Erwin Kotányi: "Gewürze allein kann man nicht essen"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Erwin Kotányi erzählt der "Presse", warum man ihn früher häufig nach seinem Vater fragte und er bei Restaurantbesuchen gerne die Küche in Augenschein nimmt.

Die Presse: Herr Kotányi, Sie haben mit 24 Jahren nach dem Tod Ihres Onkels spontan den Gewürzbetrieb übernommen. War es geplant, früh einzusteigen?

Erwin Kotányi: Es war schon geplant, aber nicht so, wie es dann gekommen ist. Ich habe ein Wirtschaftsstudium gemacht, und es gab die Überlegung, dass ich in den Betrieb gehe. Aber ich wollte mir vorher andere Betriebe ansehen, vielleicht auch im Ausland. Dann ist mein Onkel unerwartet verstorben, und da bin ich ins kalte Wasser gesprungen. Am Anfang war ich mit dem Generationenthema beschäftigt: Immer, wenn jemand hereingekommen ist, hat er gefragt, wo mein Vater ist. Und da habe ich gesagt: Sie müssen mit mir vorliebnehmen. Aber ich hatte einen guten Geschäftsführer an der Seite.

Wie ist das, wenn man als ganz junger Mensch plötzlich so eine Verantwortung bekommt?

Es war schon stressig. Wenn keine geplante Nachfolge da ist, gibt es Firmen und Personen, die das Unternehmen in Zweifel ziehen. Ich habe noch studiert, war mit dem klassischen Berufsleben noch nicht konfrontiert. Zum Glück kann ich gut zuhören, und die Leute im Betrieb haben mir geholfen.

Besteht nicht die Gefahr, dass man als Jungunternehmer gleich zu viel Geld ausgibt? Viele verwechseln anfangs Umsatz und Gewinn, hört man.

Das habe ich nicht getan. Ich bin auch nicht in einem so großen Geldumfeld aufgewachsen. Es war nie so, dass das Unternehmen als der große Geldgeber zur Verfügung gestanden ist. Und in der ersten Zeit hatte ich ohnehin nicht viel Zeit zum Geldausgeben. Man arbeitet zwar in einem Unternehmen, um Geld zu verdienen, aber das ist nicht der einzige Motivator. Wir haben auch die Motivation, das Unternehmen eigenständig als Familienbetrieb weiterzuführen. Und es wachstumsmäßig voranzubringen. Alles, was verdient wurde, ist in das Wachstum in Osteuropa geflossen. Sonst wären wir nicht dort, wo wir jetzt sind.

Warum sind Sie nach Osteuropa gegangen, aus Familientradition?

Im Gegenteil, die Tradition war damals der österreichische Markt. Wir haben aber gesehen: Österreich allein wird für die Zukunft nicht reichen. Und da war natürlich der Osteuropa-Bezug unseres Unternehmens, mit Paprika in Ungarn beginnend. Das war das erste Land, in das wir gegangen sind.

War das schwierig damals?

Es war komplette Pionierarbeit. Wir kannten Ungarn ja nur von der Einkaufsseite. Wir mussten uns mit neuen Strukturen auseinandersetzen. Es gab die klassischen alten Großhändler und die klassischen kleinen Geschäfte– Ketten gab es damals keine. Wir haben geschaut, wie wir das logistisch bewältigen und mit den Preisunterschieden zurechtkommen. Es gab auch harte Zeiten, in denen wir uns überlegt haben, ob wir weitertun. Es hat vier, fünf Jahre gebraucht, bis die klassischen Lebensmittelketten gekommen sind. Ab dem Zeitpunkt haben wir dann unsere Produkte in ihrer Vielfalt platzieren können. Es hat uns auch extrem geholfen, dass wir schon so früh dort waren.

Sind die Leute bereit, für Gewürze Geld auszugeben?

Prinzipiell schon. Wobei Mischungen und Kräuter eher geeignet sind, Markenaufbau zu betreiben, denn die sind nicht so vergleichbar. Über diese Produkte schaffen wir ein Markenbewusstsein bei den Leuten, das uns dann auch bei Pfeffer oder Paprika hilft, die sonst von den Diskontern kopiert werden.

Merken Sie die Wirtschaftskrise?

An uns ist das auch nicht vorbeigegangen. Es ist ein Faktum, dass die Billigprodukte mehr Aufschwung haben, als sie sonst hätten, vor allem in Osteuropa.

Wie können Sie dann wachsen?

Unsere Gewürzmühle hat extrem viel kompensiert, was man bei diesen vergleichbaren Produkten wie Pfeffer oder Kümmel verloren hat. Auch sonst haben wir viele Innovationen auf den Markt gebracht. Und wir müssen in Aktionen gehen in Osteuropa.

Sie haben vor Kurzem Ihre Miteigentümer rausgekauft. Ist es ohne Miteigentümer leichter?

Die Salinen hielten 25 Prozent an uns, haben aber nicht massiv mitentschieden. Dann wollten sie die Beteiligung zu Geld machen. Da haben wir gesagt: Bevor das ein Mitbewerber im Gewürzsektor kauft– das wollten wir auf keinen Fall–, schauen wir, dass wir das kaufen.

Verwenden Sie privat nur die eigenen Gewürze oder auch die der Konkurrenz?

Es ist unsere Aufgabe, den Mitbewerber zu beobachten und die Produkte zu testen. Privat verwende ich schon die eigenen Produkte.

Geben Sie generell gern Geld für Essen aus?

Ja, Gewürze allein kann man nicht essen. Ich gehe gern essen, gebe aber nicht auffällig viel Geld dafür aus. Wenn ich in Restaurants bin, ist das so eine Krankheit, dass ich in der Küche vorbeischaue, ob dort auch die richtige Ware drinsteht.

Gibt es sonst etwas, für das Sie viel Geld ausgeben?

Ich habe meine Hobbys, gehe einmal im Jahr Heli-Skiing, sammle aber keine Autos oder Ähnliches. Dafür habe ich auch nicht die Zeit.

Sie stecken es wieder in das Unternehmen?

Zum überwiegenden Teil. Eigentlich hätten wir anfangs noch mehr Geld benötigt. Jetzt sind wir in der Phase, in der wir zurückverdienen. Aber wir müssen auch hier in den Standort investieren.

Sie haben eine kleine Tochter. Bleibt Kotányi ein Familienbetrieb?

Das wäre mein Wunsch, aber es muss auch der Wunsch des Kindes sein. Die Kleine ist sieben Jahre alt. Sie sagt zwar immer, sie überlegt sich, ob sie da einsteigt. Aber Familienmitglieder müssen das Unternehmen nicht übernehmen, nur weil es der Familie gehört. Ich habe auch neben mir zwei Geschäftsführer. Aber es ist schön, wenn man eigenständig entscheiden kann. Das ist der Vorteil von Familienunternehmen.

[ Fabry]

ZUR PERSON

Erwin Kotányi (*1957) stieg nach dem Tod seines Onkels Anfang der Achtzigerjahre in den Familienbetrieb ein. Der Wirtschaftswissenschaftler zeichnete für die Expansion des Gewürzbetriebs in zahlreiche Länder Osteuropas verantwortlich. Die Exportquote liegt heute bei 70 Prozent. In Österreich ist Kotányi Marktführer. Das Unternehmen ist in Familienbesitz und beschäftigt rund 540 Mitarbeiter. Der Traditionsbetrieb wurde bereits 1881 gegründet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2014)

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