Neues Ungemach für Franken-Schuldner?

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Währungsanalyse. Nach der Deutschland-Wahl drohen neuerliche Verunsicherungen auf den Finanzmärkten und damit unruhige Zeiten für heimische Kreditnehmer und Anleger. Wer sich absichern sollte.

Wien/Ker. Es ist ruhig geworden um die Schuldenkrise im Euroraum, um Griechenland, um den Euro-Rettungsschirm. Verdächtig ruhig. Das kann sich ändern in einer Woche, wenn in Deutschland die Bundestagswahl geschlagen ist. Die Schuldenprobleme sind schließlich alles andere als gelöst. Aber derzeit scheint es, als hätten griechische Politiker, deutsche Volkswirte, europäische Notenbanker Redeverbot. Das freut Angela Merkel. Sie muss sich nicht mit diesem „leidigen“ Thema vor der Wahl herumschlagen. Aber wie gesagt, am nächsten Montag könnte das anders ausschauen.

Dann wird wieder ein objektiveres Bild von der Lage der Eurozone, von Griechenland und Spanien gezeichnet. In Griechenland klafft nach Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) in den kommenden beiden Jahren ein Finanzierungsloch von fast elf Milliarden Euro. Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, hat als einer der wenigen Ökonomen klargemacht: Die griechische Regierung ist noch nicht in der Lage, wichtige Reformen durchzuführen. Daher wird deutlich, dass das Land früher oder später einen weiteren Schuldenschnitt braucht.

Damit droht das Risiko, dass abermals eine Welle der Verunsicherung über die Finanzmärkte rollt und der Euro gegenüber wichtigen Währungen an Wert verliert. Das ist zwar ein pessimistisches Szenario, aber österreichische Kreditnehmer und Anleger wären davon direkt betroffen. Was würde ihnen im schlimmsten Fall drohen?


Schweizer Franken. Zuletzt hat sich der Euro zur Schweizer Währung gut gehalten und notiert bei fast 1,24 Franken. Das ist gut für die noch zahlreichen Franken-Kreditnehmer. Im schlimmsten Fall könnte der Euro auf 1,2 Franken fallen, aber wohl kaum darunter, da die Schweizer Notenbank (SNB) diesen Kurs stützen würde. Aber dennoch, ein Euro-Absturz von 1,24 auf 1,2 Franken würde sich für private Franken-Schuldner bemerkbar machen. Ein Beispiel: Ein Franken-Kredit, der Anfang 2000 zum Gegenwert von 200.000 Euro aufgenommen wurde, weist heute eine Kreditschuld von 258.000 Euro auf. Das ergibt einen Kursverlust von 58.000 Euro. Zwar hat sich der Kreditnehmer dank der günstigeren Franken-Zinsen fast 33.000 Euro erspart. Das wiegt den Währungsverlust aber nicht auf. Wenn der Euro wieder auf 1,2 Franken fällt, erweitert sich der Verlust um weitere 9000 auf fast 67.000 Euro. Zumindest können die Franken-Schuldner noch auf die Notenbank vertrauen und müssen sich keine großen Sorgen machen, ob sie sich mit Stopp-Loss-Orders vor einem drastischeren Euroverfall unter 1,2 Franken absichern sollen.


•Japanischer Yen. Yen-Kreditnehmer befinden sich in einer deutlich komfortableren Position, weil der Euro zur japanischen Währung seit Jahresbeginn einen wahrlichen Höhenflug hingelegt hat. Zu Jahresbeginn notierte die europäische Einheitswährung bei 118 Yen. Heute ist sie mehr als 132 Yen wert. Das hat im Gegenzug die Kreditschulden der Yen-Darlehen schmelzen lassen. Ein Beispiel: Ein Kunde hat sich Anfang 2000 im Yen verschuldet, und zwar zum Gegenwert von 200.000 Euro. Damals war ein Euro 108 Yen wert. Heute macht seine Kreditschuld 163.000 aus. Allein dank der günstigen Währungsentwicklung hat er einen „Gewinn“ von 37.000 Euro erzielt und sich eine Menge Zinsen erspart. Der Yen-Schuldner könnte sich daher mit einem Stopp-Loss von 120 Yen je Euro absichern. Sollte der Euro so weit abfallen, würde sein Darlehen in Euro umgewandelt. Er hätte selbst bei diesem pessimistischen Szenario einen Währungsgewinn von 20.000 Euro erzielt.


US-Dollar. Der US-Dollar ist vor allem für heimische Anleger relevant, schließlich ist New York nach Frankfurt die zweitwichtigste Auslandsbörse. Was die Währung angeht, war das Jahr bisher nicht spannend. Der Euro hat sich zum Dollar konstant gehalten, notiert bei fast 1,33 Dollar.

Die heimischen Dollar-Anleger (mit Eurokonto) müssen nicht befürchten, dass der Euro große Sprünge nach oben macht und ihre Aktiengewinne durch Währungsverluste aufgefressen werden. Zumindest werden die europäischen Zentralbanker nicht die Eurozinsen in die Höhe schnellen lassen, um damit Investoren anzulocken. Vielmehr haben sie betont, auf dem niedrigen Zinsniveau noch eine Weile weiterzufahren. Andere Töne waren da schon von US-Notenbankchef Ben Bernanke zu vernehmen, er hat einen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik bereits angedeutet. Es scheint daher für Anleger wenig sinnvoll, sich mit teuren Optionsscheinen gegen einen steigenden Euro abzusichern.

Auf einen Blick

Eurokrise. Über die Schuldenproblematik in der Eurozone ist zuletzt kaum gesprochen worden. Das wird sich nach der Deutschland-Wahl nächste Woche wahrscheinlich ändern. Im schlimmsten Fall könnten neue Negativmeldungen über Griechenland eine Welle der Verunsicherung lostreten. Mit direkten Auswirkungen auf die noch zahlreichen Franken- und Yen-Kreditnehmer. Sollte der Euro wieder an Wert verlieren, erhöht sich die Kreditschuld der Fremdwährungsdarlehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2013)

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