Schwellenländer entdecken den Konsum

(c) REUTERS (CHINA DAILY)
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Millionen Haushalte rücken in den Mittelstand auf, Jüngere decken sich mit Markenbekleidung, Ältere mit Gesundheitsprodukten ein. Einige Unternehmen aus Schwellenländern wie entwickelten Märkten profitieren besonders.

Wien.In den turbulenten Börsenjahren der jüngsten Zeit waren Investments in Schwellenländern meist kein großer Erfolg. Während der weltweite Aktienindex MSCI World in den vergangenen zehn Jahren – trotz Finanzkrise – um ein Viertel zugelegt hat, schaffte der Schwellenländerindex MSCI Emerging Markets gerade eine schwarze Null.

Dabei ist die Investmentstory intakt. Allein in den vergangenen zwei Jahren sind fast 100 Millionen Haushalte aus den größten Schwellenländern in den mittleren Einkommensbereich aufgerückt, darunter viele Jüngere, die traditionell ausgabefreudiger sind. Die Credit Suisse hat in einer Umfrage (Emerging Consumer Survey 2016) 16.000 Menschen in Brasilien, China, Indien, Indonesien, Mexiko, Russland, Saudiarabien, Südafrika und der Türkei nach ihren Konsumpräferenzen befragt. Menschen aller Altersschichten planen in der nächsten Zeit, Ausgaben für Mode zu tätigen (71 Prozent), gefolgt von Urlaub (57), Kosmetikartikeln (52), Lebensmitteln (50), Sportschuhen (48) und Smartphones (46 Prozent). Dabei hat jedoch die Bereitschaft, sich ein Smartphone zuzulegen, gegenüber dem Vorjahr nachgelassen, was die Studienautoren mit der hohen Durchdringung (70 Prozent der Befragten haben bereits ein Smartphone) erklären.

Fast überall gilt: je jünger, desto ausgabefreudiger. Nur ihre Gesundheitsausgaben wollen mehr Ältere als Jüngere hinauffahren.

Brasilianer schränken Konsum ein

Am zuversichtlichsten für ihre Zukunft sind die Konsumenten in Indien, China und Saudiarabien, während in Russland, Südafrika und Brasilien die negative wirtschaftliche Entwicklung (unter anderem aufgrund der niedrigen Rohstoffpreise) auf die Stimmung drückt. Bei jungen Brasilianern ist auch die Ausgabefreudigkeit im Jahresvergleich rückläufig. „Das zeigt, wie bedeutend es für Investoren bleibt, die länderspezifischen Einflussfaktoren genau zu kennen. Nur so können die Risken und Chancen auf diesen Märkten richtig eingeschätzt werden“, meinte Giles Keating, Deputy Global Chief Investment Officer der Credit Suisse, in einer Aussendung der Schweizer Großbank.

Noch ein paar Details fördert die Umfrage zutage: Die eifrigsten Internet-Einkäufer sind die Chinesen (60 Prozent), gefolgt von den Indern. Der Umsatz im Onlinehandel in den neun Ländern dürfte bis 2025 von 730 Mrd. auf 2500 Mrd. Dollar steigen.

Mehr Urlaub, aber im Inland

Auch der Tourismus wächst. Der Anteil der Befragten, die in den vergangenen zwölf Monaten auf Urlaub waren, ist von 21 Prozent (2010) auf 57 Prozent (2015) gestiegen. Doch war er 2014 mit 61 Prozent noch höher, den leichten Rückgang erklären die Experten mit Währungsabwertungen und einer generellen konjunkturellen Abkühlung. Die meisten Urlauber (88 Prozent) bleiben im Inland.

Vom Anstieg des Tourismuskonsums, bei gleichzeitiger Neigung zum Urlaub im eigenen Land, dürften vor allem das regionale Gastgewerbe und Anbieter von Inlandsflügen profitieren, glauben die Credit-Suisse-Experten. Dass immer mehr Konsumenten ihre Reisen online buchen, kommt vor allem den digitalen Buchungsportalen zugute.

Auch bei den Gesundheitsausgaben setzt sich in den Schwellenländern der Wachstumstrend fort. Gründe sind die steigenden staatlichen Ausgaben für die Gesundheitsinfrastruktur und die Alterung der Bevölkerung. Davon dürften vor allem lokale Unternehmen aus dem Gesundheitssektor profitieren, da öffentliche Einrichtungen nationale Anbieter bevorzugten.

Mit welchen Aktien kann man auf diese Trends setzen? Die Credit Suisse macht in ihrem „Emerging Consumer Playbook 2016“ eine ganze Reihe von Unternehmen aus, die von der Konsumfreudigkeit in den Schwellenländern profitieren könnten, etwa den chinesischen Internethändler Alibaba, den Sportartikelhersteller Anta Sports, das Reiseunternehmen China International Travel, den Haushaltsproduktehersteller Hindustan Unilever oder die Lebensmittelhändler Grupo Lala (Mexiko) und Indofood (Indonesien).

Doch auch mit Aktien aus den entwickelten Märkten kann man auf diese Trends setzen: Die Credit Suisse nennt in diesem Zusammenhang etwa Visa (wegen des weltweiten Trends zum elektronischen Bezahlen), den Sportartikelhersteller Nike, den Hersteller alkoholischer Getränke Diageo, den Pharmakonzern Sanofi und den Medizinproduktehersteller Coloplast (wegen des hohen Umsatzanteils in Schwellenländern) oder den Lebensversicherer Prudential (wegen der noch gering ausgeprägten staatlichen Absicherungssysteme).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2016)

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