Konjunktur: Währungen aus Schwellenländern rutschen ab

Stocks Boards And Chinese Yuan Banknotes AS China Devalues Yuan by Most in Two Decades
Stocks Boards And Chinese Yuan Banknotes AS China Devalues Yuan by Most in Two Decades(c) Bloomberg (Tomohiro Ohsumi)
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In den Abwärtssog des chinesischen Renminbi sind auch zahlreiche andere asiatische Währungen sowie deren Anleihen geraten. Jetzt locken günstige Kaufchancen. Allerdings nicht in allen Ländern gleichermaßen.

Wien. Die Schritte kamen für viele Anleger überraschend: In den vergangenen Wochen wertete die chinesische Zentralbank den Renminbi zum Dollar gleich dreimal kräftig ab. Das sorgte für reichlich Verunsicherung. Von einer dramatischen Maßnahme, um der schwächelnden Wirtschaft im Reich der Mitte unter die Arme zu greifen, war die Rede. Allein im Juli brachen Chinas Exporte um mehr als acht Prozent im Vergleich zum Vorjahreswert ein, die Abwertung verbilligt nun die Waren im Ausland. Auch der IWF (Internationale Währungsfonds) hat seine Wachstumsprognose für 2016 auf rund 6,5 Prozent reduziert. Heuer dürfte das chinesische Bruttoinlandsprodukt „nur“ noch um sieben Prozent wachsen.

Dennoch hat China mit diesen Maßnahmen nicht nur die Stärkung seiner Wirtschaft vor Augen, auch der Renminbi soll an globaler Dominanz gewinnen. Das lässt sich wohl am besten mit der Aufnahme in den IWF-Korb der Reservewährungen erzielen. Derzeit sind Euro, Dollar, Yen und Pfund darin enthalten. „Es wäre dann das erste Mal, dass eine Währung aus den Schwellenländern dabei wäre“, sagt Simon Quijano-Evans, Chief Emerging Markets (EM) Strategist bei der Commerzbank.

(C) DiePresse

Indische Rupie unter Druck

Aus dem Korb schöpft der IWF ein sogenanntes Sonderziehungsrecht, mit dem Kredite etwa an Griechenland vergeben werden. Allerdings müssen für die Aufnahme wichtige Voraussetzungen erfüllt werden, dazu zählt etwa die Abschaffung des strengen Wechselkursregimes Chinas. Mit der Abwertung wollte die Zentralbank Schritte in diese Richtung setzen. Die IWF-Entscheidung über die Aufnahme wurde allerdings auf Oktober 2016 verschoben.

Die Nachwehen der Abwertung waren an den globalen Devisenmärkten deutlich zu spüren. Nicht nur der Renminbi, auch andere Schwellenländer-Währungen sind abgerutscht, so auch die indische Rupie. „Vor allem haben aber jene Währungen, bei denen die Länder stark von Exporten nach China abhängig sind, gegenüber dem Dollar stark an Wert verloren“, stellt Quijano-Evans fest. Dazu zählt der Commerzbank-Experte allen voran den Taiwan-Dollar sowie den Won aus Südkorea. Aber auch der thailändische Baht sowie der Singapur-Dollar verloren ein gutes Stück. Zudem wird eine weitere Abschwächung der Rohstoffnachfrage aus China befürchtet: „Deshalb gaben auch die Währungen aus Russland und Südafrika in einer ersten Reaktion nach“, so Quijano-Evans.

Dabei machen den zwei Ländern schon bisher die gefallen Rohstoffpreise zu schaffen. Zusätzlich muss Russland die EU-Sanktionen verdauen, das Wirtschaftswachstum dürfte heuer um fast vier Prozent schrumpfen. Wenig verschont von der Commodity-Krise bleibt auch Brasilien und wird von einer anziehenden Inflationsrate geplagt. Sie kletterte im Juli 2015 auf fast zehn Prozent.

Doch das ändert nichts an der grundlegenden Tatsache, dass die Schwellenländer insgesamt immer noch besser dastehen als die entwickelten Länder, die Staatsverschuldung ist zum Teil weit geringer, das Wirtschaftswachstum auf höherem Niveau. Und die meisten Emerging Markets haben inzwischen flexible Wechselkurse – ein großer Unterschied zu früher, da sich damit unangenehme Überraschungen besser vermeiden lassen. „Man darf die Schwellenländer-Regionen eben nicht alle in einen Topf werfen“, sagt Quijano-Evans.

Indien stehe gut da, der indische Premierminister, Narendra Modi, setze zahlreiche Reformen erfolgreich um, unterstreicht der Commerzbank-Analyst. Hier hilft freilich der gesunkene Ölpreis, denn Indien verschlingt jährlich eine Menge Energie und ist von entsprechenden Importen abhängig. „Auch die Philippinen sind gut aufgestellt.“

Nicht ohne Grund nutzt Liam Spillane, Leiter Emerging Market Debt bei Aviva Investors, derzeit die Chancen etwa bei indischen Anleihen in lokaler Währung. „Auch Mexiko scheint derzeit attraktiv“, so Spillane. Günstige Einstiegschancen sieht man bei Aviva Investors aber auch beim chilenischen Peso. Das Land ist der weltweit größte Kupferproduzent, der Preisverfall hat dem Land zugesetzt. Doch muss nicht immer mit steigenden Währungen gerechnet werden: „Beim Kolumbianischen Peso setzen wir auf fallende Kurse“ so Spillane.

Emerging-Market-Spezialist Markus Ackermann bei HSBC GAM verweist ebenfalls auf aktuelle Chancen, mitunter aufgrund der starken Kursverluste: „Derzeit werden Märkte wie Brasilien und die Türkei präferiert. Die hohen Kupons bieten einen guten Polster gegen mögliche weitere Währungsverluste“, meint Ackermann. Immerhin weist der Local-Debt-Fonds von HSBC GAM derzeit eine Rendite – berechnet auf die gesamte Restlaufzeit der Anleihen– von knapp 6,3Prozent auf. Wobei die Chancen auf einen weiteren Mehrertrag nicht schlecht stehen. „Allein in den kommenden drei Jahren rechnen wir mit positiven Erträgen aus den Schwellenländer-Anleihen in lokaler Währung“, sagt Ackermann.

Angst vor US-Zinserhöhung

Rückenwind könnte zusätzlich aus den USA kommen. Bislang scheute ein Teil der Anleger vor einem Engagement in den Schwellenländern aufgrund der erwarteten US-Zinserhöhung zurück. Dann wäre eine Veranlagung in den USA wieder attraktiver – und in den Augen vieler Anleger weit risikoärmer. Doch seit den letzten „Minutes“ der US-Notenbank am vergangenen Mittwoch scheint die Zinserhöhung wieder weiter in die Ferne zu rücken. Ein weiterer Grund, weshalb Schwellenländer-Anleihen wohl eine attraktive Anlage bleiben dürften – mit entsprechenden Kursschwankungen, wie allein die Entwicklungen der Vorwoche gezeigt haben. [iStockphoto]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2015)


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