Buy-and-Hold-Strategien: Aktien kaufen und liegen lassen?

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Aktien jahrelang auf dem Depot zu halten ist bei bestimmten Unternehmen keine schlechte Idee. Doch können sich die Voraussetzungen mit der Zeit ändern.

Wien. Immer, wenn es in den vergangenen Jahren an den Börsen besonders heiß herging, zeigte sich ein ähnliches Muster: Diverse Investmentexperten verkündeten lauthals, dass es heute nicht mehr möglich sei, sich eine Aktie ins Portfolio zu legen und über einen längeren Zeitraum nicht mehr zu beachten. Hat der Buy-and-Hold-Ansatz, den auch diverse Studien bestätigen, tatsächlich ausgedient? Muss man angesichts der vermeintlich immer größeren Schwankungsbreite der Märkte und der Vielzahl von immer neuen Risken heute tatsächlich anders investieren?

„Grundsätzlich zeigen Aktien einen langfristigen Aufwärtstrend – der durchschnittliche annualisierte Ertrag über dem risikolosen Zinssatz liegt bei rund fünf Prozent“, sagt Thomas Steinberger, CIO, Geschäftsführer und Mitglied der wissenschaftlichen Leitung bei Spängler IQAM Invest. Über einen sehr langen Veranlagungshorizont von 30 bis 40 Jahren könne man bei ausreichend diversifizierten Aktieninvestments mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, am Ende positiv auszusteigen – auch wenn es vorübergehend zu Rückschlägen von deutlich über 20 Prozent kommen könne. Nachsatz: „Wenn man nicht weiß, ob man sich gerade in einem steigenden oder fallenden Marktzyklus befindet, gibt es gute Argumente für eine Buy-and-Hold-Strategie.

Haltedauer ist gesunken

Auch Andreas Wosol, Fondsmanager bei Pioneer Investments Austria, ist der Meinung, dass Buy and Hold nach wie vor funktioniert. „Allerdings hat das Aufkommen von Strategien, die nicht auf die Long-Seite schauen (auf steigende Kurse setzen), wie etwa Hedgefonds sowie andere, die kurzfristig gewisse Situationen ausnutzen, zu höherer Volatilität und kürzeren Veranlagungshorizonten geführt“, so der Experte, der sich selbst als „typischen Buy-and-Hold-Investor“ bezeichnet.

Auch der immer stärkere quartalsweise Fokus auf Gewinne, ausgehend von den Analysten – Stichworte: Überraschungen und Enttäuschungen –, hätte bei den Aktionären kürzere Halteperioden zur Folge gehabt und den Anschein erweckt, dass Buy and Hold nicht mehr angebracht sei.

„Als Investor sollte man sich davon lösen, denn der Quartalsgewinn pro Aktie hat keine Relevanz für den langfristigen inneren Wert einer Aktie“, so Wosol. Man dürfe nicht vergessen, dass bei einer quartalsmäßigen Betrachtung auch buchhalterische Effekte eine Rolle spielen und sich darauf auswirken, wann bestimmte Positionen verbucht werden.

Wann ist Buy and Hold angebracht und wann nicht? „Grundsätzlich ist gegen diese Strategie nichts einzuwenden, wenn ein Unternehmen in einem Sektor oder einem Segment tätig ist, das sich durch langfristiges strukturelles Wachstum auszeichnet“, sagt Henning Gebhardt, CIO EMEA und Global Head of Equities bei Deutsche Asset Management.

Hat sich etwas geändert?

Zu den Sektoren, in denen sich ein Geschäftsmodell über die Zeit entwickeln könne, zählt er Pharma, Technologie und Lebensmittel. Als historisches Beispiel könne man in diesem Zusammenhang den deutschen Gesundheitsdienstleister Fresenius nennen. Laut Wosol funktioniert die Strategie am besten bei Unternehmen, die neben starken Geschäftsmodellen auch attraktive Cashflows und Erträge sowie eine konsistente und nachhaltige historische Kursentwicklung aufweisen würden. Aktien, auf die das zutreffe, wie Nestlé und Atlas Copco (schwedischer Industriekonzern), würden auch in unsicheren Marktphasen nicht wegbrechen beziehungsweise sich rascher wieder erholen. „Als Anleger sollte man aber immer damit rechnen, dass ein Unternehmen, das sich in der Vergangenheit gut entwickelt hat, von gewissen strukturellen Entwicklungen betroffen sein kann, die sich auf das Geschäftsmodell auswirken“, so Gebhardt. Beispiele dafür gebe es zur Genüge, etwa Versorger, die heute – vor allem seit Fukushima – stark von Regulierungsbestrebungen der Politik sowie von der Energiewende betroffen seien.

Das Gleiche gelte für den Banksektor, der zwar historisch gewachsen sei, seit der Finanzkrise aber mit der Herausforderung der Kapitalunterlegungspflicht zu kämpfen habe. Der Einzelhandel sei wiederum von der rasanten Ausbreitung des Onlinehandels sowie der starken Konkurrenz durch Discounter betroffen.

Das Fazit des Experten: Eine Buy-and-Hold-Strategie sollte dann hinterfragt werden, wenn die Umsatzwachstumsraten deutlich zurückgehen, die Dividenden infrage stehen und gekürzt werden sowie wenn Margen und Cashflows nicht weiter wachsen.

AUF EINEN BLICK

Buy and Hold heißt eine Anlagestrategie, bei der man Aktien jahrelang auf dem Depot liegen lässt. Dafür eignen sich nur bestimmte Unternehmen: Sie sollten ein starkes, krisenfestes Geschäftsmodell und attraktive Cashflows aufweisen sowie über eine konsistente und nachhaltige historische Kursentwicklung verfügen. Doch auch das kann sich im Lauf der Jahre ändern: So galten Versorger vor der Fukushima-Katastrophe als sicher, inzwischen sind die Aktien einiger Firmen stark gefallen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2016)

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