Die Zinsen bleiben noch lange niedrig

EZB zur blauen Stunde
EZB zur blauen Stunde(c) APA/dpa/Christoph Schmidt
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Die flaue Konjunktur wird die EZB bald zu einer Ausweitung ihrer Politik des lockeren Geldes zwingen.

Mario Draghi hat ein Problem: Die EZB kann nicht nichts tun. Selbst nach einer Nullsitzung wie der vom vergangenen Donnerstag reagieren die Märkte recht heftig. Kein Wunder: Das Zinsniveau interessiert ja nicht nur Kreditnehmer, Sparer und die Finanzminister von hoch verschuldeten Staaten. Auch die Aktienmärkte, die von der Notenbank-Geldflut beträchtlich aufgeblasen wurden, reagieren auf Signale aus Frankfurt recht sensibel.

War der Umstand, dass die EZB ganz gegen die Erwartungen der Marktauguren keine Ausweitung oder Verlängerung ihrer Politik des ultralockeren Geldes verkündet hat, eine Art Signal, dass sich die Zinspolitik bald drehen könnte? Oder hält die EZB nur ihr Pulver trocken, um im Herbst, wenn klar ist, ob die Fed ihren immer wieder verschobenen Zinsschritt durchbringt, loszulegen?

Derzeit sieht es eher nach Zweiterem aus. Die meisten Analysten gehen davon aus, dass die EZB heuer noch einmal nachlegen und eine Verlängerung des Anleihen-Ankaufprogramms oder gar dessen Ausweitung bekannt geben wird.

Die Konjunkturdaten werden eine baldige Beendigung der Tiefzinsphase nämlich nicht zulassen. Im Augenblick sind die Konjunkturprognostiker gerade dabei, ihre offenbar neuerlich zu optimistischen Prognosen für heuer anzupassen. Auch der österreichische Notenbankgouverneur hat neulich ja angedeutet, dass die OeNB ihre Konjunkturprognose recht kräftig auf nur noch 1,4 Prozent Wachstum zurechtstutzen wird. Der am Freitag gemeldete stärkste Einbruch der deutschen Exporte seit 2009 ist ein Indiz dafür, dass auch dieser Wert noch zu optimistisch sein könnte. Von dieser Seite her gibt es also keinen Impuls für eine Änderung der Zinspolitik.

Damit zusammenhängend ist auch das Hauptziel der EZB-Geldflut, die Anhebung der Euroraum-Inflationsrate auf zwei Prozent, in weite Ferne gerückt. Derzeit hält die Eurozonen-Inflation bei 0,2 Prozent. Draghi wird seine Bazooka also ausgepackt lassen müssen. Und die EZB wird ihr Instrumentarium, auch wenn sie dabei an die Grenzen ihres Mandats gelangt, ausweiten müssen. Denn die kaufbaren Staatsanleihen gehen ihr bei einem Volumen von 80 Mrd. Euro im Monat langsam aus.

Wir können uns jedenfalls darauf einstellen, dass das Zinsumfeld noch sehr lange sehr niedrig sein wird. Allerdings: Je länger das dauert, desto größer wird wohl der Knall an den Märkten, wenn die Politik des lockeren Geldes endet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2016)

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