Diskrete Aufholjagd in Osteuropa

A man walks in front of Romania´s Central Bank headquarters during a news conference of the International Monetary Fund (IMF)´s Romania mission in Bucharest
A man walks in front of Romania´s Central Bank headquarters during a news conference of the International Monetary Fund (IMF)´s Romania mission in Bucharest(c) REUTERS (Bogdan Cristel)
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Die Börsen Osteuropas haben die entwickelten Märkte heuer hinter sich gelassen. Vor allem Rumänien gilt als aufstrebender Favorit.

Wien. So schnell kann es an der Börse gehen. Noch im Vorjahr erlitten die Märkte in den Schwellenländern schwere Kursverluste. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Eine Region, die Anleger bislang aber kaum auf dem Radar gehabt haben, ist Zentral- und Osteuropa. Dabei winken gerade hier eine Menge Chancen.

Parallel zu den globalen Schwellenländern konnte Osteuropa die entwickelten Börsen in diesem Jahr mit schönen Kursgewinnen deutlich hinter sich lassen, sagt Angelika Millendorfer, Fondsmanagerin des Raiffeisen-Osteuropa-Aktien Fonds. Zumindest bemerke man, dass „Investoren sich die Region wieder zunehmend ansehen“. Und das wohl zu Recht. Denn allein die Krisen in der Ukraine aber auch in der Türkei „dürften ihren Höhepunkt überschritten haben, und angesichts des großen Bewertungsabschlags in den jeweiligen Börsen eingepreist sein“, so Millendorfer.

Immerhin liegen die Schätzungen für das Kurs-Gewinn-Verhältnis für den Aktienindex MSCI Emerging Europe (Osteuropa) bei günstigen 8,3, jenes für den MSCI Emerging Markets hingegen bei 13,6, der Markt ist somit teurer bewertet. Noch teurer ist der Weltindex mit 17,5. Das deute jedenfalls noch auf reichlich Aufholpotenzial in der CEE-Region, sagt Sam Vecht, Fondsmanager des BGF Emerging Europe von Black Rock. Zudem haben die Dividendenrenditen (Dividende dividiert durch den Aktienkurs) in Emerging Europe mit durchschnittlich 4,2 Prozent jene der globalen Schwellenländer überholt. Das führt Vecht zum Teil auf die gesunkenen Aktienkurse zurück, zum Teil aber auch auf steigende Dividendenzahlungen. Auch die Unternehmensgewinne ziehen allmählich wieder an, dank der erfreulichen Wirtschaftsentwicklung. Nicht ohne Grund hat Petr Zajic, Fondsmanager des Pioneer Funds Austria, Russia-Stock-Konsumwerte besonders hoch gewichtet, „da sich die Einzelhandelsumsätze quer durch die Region erfreulich entwickeln“.

Hohe Gewichtung Russlands

Ein Land sticht in Osteuropa besonders hervor: So dürfte die rumänische Wirtschaft heuer um rund sechs Prozent wachsen, sagt Vecht. „Die Entwicklung geht dort in die richtige Richtung, auch die Regierung setzt zahlreiche positive Maßnahmen.“ Und das färbt wohl auch auf die Börse ab. Der Markt dürfte in den kommenden Jahren stark an Bedeutung gewinnen, ist Raiffeisen-Expertin Millendorfer überzeugt. Noch sei der Markt sehr klein. Deshalb gehen die Experten auch sehr selektiv vor, zumal die Branchenauswahl recht bescheiden ist. „Wir sind derzeit im Finanz- sowie in der Versorgerbranche investiert“, sagt Vecht. Womit der Black-Rock-Experte nicht allein dasteht. Fondsmanager Tim Love vom JB Emerging Equity von GAM ist zum Beispiel in den Finanzwert Banca Transilvania investiert.

Den größten Anteil im Aktienindex MSCI Emerging Europe nehmen jedoch russische Aktien mit mehr als der Hälfte ein. Somit steht das Land auch stark im Fokus der Regionenfonds. Die russische Börse habe sich in diesem Jahr im internationalen Vergleich extrem gut entwickelt, sagt Love. Grund ist vor allem der stark gestiegene Ölpreis. Weshalb auch der Rubel kräftig zulegen konnte - damit ebenso die Energieschwergewichte an der Börse. Doch Russland ist bekanntlich groß, somit auch die Investmentchancen. Millendorfer ist überzeugt, dass der Markt weiterhin gut unterstützt sein werde, und hat zuletzt vor allem den Konsumsektor aufgestockt.

Ein weiterer großer Anteil entfällt in den Regionenfonds auch auf die Türkei. Vecht hat gleich nach dem Putschversuch des Militärs im Juli bei ausgewählten Bankentiteln zugelangt: „Immerhin verdienen die Institute gutes Geld und waren günstig zu haben.“ Die politischen Entwicklungen behalten die Experten dennoch weiterhin im Auge.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2016)

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