Heimische Immoaktien nicht mehr verschmäht

Immobilien. Die österreichischen Immobilientitel haben kräftig aufgeholt. Das bedeutet auch: So billig wie vor einem Jahr sind sie längst nicht mehr. Die Alternativen (offene Immobilienfonds, REITs) haben allerdings auch ihre Tücken.

Wien. Unter den Wiener Aktientiteln haben die Immobilienwerte derzeit eindeutig die Nase vorn. Die S-Immo (sie ist nicht im ATX) kletterte in den vergangenen zwölf Monaten um 53 Prozent. ATX-Bestperformer in diesem Zeitraum sind die Buwog und die CA Immo mit Kursanstiegen von über 30 Prozent; auf Platz fünf liegt die Conwert mit plus 23 Prozent. Der gesamte ATX verlor im gleichen Zeitraum sieben Prozent, nur die Immofinanz gab infolge der Russland-Krise noch stärker, nämlich um 17 Prozent, nach. Seit Jahresbeginn sind alle Immobilienwerte stärker als der ATX gestiegen. „Der Immobiliensektor ist ein Sektor, der derzeit fast nur profitiert“, stellt Erste-Analyst Günther Artner fest. Die laufenden Einnahmen (Mieten) und die Asset-Bewertungen steigen, die Kosten (Zinsen) sinken.

Kurs nähert sich „echtem“ Wert

Die Buwog-Aktie hat geschafft, was seit der Finanzkrise keiner österreichischen Immobilienaktie gelungen ist: Ihr Kurs ist über den Nettovermögenswert (NAV) gestiegen. Das bedeutet, dass das Unternehmen an der Börse mehr wert ist als sein Vermögen abzüglich Schulden. Zum Vergleich: Die CA Immo notiert rund zehn Prozent, S-Immo und Conwert rund 20 und die Immofinanz 45 Prozent unter dem NAV. Deutsche Wohnimmobilienunternehmen kosten hingegen an der Börse um 30 Prozent mehr als ihr NAV, berichtet Artner. Wer noch halbwegs günstig kaufen will, dem rät er zu S-Immo oder Immofinanz.

Wer Conwert-Aktien hat, sollte diese vorerst behalten. Nach dem Übernahmeangebot der Deutsche Wohnen in Höhe von 11,5 je Aktie ist der Kurs über diesen Wert geschnellt. Die Gesellschaft will mindestens 50 Prozent der Aktien; ob sie diese bekommt, hält Artner für fraglich: Die Investoren spekulieren offenbar darauf, dass die Deutsche Wohnen nachbessern muss. Artner sieht ein Kursziel von 13 Euro für das Unternehmen. Kleinanlegern, die noch nicht investiert sind, rät er indes nicht mehr zum Kauf der Conwert, derlei Spekulation sollte man den Großen überlassen.

Langfristige Immobilienaktionäre mussten sich in den vergangenen Jahren indes mit extremen Schwankungen herumschlagen. Vor der Finanzkrise notierten die meisten heimischen Immobilienaktien über ihrem NAV, waren also teuer. Dann stellte sich heraus, dass bereits der NAV vielfach zu hoch angesetzt war. Der scheinbar stabile Sektor wurde von der Krise härter getroffen als die meisten anderen Branchen. Der Schock sitzt vielen Anlegern noch in den Knochen.

Wer Schwankungen an den Börsen nicht schätzt und trotzdem breit in Immobilien investieren will, kann das über offene Immobilienfonds tun. Solche erzielen vor allem mit Vermietung Geld. Die Renditen bewegen sich meist im einstelligen Bereich. Im Krisenfall geht es auch nicht allzu tief nach unten. Dafür kann sich ein anderes Problem ergeben, das infolge der Finanzkrise vor allem in Deutschland, aber auch hierzulande schlagend wurde: Grundsätzlich können Anleger jederzeit aussteigen (das bedeutet „offen“). Wenn das jedoch zu viele gleichzeitig wollen, der Fonds nicht über genug Barmittel verfügt und er deswegen zu einem ungünstigen Zeitpunkt Immobilien verkaufen müsste, kann er schließen. Dann kommen die Anleger längere Zeit nicht an ihr Geld.

Eine Art Mischform sind REITs (Real Estate Investment Trusts). In Österreich gibt es keine, aber etwa in Deutschland oder den USA. Diese sind auf Unternehmensebene steuerbegünstigt und müssen einen Großteil ihres Gewinns (in Deutschland 90 Prozent) an die Aktionäre ausschütten.

Das biete den Investoren einen stabileren Cashflow als Aktien, berichtet Stefano Lecchini von LGT Capital Partners. Doch die Volatilität ist höher als bei Fonds und eher mit der von Aktien vergleichbar. Vorteil gegenüber Fonds ist dafür die Handelbarkeit: Von einem REIT-Anteil kann man sich wie von einer Aktie auch in Krisenzeiten jederzeit trennen (wenn auch nicht immer zum gewünschten Preis).

Damoklesschwert Zinsen

Von der Niedrigzinsphase profitierten die REITs jedenfalls, sagt Lecchini. Auf Zinserhöhungen würden sie hingegen sehr sensibel reagieren. Allerdings rechnet der Markt bereits mit einer kleinen Zinserhöhung in den USA zur Jahresmitte. Für Kleinanleger, die breit streuen wollen, gibt es die Möglichkeit, in REIT-ETFs zu investieren. Das sind börsengehandelte Fonds (ohne Fondsmanager), die in mehrere REITs investieren. [ iStockphoto]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2015)


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