Schwellenländer: Zinsängste schwinden, Anleihen steigen

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BRAZIL-US-MERGER-JBS FRIBOI-SWIFT =(c) MAURICIO LIMA / AFP / picturedesl
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Viele Unternehmen aus den Emerging Markets sind längst etablierte Weltkonzerne. Hohe Renditen und steigende Bonitäten machen Anleihen interessant.

Wien. Auch wenn sie noch im Windschatten der Aktivitäten der US-Notenbank stehen, locken Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern mit einer höheren Rendite als ihre Pendants aus den entwickelten Ländern. Zudem hat sich die Emittentenbonität in den vergangenen Jahren stetig verbessert. Doch schon die bloße Sorge vor einer US-Zinserhöhung hatte zu Abverkäufen in den Emerging Markets geführt. Denn dann wächst auch die Sorge über die steigende Dollar-Schuldenlast in den Regionen.

Nun scheinen weitere Anhebungen in die Ferne zu rücken. Und in Europa werfen gute Unternehmensanleihen inzwischen Minusrenditen ab. Für Péter Varga, Lead Manager Emerging Markets Corporates bei der Erste Asset Management, ist das ein weiteres Argument, Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern näher zu betrachten.

Doch wie sieht das Universum eigentlich aus? Allein seit 2007 ist das Emissionsvolumen in Hartwährung von 350 Mrd. Dollar auf 1,6 Billionen Dollar angeschwollen „und ist damit so groß wie der Markt für US-Hochzinsanleihen“, sagt Varga. Trotz steigenden Finanzierungsbedarfs sind viele Unternehmen aus den Schwellenländern besser aufgestellt als jene aus den entwickelten Ländern. Die Nettoverschuldung im Verhältnis zum Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) lag nach der Finanzkrise bei 1,6. In Europa lag das Verhältnis bei 1,9 und in der US-Unternehmenslandschaft bei 1,6. Im Vorjahr erreichte die Quote in den Schwellenländern zwar 1,7, in den anderen zwei Regionen stieg sie aber stärker an.

Auch die Bonitätsnoten haben sich über die Jahre verbessert. 52,4 Prozent der Emittenten haben eine Note zwischen BBB- und einem BBB+ und erreichen somit das obere Segment, den Investment-Grade-Bereich. 5,5 Prozent sind noch besser benotet. Der Rest entfällt auf den riskanteren Hochzinsbereich. Doch selbst im Investment-Grade-Bereich könne man derzeit mit einer Rendite von drei bis vier Prozent rechnen, sagt Varga, der den Erste Bond Emerging Markets Corporate managt. Anleihen mit schlechterer Bonität werfen eine höhere Rendite ab.

Zahlreiche Weltmarktführer

Auffällig ist dabei die Dominanz von Emittenten aus der Finanz- und Rohstoffbranche, wobei sich zahlreiche Unternehmen bereits zu Weltmarktführern etabliert haben. Ein Beispiel ist der brasilianische Fleischproduzent JBS. In Mexiko ist einer der weltweit größten Lebensmittelproduzenten, Grupo Bimbo, beheimatet. Und in Asien sind zahlreiche Großbanken zu finden, in Chile wiederum Versorger wie etwa Colbún.

Allerdings hat zuletzt nicht nur die US-Zinserhöhung die Märkte belastet. Sowohl Brasilien als auch Russland leiden stark unter dem Preisverfall bei Rohstoffen. Allein, diese Entwicklung hat sich Pierre-Yves Bareau, Ko-Fondsmanager des JPMorgan Funds – Emerging Markets Corporate Bond Fund jüngst zunutze gemacht. So langte der Fonds günstig beim brasilianischen Ölkonzern Petrobras und bei Brasiliens größtem Zementhersteller Votorantim Cimentos zu. Sowohl in Russland als auch in China standen Bankanleihen auf der Kaufliste, etwa von der VTB Bank (Russland) sowie der ICBCIL Finance (China).

Dabei unterstreicht Hannes Boller, Fondsmanager des Fitch Bond EM Corporates Defensive Funds, „dass asiatische Schwellenländer sich in den vergangenen zwei Jahren aufgrund der China-Problematik mit strukturellen Problemen konfrontiert sahen. Nichtsdestoweniger trug Asien maßgeblich zum guten Ergebnis heuer bei.“ Die Chancen sind vielfältig. Dennoch werden die Aktivitäten der US-Notenbank wohl auch künftig noch der wichtigste Einflussfaktor bleiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2016)


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