EZB-Geldpolitik belastet Anleihen

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Vergangenen Donnerstag bestätigte die EZB erneut, an der ultralockeren Geldpolitik festzuhalten. Das sorgt bei Anlegern - und deutschen Politikern - zunehmend für Unmut.

Wien. Der Kampf gegen die Mini-Inflation wird munter weitergeführt. Das stellte Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), bei der jüngsten Zinssitzung am vergangenen Donnerstag erneut klar. Während der Leitzins unverändert bei null Prozent bleibt, wurden die monatlichen Wertpapierkäufe auf nunmehr 80 Milliarden Euro ausgeweitet.

Inzwischen sorgen die Aktionen aber zunehmend für Unmut, etwa bei deutschen Union-Politikern. Sie fordern, dass der nächste EZB-Präsident aus Deutschland kommen müsse, um die Glaubwürdigkeit der EZB wieder herzustellen. Schließlich führe die aktuelle Geldpolitik zur Enteignung deutscher Sparer. Ein Konter seitens Draghi ließ nicht lang auf sich warten. Der Zentralbanker verwies auf die Unabhängigkeit und die Angemessenheit der Geldpolitik, um die EZB-Ziele zu erreichen. Dazu zählt das langfristige Inflationsziel von zwei Prozent. Im März betrug die Inflationsrate im Euroraum null Prozent.

Sparer verlieren

Dabei macht sich der Unmut nicht nur auf politischer Ebene breit. Laut Jan Holthusen, Leiter der Abteilung Fixed Income Research bei der DZ Bank, hat die Zentralbank die Grenzen ihrer Geldpolitik weitgehend erreicht. Die negativen Folgen des Einbruchs der Zinseinkünfte seien jedenfalls beachtlich: „Im Vergleich zum Durchschnittszinsniveau in Normalzeiten summieren sich die Einbußen privater Haushalte in den vergangenen sechs Jahren auf 261 Milliarden Euro.“ Auch Guido Barthels, Portfolio-Manager der Ethna Funds von Ethenea, kann der EZB-Aktion wenig abgewinnen: „So kommen wir aus dem Dilemma nicht heraus. Vielmehr scheinen wir in Europa in die gleiche Falle wie Japan zu tappen. Auch dort hat die ultratiefe Geldpolitik nichts gebracht.“

So liege die Rendite zehnjähriger japanischer Staatsanleihen seit 1997 „beinahe immer unter zwei Prozent“, rechnet Andreas Weidinger, Anleiheexperte bei der Kathrein Privatbank, vor.

Dennoch, laut Gerald Siegmund, CEO der Wiener Fame Investments, ist an der Zinsfront wenig Änderung in Sicht: „Die Erwartungen deuten zumindest nicht auf einen starken Anstieg in den kommenden fünf Jahren hin. Gerade bei kurzen Laufzeiten müssen sich Anleger vermutlich länger auf negative Zinsen einstellen.“ Ähnlich der Tenor von Kathrein-Experte Weidinger: „Die Ertragserwartungen sind noch immer zu hoch, die EZB-Rhetorik spricht eine deutliche Sprache.“

Und wie schaut es bei langen Laufzeiten aus? Siegmund: „Allein bei zehnjährigen deutschen Bundesanleihen sind kurzfristig weitere Kursgewinne möglich. Für Privatanleger könnte es allerdings riskant sein, darauf zu setzen.“ Auch hier kratzen die Renditen schon fast an der Null-Prozent-Marke. Sollten Inflationserwartungen allmählich nach oben drehen, etwa weil der Ölpreis wieder anzieht, könnten gerade langlaufende Anleihen rasch abverkauft werden. Dann möchte kein Anleger sein Geld zu Minizinsen auf viele Jahre binden.

Gefallen findet der Fame-Experte an Staatsanleihen in dänischer Krone. „Hier gibt es einen kleinen Zinsaufschlag gegenüber Euro-Staatsanleihen, und der Wechselkurs ist relativ stabil gegenüber dem Euro.“ An Europas Hochzinsmarkt (Anleihen von Emittenten mit schlechter Bonität) gebe es ebenfalls Gelegenheiten, etwa bei der Telecom-Italia-Anleihe (XS1347748607) mit einem Kupon von 3,625 Prozent, fällig 2024. Auch die Wiener Börse habe einige interessante Werte, meint Siegmund und verweist etwa auf die Emissionspalette der WEB Windenergie. Europas Bankanleihen würde der Experte meiden. Hier komme es zu einer sehr fragmentierten Umsetzung einer neuen EU-Richtlinie, die künftige Bankeninsolvenzen in der EU regelt.

Britische Bonds interessant

Barthels von Ethna Funds findet Gefallen an Staats- und Unternehmensanleihen aus den USA, wobei der Dollar gegenüber dem Euro abgesichert werden sollte. Ebenfalls interessant könnten Anleihen aus Großbritannien sein. „Im Vorfeld des Brexit-Referendums hat das Pfund kräftig verloren. Hier sehen wir wieder Kaufgelegenheiten.“ An einer breiten Streuung wird man wohl auch bei Anleihen nicht mehr vorbeikommen. [ iStockphoto]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2016)

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