Fruchtgenuss: Ein nützliches Modell mit Tücken

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Dem einen gehört eine Liegenschaft, der andere kassiert den Ertrag: Das kann sinnvoll sein und eventuell sogar Steuern sparen helfen. Es gibt aber viel zu beachten.

Wien. Sie kommt weit häufiger vor als allgemein angenommen – und seit eine Neuauflage der Erbschaftssteuer im Raum steht, wird ihre Bedeutung wohl noch steigen: die Einräumung von Fruchtgenussrechten an Immobilien. Auf diese Weise kann der Eigentümer den Ertrag eines Objekts, zum Beispiel einer Wohnung oder eines Zinshauses, jemandem anderen zukommen lassen, ohne das Eigentum daran aufgeben zu müssen. Andersherum funktioniert es auch: Man gibt nur das Eigentum weiter, behält sich aber die Erträgnisse vor.

Vor allem Letzteres wird in nächster Zeit wohl häufiger vorkommen, wenn die Diskussion über die Erbschaftssteuer weitergeht. Man kann auf diese Weise quasi den Erbgang vorwegnehmen, solang es die Steuer noch nicht gibt: Die Immobilie überträgt man jetzt schon auf die Kinder, die wirtschaftliche Nutzung behält man aber auf Lebenszeit selbst. Neu ist diese Vorgangsweise nicht, und sie hat auch nicht immer nur steuerliche Motive. Genauso gut kann sie dazu dienen, Fakten zu schaffen und spätere Erbstreitigkeiten zu vermeiden.

Auch die andere Variante ist nicht selten: Man überlässt dem Nachwuchs – oder jemandem anderen, den man unterstützen will– zum Beispiel eine Eigentumswohnung nur zur Nutzung und behält das Verfügungsrecht als Eigentümer. Der Fruchtgenussberechtigte kann dann entweder selbst dort wohnen oder Mieteinnahmen lukrieren, er darf und kann die Wohnung aber nicht verkaufen. Bei solchen Vereinbarungen, speziell innerhalb der Familie, spielen ebenfalls oft steuerliche Aspekte mit: Angenommen, jemand verdient sehr gut und besitzt außerdem eine Wohnung, die er vermietet hat – dann schlägt auch bei den Mieteinnahmen die Steuerprogression voll zu. Hat sein Angehöriger ein viel geringeres Einkommen, kann es sich auszahlen, diesem den Fruchtgenuss an der Wohnung einzuräumen. Wenn er dann die Einnahmen zu versteuern hat, gilt dafür nur seine niedrigere Progressionsstufe.

Zu viel Großzügigkeit schadet steuerlich

Hier heißt es aber aufpassen: Nicht immer werden solche Vereinbarungen vom Finanzamt anerkannt. „Voraussetzung dafür ist, dass auch das Risiko aus der Bewirtschaftung – zum Beispiel das Leerstands- oder Mietausfallsrisiko – auf den Fruchtgenussberechtigten übergeht“, sagt Christoph Malzer, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Moore Stephens City Treuhand. Es muss sich also um einen sogenannten Nettofruchtgenuss handeln – wie es an sich auch zivilrechtlich vorgesehen ist. Beim Bruttofruchtgenuss kassiert der Fruchtgenussberechtigte zwar die Erträge, der Eigentümer steht aber weiterhin für die wirtschaftlichen Risken gerade. „So etwas gilt als steuerlich unwirksame Unterhaltszahlung“, erklärt Malzer. Das betrifft natürlich nicht nur Vereinbarungen im engsten Familienkreis, bei denen dann der erwünschte Steuereffekt flachfällt, sondern auch alle anderen Fälle. Wer also aus schierer Großzügigkeit jemandem nicht nur die Erträgnisse einer Immobilie überlässt, sondern ihm auch noch Kosten und Ausfallrisiko abnimmt, muss sich den Ertrag steuerlich anrechnen lassen, obwohl er nichts davon hat.

Nicht immer werden Fruchtgenussrechte jedoch gratis übertragen, das kann auch entgeltlich geschehen. Auch dabei gibt es steuerlich einiges zu beachten: So konnten nach früherer Verwaltungspraxis solche Rechte unter bestimmten Voraussetzungen einkommensteuerfrei veräußert oder auch abgelöst werden. Heute sei das nicht mehr möglich, sagt Malzer, die Finanzverwaltung sehe darin jetzt steuerpflichtige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Nicht ganz klar ist laut dem Steuerexperten auch, wem die Abschreibungsmöglichkeit zusteht. Nach bisheriger Spruchpraxis blieb sie beim Eigentümer, heuer im August hat das Bundesfinanzgericht aber anders entschieden und sie dem Fruchtgenussberechtigten zugesprochen. Das letzte Wort darüber ist noch nicht gesprochen, der Fall liegt beim Verwaltungsgerichtshof.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2014)

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