Nippons neue Welt

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Tokios Börse lockt nach der Korrektur mit Investmentchancen, auch abseits der Exportklassiker. Wichtige Stütze bleiben die lockere Geldpolitik, steuerliche Anreize für Unternehmen - und die Pensionisten.

Wien. Inzwischen ist es gut drei Jahre her, dass der japanische Aktienmarkt aus seinem Dornröschenschlaf geweckt worden ist. Ausgelöst wurde dies durch die ultralockere Geldpolitik, angestoßen durch Premierminister Shinzō Abe („Abenomics“).

Allein, über die Wirkung streiten Experten nach wie vor. Zuletzt führte die Notenbank Minuszinsen auf Bankeinlagen ein. Auch die Inflationsprognose wurde aufgrund der gesunkenen Ölpreise für das neue Fiskaljahr, das im April beginnt, gesenkt. Sie liegt nun bei 0,8 Prozent. Das Wirtschaftswachstum wird für heuer von UBS-Volkswirt Daiji Aoki ebenfalls auf diesen Wert geschätzt.

Umso mehr ist ein geschicktes Vorgehen gefragt. Hiroyasu Sato, Fondsmanager des Tokio Marine Japanese Equity Focus Fund, verweist auf zwei wesentliche Trends, die seinen Investmentansatz beeinflussen. Zum einen sitzen Japans Gesellschaften auf einer Menge Cash, genauer gesagt auf rund drei Billionen Dollar. Um Unternehmen dazu zu motivieren, zumindest einen Teil in die Wirtschaft zu pumpen, gibt es inzwischen steuerliche Anreize für Investitionen und Übernahmen. Profitieren sollte davon etwa Nihon M&A Center. Das Unternehmen mischt als Berater im Übernahmegeschäft bei Klein- und Mittelunternehmen mit.

Verdienen will man auch bei Tokio Marine. Schließlich wird Japans Gesellschaft immer älter, die Pensionisten haben geschätzte zehn Billionen Dollar angehäuft, rechnet Sato vor. Das sollte den Konsum sowie den Gesundheitssektor beflügeln. Nicht ohne Grund gehört Resort Trust zum Portfolio. Sato: „Es handelt sich um Ferienklubs für Senioren, inklusive medizinischer Betreuung.“ Wobei das Unternehmen vor allem an der jährlichen Mitgliedsgebühr verdient.

Wahlen als Treiber?

Und da auch immer mehr Pensionisten auf den Karaokegeschmack kommen, sind die Aktien von Daiichi Kosho ebenfalls im Portfolio enthalten. Der Konzern stellt entsprechende Maschinen dafür her. Gleichzeitig schrumpft die Zahl der Erwerbstätigen, der Lohndruck wächst. Interessant sei daher Otsuka, der größte IT-Ausstatter für japanische Klein- und Mittelbetriebe. Diese können mit neuer IT die Kosten senken.

Auch bei Invesco setzt man auf ausgewählte Einzeltitel (Stock-Picking-Ansatz). Bislang konnten vor allem Exportwerte Japans Wirtschaft ankurbeln. Hier stützten der sinkende Yen und die steigende Nachfrage aus dem Ausland, meint Paul Chesson, Head of Japanese Equities bei Invesco Perpetual: „Diese Effekte sind zumindest vorübergehend zu Ende. Wir bevorzugen daher Unternehmen, die vom Binnenkonsum profitieren, somit weniger schwankungsanfällig sind.“ Dabei sei Japan Tobacco (eines der Topholdings im Invesco Japanese Equity Core Fund) ein klassischer defensiver Wert, der sich relativ unabhängig von der Konjunktur entwickle.

Und obwohl man Exportwerte im Fonds untergewichtet hat, gefällt der Autohersteller Honda, da der Konzern seine Profitabilität mittelfristig steigern dürfte.

Anders hingegen der Zugang beim Fidelity Japan Advantage Fund. Fondsmanager Jun Tano meidet eher defensive Titel, weil sie bereits zu teuer seien. Einzig ausgewählte Pharmawerte mit solider globaler Produktpipeline kämen infrage. Immerhin zählen die Aktien von Ono Pharmaceutical zu den Spitzenpositionen im Portfolio. Vorsichtig ist Tano auch bei Unternehmen mit einer unmittelbaren Geschäftsbeziehung zu China. „Wir bevorzugen Titel, die einen Fokus auf die USA und Europa haben.“ Immerhin, zu den weiteren größten Holdings zählen die Makita Group, ein Hersteller von Elektrowerkzeugen, der Telekom- und Medienkonzern Softbank und der Maschinenbauer Misumi Group.

Tano sieht jedenfalls gute Gründe, weshalb die Börse weiter zulegen dürfte. Unter anderem, weil die Regierung darum bemüht sein dürfte, „den Markt vor den anstehenden Oberhauswahlen im Sommer zu stützen“. Auch könnte die Notenbank weitere Lockerungsmaßnahmen einleiten, „da die Währung zuletzt gestiegen ist“. Das könnte den Yen wieder schwächen. Weshalb Anleger nicht nur das Markt-, sondern auch das Währungsrisiko beachten sollten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2016)

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