Das Ende der billigen Studentenbuden

Studentenheim
StudentenheimMichaela Bruckberger
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Subventionskürzungen zwingen Studentenheimbetreiber, die Preise zu erhöhen. Der Wiener Immobilienmarkt bietet kaum Alternativen.

Wien. Jeder Student steht zu Beginn seines Studiums vor der entscheidenden Frage: Studentenheim, Wohnung oder WG? Allein das Angebot an Heimen scheint unüberschaubar. Über 80 Heime stehen den Studienanfängern in Wien zur Verfügung. Vom Doppelzimmer mit WC und Dusche am Gang bis zum Luxusheim mit Fitnesscenter und Dachterrasse reicht das Angebot. Die Wahl der Bleibe ist wie so vieles eine Frage des Budgets. Während ein Doppelzimmer monatlich zum Teil nur zwischen 200 und 300 Euro kostet, ist die Preisskala bei Einzelzimmern nach oben offen.

Um beispielsweise ein Einzelzimmer im Studentenheim Milestone in der Nähe des neuen WU-Campus zu bekommen, sind pro Monat 590 Euro zu bezahlen. Damit bewegt man sich in einer Preiskategorie, die mit dem klassischen Studentenzimmer für den schmalen Geldbeutel kaum mehr etwas zu tun hat. Ein Vorteil der Heime liegt auf der Hand: Einrichtung, Betriebskosten, Internet und in vielen Fällen auch die Reinigung des Zimmers werden vom Trägerunternehmen des Heims verwaltet und sind im Preis inkludiert. Bei einer Wohnung oder Wohngemeinschaft ist der Preis meist von der Lage abhängig.

In den inneren Bezirken beträgt die Monatsmiete eines Quadratmeters laut Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftskammer zwischen acht und 13 Euro netto. (Im ersten Bezirk kann es deutlich mehr sein.) Bei einer Zweizimmerwohnung mit 40 Quadratmetern kommt man hier schnell auf 500 Euro Miete, allerdings ohne Betriebskosten sowie ohne Strom- und Heizungskosten. In den äußeren Bezirken, an der Peripherie Wiens, sind die Preise mitunter etwas geringer. Vorsicht ist bei der Übernahme von Mobiliar und Kaution geboten. Mehrere hundert Euro bei Abschluss des Mietvertrags können ein Loch in die studentische Geldbörse reißen.

Preisentwicklung unsicher

Mit der Streichung der Förderung für Neubauten und Sanierungen im Jahr 2010 kommen auf die Heimbetreiber und die jungen Mieter unsichere Zeiten zu. Eine Sanierung würde die Trägergesellschaften zwingen, die Kosten in Form höherer Mieten in den darauffolgenden Semestern an die Studenten weiterzugeben, beklagt Julia Freidl, Vorstandsmitglied der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH).

Seit dem Jahr 2010 seien die Preise im Schnitt um 30 Prozent gestiegen – manche Heime hätten die Preise sogar um 60 Prozent erhöht. Das seien Zahlen, die mit dem sozialen Gedanken eines Heims für Studenten nicht mehr vereinbar wären, so die Studentenvertreterin. Alternativen auf dem Immobilienmarkt gibt es für Studenten kaum, wie Ernst Hauswirth vom Verein Bereitstellung für Studentenwohnungen erklärt. „Solange in Wien Altmieter absurde Vorteile genießen, werden Junge auch in Zukunft kaum eine leistbare Wohnung finden“, so Hauswirth.

Es sei für Studenten schwer, die Kosten einer eigenen Wohnung im Vorfeld richtig abzuschätzen. Betriebskosten, Heizung und Kaution in der ersten eigenen Wohnung stellen Studenten zudem vor organisatorische und finanzielle Herausforderungen und machen sie zu leichten Opfern für Abzocker, wie die Hochschülerschaft beklagt. Absurd hohe Betriebskostenabrechnungen, nicht rückerstattete Kaution und überteuerte Mieten für Wohngemeinschaften – auf dem Weg zur ersten Wohnung fehle vielen Studenten die Erfahrung, den Tricks auf die Schliche zu kommen.

Im direkten Vergleich mit Studentenheimen haben Wohngemeinschaften in Wien einen Vorteil. Seit dem Jahr 2007 sind auch Bewohner von WGs berechtigt, Wohnbeihilfe zu beantragen. Die Österreichische Hochschülerschaft warnt vor falschen Erwartungen bei der Gründung einer WG und dem Beantragen der Wohnbeihilfe. Die Regelungen seien in jedem Bundesland unterschiedlich und zum Teil kompliziert. Im Bedarfsfall könne man die kostenlose Rechtsberatung der Hochschülerschaft in Anspruch nehmen.

Genauigkeit zahlt sich aus

Auch Elke Hanel-Torsch, Landesgeschäftsführerin der Mietervereinigung Wien, empfiehlt, einen genauen Blick auf den Mietvertrag einer WG zu werfen. „Wird die Wohnung von einer Person angemietet, kann diese Person allein über den Zeitpunkt der Vertragsauflösung bestimmen. Im schlimmsten Fall heißt das, dass alle anderen Personen mitausziehen müssen“, so Hanel-Torsch. Bei einem gemeinsamen Vertragsabschluss müssten alle Bewohner der WG und der Eigentümer zustimmen, sofern einer der Mieter ausziehen will. Dies führe oftmals zu Konflikten zwischen den Mietern. Die Zahl der Beschwerden über rechtliche Konflikte mit dem Vermieter steige generell auf dem Wohnungsmarkt, warnt die Mietervertreterin. Ein Umfeld, das es Studienanfängern auch in Zukunft nicht einfacher machen wird, den Schritt vom Hotel Mama in ein eigenes Leben zu wagen.

AUF EINEN BLICK

Wohnen. Die Frage „Wohnung, WG oder Studentenheim“ steht am Beginn jedes Studiums. Seit der Streichung von öffentlichen Förderungen für Studentenheime sind diese oftmals gezwungen, Sanierungskosten an ihre Mieter direkt weiterzuverrechnen. Die Folge ist ein Preisanstieg von durchschnittlich 30 Prozent, so die Österreichische Hochschülerschaft. Alternativen gibt es am Wiener Immobilienmarkt kaum. Hohe Mieten und komplizierte Verträge bei Wohngemeinschaften machen es Studienanfängern schwer. Ihre Unerfahrenheit macht sie anfällig für rechtliche Missverständnisse und Betrügereien.

Immobilien

BetriebskostenDarunter versteht man meist die Kosten für Hausverwaltung, Versicherung, Wasser, Müllabfuhr, Reinigung, Lift etc., die anteilig auf alle Mieter eines Hauses überwälzt werden und die ein Mieter zusätzlich zur Nettomiete und der Steuer bezahlen muss. Nicht in den Betriebskosten enthalten sind normalerweise Strom und Gas: Die kommen noch extra dazu.

MieteEntgelt für das Überlassen einer Immobilie auf Zeit. Der Begriff wird oft mehrdeutig verwendet. Mieter verstehen darunter oft die monatlichen Gesamtkosten, die auf sie zukommen (also Nettomiete, Umsatzsteuer, Betriebskosten und unter Umständen auch Kosten für Heizung, Strom und Gas). Vermieter verstehen darunter die Einnahmen, die sie selbst erzielen (Nettomiete). Diese ist nicht zu verwechseln mit der (-->) Rendite.

Miete, bruttoMiete plus (-->) Betriebskosten. Manchmal wird auch noch die Umsatzsteuer zur Bruttomiete gezählt, manchmal nicht.

Miete, nettoMiete ohne Nebenkosten und ohne Umsatzsteuer. Also jener Betrag, der direkt an den Vermieter geht, für den er allerdings noch Einkommensteuer bezahlen muss.

RenditeHäufig werden darunter die geschätzten Nettomieteinnahmen eines Jahres gemessen am Kaufpreis (ohne Nebenkosten) verstanden. Also quasi die „Verzinsung“ der Immobilie. Grundsätzlich gilt: je höher, desto besser. Doch sollte man sich fragen, wie realistisch es ist, dass die Rendite auch in den Folgejahren so hoch bleibt. Leerstände und Erhaltungskosten können sie beträchtlich schmälern. Umgekehrt kann die Gesamtrendite auch höher ausfallen, wenn die Immobilie im Laufe der Zeit eine Wertsteigerung erfährt und man sie mit Gewinn verkaufen kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2014)


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