Katharina Sturzeis: „Der Mensch mag Trophäen“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Sturzeis, Chefin des Juweliers Halder in der Reitschulgasse und Nummer eins bei Jagdschmuck, spricht über wertvolle Trophäen, zeitlosen Schmuck und erklärt, warum ihr der Trend zur Billigtracht nicht schadet.

Die Presse: Sie sind, wie Sie selbst sagen, Weltmarktführerin bei Jagdschmuck. Was kostet es, wenn man bei Ihnen einen Gamsbart an einen Hut anbringen will?

Katharina Sturzeis: Das, was ich mache, ist die Hülse für den Gamsbart. Gamsbarthülsen kosten um die 300 Euro.

Beginnend ab 300 Euro?

Nach oben ist nie eine Grenze bei Schmuck und Juwelen, weil man immer noch exklusivere Materialien wählen kann. Ich habe noch nie eine brillantausgefasste Bart-hülse gemacht, aber man könnte auch das machen.

Hängt es nicht auch von der Trophäe selbst ab, wie viel ein Schmuckstück kostet?

Wir verarbeiten die Trophäe ja nur. Das ist, wie wenn Sie zum Juwelier gehen und sagen, ich habe einen Edelstein aus Sri Lanka mitgebracht, können Sie mir den bitte fassen. Bei uns ist es halt kein Edelstein aus Sri Lanka, sondern die Löwenkralle aus Tansania oder die Hirschgrandeln aus Tirol.

Ist das der Normalfall, dass die Leute bei Ihnen eine Trophäe verarbeiten lassen, oder verkaufen Sie auch fertige Stücke?

Der Normalfall ist, dass der Jäger die Trophäe – auf die er sehr stolz ist, weil er diesen Hirsch oder diese Gams erlegt hat und ihn das viel Zeit, Energie und Geld gekostet hat –, bei uns verarbeiten lässt, um sie im täglichen Leben tragen zu können und sich immer wieder an dieses schöne Erlebnis zu erinnern. Und insbesondere die Herren wollen auch zeigen, was sie geschaffen haben: „Das ist mein Hirsch.“ Der Mensch mag Trophäen. Das sehen Sie auch bei all den Orden.

Sie verkaufen aber auch fertigen Schmuck mit vorhandenen Trophäen.

Ja, aber nicht so oft. Das geht vor allem an Touristen, manchmal an Jäger, die nicht genug passende Trophäen haben, und manchmal an Herren, die sagen: „Ich habe so viele Hirsche geschossen in meinem Leben, es ist mir ganz egal, welche Grandeln da drauf sind.“

Und wie schlagen dann die Grandeln zu Buche?

Die sind nicht teuer. Berufsjäger haben viele Grandeln. Irgendwann hat er ein Gurkenglas voll, und das trägt er dann zum Halder.

Kaufen auch Nichtjäger bei Ihnen ein, die sagen, ich will so tun als ob?

Der Schmuck wird viel zur Tracht getragen. Nicht jeder, der Tracht trägt, ist ein Jäger. Der Schmuck wird oft auch von Leuten gekauft, die vielleicht aus anderen Kulturen kommen und das einfach als Tradition des Alpenraumes sehen.

Jagd ist ein eher teures Hobby . . .

Das kommt darauf an. Wenn Sie Jäger in einer Gemeindejagd sind, ist es nicht so teuer. Wenn Sie aber 1200 oder 1600 Hektar pachten, kann das sehr wohl viel kosten.

Zu welcher Sorte Jäger zählen Ihre Kunden?

Wir haben sie schon von bis. Diese Kunden, die sich die großen Jagden leisten können, kommen natürlich, aber es kommen auch kleine, bescheidene Leute, die auf das Schmuckstück gespart haben.

Es gibt ja einen Trend zur Billigtracht, Stichwort Wies'n-Dirndl. Nützt oder schadet Ihnen das?

Das ist eine gute Frage. Ich glaube, dass so ein Trend der ganzen Branche nützt. Die Dame, die das billige Wies'n-Dirndl trägt, kauft zwar eher nicht beim Halder den Schmuck, aber generell kommt Tracht heutzutage in den Medien vor, wird getragen, und das spricht andere Leute auch an. Da sind dann auch solche dabei, die ihr Dirndl bei der Tostmann kaufen. Und die sind sehr wohl unsere Kunden.

Die Halder-Stammkundschaft ist ja sehr traditionell. Wie haben die Leute reagiert, als Sie 1989 das Geschäft übernommen haben? Waren sie skeptisch?

Natürlich, Kunden sind immer skeptisch.

Wie hat sich das geäußert?

Sie haben gesagt: „Der Herr Halder hat das aber immer genau so gemacht, können Sie das auch?“ Oder: „Ich habe vor zehn Jahren ein Stück beim Herrn Halder gekauft, so eines möchte ich wieder haben.“ Zum Glück hat mir der Herr Halder seine Bücher hinterlassen, in denen ich vieles nachschauen konnte.

Wie lang hat das gedauert, bis sich die Kunden an Sie gewöhnt haben?

Das ging dann relativ schnell. Wenn sie einmal etwas gekauft haben, und das hat gepasst, waren sie wieder zufrieden. Die Leute mögen keine Veränderung. Zumindest nicht zu viel.

Haben Sie nichts verändert?

Ich habe viel verändert, aber nur, wenn ich mir gedacht habe, das passt gut zum ursprünglichen Halder. Im Geschäft hat es damit begonnen, dass ich das Ganze gut durchgeputzt und beleuchtet habe. Denn das war verstaubt und dunkel, keine Spiegel, Milchglasscheiben, damit man ja nicht reinsieht. Aber wir haben nicht die schönen alten Vertäfelungen verändert. Ich habe auch das alte Schreibpult gelassen, aber eine Kassa mit Touchscreen eingebaut. Optisch sieht man es nicht, aber die Modernität hat schon Einzug gehalten.

Ist Ihr Jagdschmuck auch Modetrends unterworfen?

Da Schmuck etwas Wertvolles ist, versucht man ihn immer so zu machen, dass er nicht unmittelbar eine Saison draufstehen hat. Wobei man bei Schmuck auch viel Rücksicht auf die Trägerin nimmt. Wir lernen normalerweise die Frau oder den Mann kennen, der das Schmuckstück dann trägt. Da versucht man schon, etwas auszusuchen, was zu der Person passt. Und wenn etwas zu der Person passt, dann passt es auch die nächsten zehn Jahre.

Woher wissen Sie eigentlich, dass Sie Weltmarktführer sind?

Man kennt seine Mitbewerber. Wir sind ja viel in der Welt unterwegs, stellen auf internationalen Ausstellungen aus. So groß ist der Markt nicht, irgendwann kennt man alle. Ich bin schon lang dabei, bin auf allen möglichen Schmuck- und Jagdmessen, in internationalen Gremien und Jagdklubs vertreten. Wenn es da irgendjemanden gäbe, müsste ich ihn kennen.

Sie verkaufen aber auch anderen Schmuck?

Ja, nur vom Jagdschmuck könnten wir auch nicht leben, obwohl wir ihn so gepusht haben. Wir haben ja die Werkstatt dabei, wir können alles anfertigen. Was wir auch machen, sind Wappen- und Siegelringe. Das ist auch so etwas Altmodisches, das der Halder schon immer gemacht hat. Wo wir auch sehr gut sind, sind Devotionalien, Kreuze für die Wand, Schutzengerln, Tauf- und Firmgeschenke. Und natürlich haben wir auch Uhren im Schaufenster. Man baut ja auch ein Vertrauensverhältnis auf zu einem Jagdkunden. Irgendwann braucht er dann etwas anderes, weil der Sohn heiratet und einen Verlobungsring braucht. Dann kommt er auch zu uns, weil er den Juwelier schon kennt.

Merken Sie Konjunkturschwankungen?

Ja. Die Schmuckbranche merkt das immer.

Aber gejagt wird doch immer und getauft und geheiratet auch.

Ja, aber es stellt sich die Frage, ob man etwas Großes oder nur eine Kleinigkeit schenkt. Die Finanzkrise ist bei uns später angekommen, aber dann hat man sie gemerkt, weil weniger Geld zum Ausgeben da war. Schmuck braucht man eben nicht fürs tägliche Leben.

Dass Sie in einer Nische tätig sind, hat Ihnen nicht geholfen?

Doch, wir hatten auch nie diese Umsatzeinbußen von 20, 30 Prozent. Wenn heute jemand einen Hirsch um etliche tausend Euro erlegt, hat er auch das Geld für das Grandeln-Fassen. Das kostet 400 Euro und ist nichts im Vergleich zum Hirsch. Aber insgesamt haben wir die Krise schon gemerkt. [ Fabry ]

ZUR PERSON

Katharina Sturzeis hat vor 26 Jahren das Juwelierunternehmen Halder übernommen. Die gelernte Gemmologin stammt aus der Juwelierfamilie Heldwein. Selbst passionierte Jägerin, baute sie das 1895 gegründete Traditionsunternehmen zum führenden Anbieter für Schmuck aus Jagdtrophäen, Abzeichen für Vereine etc. aus. Ihre Kunden kommen aus aller Welt. Sturzeis hat drei Kinder, Tochter Huberta ist ebenfalls im Betrieb tätig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2015)

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