Konzerne mit regelmäßigen Gewinnen zu setzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2015)

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