Geschichtsträchtige Gebäude mit Hang zu kühlen Gängen

Schlösser & Burgen: Der Markt ist traditionell behäbig, im Moment aber besonders ruhig.

Die Grandsigneure unter den Luxusimmobilien sind schon immer ein bisschen behäbiger gewesen, wenn es um den Besitzerwechsel ging: Ehe ein Schloss oder eine Burg einen neuen Eigentümer findet, können schon einmal fünf bis zehn Jahre ins Land ziehen. Und die Vermarktungsdauer für diese Immobilien ist in Zeiten eines stagnierenden Marktes nicht unbedingt kürzer geworden. Für die geschichtsträchtigen Anwesen können je nach Lage, Ausstattung und Größe des umgebenden Grundbesitzes zwischen einer halben und zehn Millionen Euro aufgerufen werden, darüber hinaus müssten schon spektakuläre Besonderheiten wie riesige Eigenjagden vorhanden sein.

„Grundsätzlich gibt es insgesamt einen Markt von 30 bis 40 Schlössern, von denen vielleicht fünf oder zehn im Jahr verkauft werden“, weiß Alois Reikersdorfer, Vorstandsvorsitzender von Re/MAX Austria. Das vergangene war allerdings eines, in dem das Geschäft besonders ruhig war. „Ich habe im 2014er-Jahr kein Schloss verkauft, das ich auf den Tisch bekommen habe“, gibt Fridolin Angerer, Leiter der Geschäftsbereiches Forst, Land, Schlösser bei Spiegelfeld Immobilien, ehrlich zu, „da sind die Preisvorstellungen teilweise einfach zu hoch gewesen.“ Und anders als im Geschäft mit Wäldern und Jagden, das im Vorjahr durchaus einen Aufschwung verzeichnen durfte, hat sich der Versuch, Liebhaberpreise zu erzielen, hier nicht ausgezahlt. „Bei den land- und forstwirtschaftlichen Objekten steht der Wunsch, Geld in Sachwerten anzulegen im Vordergrund, aber niemand kauft ein Schloss, um Geld vom Sparbuch wegzubringen“, so Angerer. Eine Situation, in der viele Anbieter ihre Möglichkeiten überschätzen: „Manche Objekte gehen da auch schon einmal von Makler zu Makler, weil die Preisvorstellungen einfach illusorisch sind“, weiß Reikersdorfer.

Neue Kundschaft aus China

Ein wenig lebhafter zeigt sich der Markt mit den historischen Objekten derzeit in Deutschland, hier ist seit zwei Jahren mit den Chinesen eine neue Käuferschicht aktiv, die den Weg in die Alpenrepublik bis jetzt noch nicht gefunden hat. „Durch den zunehmenden Reichtum suchen chinesische Investoren nach Anlagemöglichkeiten, und da ist Deutschland ein wichtiger Markt geworden“, berichtet Christoph von Schenck, Leiter des Geschäftsbereiches Schlösser und Herrenhäuser bei Engel & Völkers. Häufig folge dem Kauf einer Firma dann der Kauf eines repräsentativen Privathauses.

„Das darf durchaus ein großes Haus sein, mit dem der Kunde seinen Geschäftspartner zeigen kann, dass er eine wichtige Persönlichkeit ist“, weiß der Makler um die Motive der chinesischen Kundschaft. „Und im Vergleich zu Hongkong sind alle Preise hier Schnäppchenpreise“, fügt er hinzu. Anders als manche einheimischen oder andere internationale Käufer seien die Kunden aus Fernost auch durchaus noch gewillt, ein wenig Eigeninitiative in die Fertigstellung zu investieren. „Für diese Kunden sind auch Häuser, die noch nicht topsaniert sind, kein Problem“, erläutert von Schenck. „Das ist ein anderes Kaufverhalten als beispielsweise bei russischen Kunden, die lieber nichts mehr selbst anfassen wollen und es schätzen, wenn alle Details bis zu den goldenen Wasserhähnen schon vorhanden sind.“

Keine Lust auf Sanierung

Grundsätzlich seien auf dem deutschen Markt allerdings schlüsselfertig restaurierte Anwesen gefragt, die Zeiten, in denen sich romantische Vorstellungen um das Wachküssen einer verfallenen Burgruine rankten, sind vorbei. „Die heutigen Kunden wollen sich damit nicht mehr aufhalten, da hatten frühere Generationen einfach mehr Zeit“, weiß von Schenck, „heute sind es die fertig sanierten Schlösser, die sich schnell und zu stabilen Preisen verkaufen lassen.“

Eigene Preisvorstellungen

Neben dem Zeitmangel ist hier oft auch die Angst vor dem Fass ohne Boden ausschlaggebend dafür, dass man in diesem Segment lieber eine Immobilie mit Zentralheizung und dichten Fenstern erwirbt, als sich auf größere Projekte in Eigenregie einzulassen. „Wenn eine Burg ein neues Dach braucht, kann das in die Millionen gehen“, verdeutlicht Reikersdorfer, und die Frage, ob solch ein Objekt wirtschaftlich tragbar ist, werde auch bei Liebhaberobjekten wie Schlössern und Burgen durchaus berücksichtigt.

Wobei in Österreich durchaus noch ein wenig Raum für die eigene Handschrift bleiben darf. „Ich rate meinen Kunden bei jeglicher Anfrage tunlichst davon ab, ein Schloss fixfertig renovieren“, berichtet Angerer. „Man soll natürlich nicht versuchen, einen Totalschaden zu verkaufen, sondern man soll Schäden hintanhalten und eine Grundsanierung durchführen“, erklärt er. Aber die Frage der Wandfarbe und die Art der Bodenbeläge überlasse man besser dem zukünftigen Eigentümer, wenn man das Risiko vermeiden wolle, das investierte Geld nicht wieder hereinzubekommen.

Patina soll sein

Denn gerade für die Käufer aus dem österreichischen Adel – die neben erfolgreichen Unternehmern immer noch einen Gutteil der Kundschaft ausmachen – wirkt zu perfekt oft verdächtig. „Wenn Sie einen Aristokraten fragen ,Wie war es denn, in einem Schloss aufzuwachsen?‘, wird der mit ,Kalt!‘ antworten“, lacht Angerer. „Und auch heute noch gilt für viele das Motto, dass eine solche Immobilie nicht glänzen darf, sondern ein wenig Patina haben muss.“

Wobei auch hier bei aller Traditionsverbundenheit die Moderne Einzug hält. „Die Geschmäcker verändern sich natürlich genauso wie die Einrichtungsstile“, weiß von Schenck, „es gibt mehr und mehr Designerstücke in den Schlössern und weniger Antiquitäten.“ Vor allem aber sind die Ansprüche an die Haustechnik im Zeitalter von smartphonegesteuerten Sicherheits- und Lichtsystemen natürlich deutlich gestiegen.

Bei den Energiewerten drücken die angehenden Schlossherren aber nach wie vor ein Auge zu. „Nach einem guten Energiezeugnis wird bei einem Schloss einfach nicht gefragt“, weiß Angerer, „das würde bei einem solchen Anwesen wohl auch eher als kleinkrämerisch empfunden.“
Und was ein echter Schlossbewohner ist, der wird im Zweifelsfall auch die Konsequenzen daraus mit Grandezza tragen, und dann wie schon Generationen vor ihm auf die Frage, wie das Leben im Schloss denn so ist, mit einem gefassten „Kalt!“ antworten. (sma)

Info

Der Markt für Schlösser & Burgen ist klein. In Österreich werden pro Jahr insgesamt zwischen 30 und 40 Objekte angeboten. Die Preise belaufen sich je nach Größe des Grundbesitzes zwischen einer halben und zehn Millionen Euro, in jüngster Zeit ist mit den Chinesen eine neue Käuferschicht dazugekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2015)

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