Verreisen - und das trotz Warnung?

Verreisen ndash trotz Warnung
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Spricht das österreichische Außenministerium Reisewarnungen aus, zeigen sich die Reiseveranstalter entgegenkommend. Schwieriger wird es, wenn man aus Angst vor einer potenziellen Gefahr von sich aus zurücktreten will.

Wien. Nach den Unruhen in Ägypten zog das österreichische Außenministerium am 16.August die Reißleine: Die Behörden sprachen eine Reisewarnung für das gesamte Land aus. Zuvor warnten sie lediglich vor Reisen in die Sahara-Region und auf die Halbinsel Sinai (mit Ausnahme der Touristengebiete). Nun aber sind auch die beliebten Badeorte Ägyptens betroffen.

Die Reiseveranstalter TUI, Thomas Cook (u.a. Neckermann) und Alltours haben umgehend reagiert und ihre Reisen nach Ägypten abgesagt. Die meisten Veranstalter bieten ihren Kunden kostenlose Umbuchungen oder Stornierungen an. Kunden von TUI (dazu zählen die Marken 1-2-Fly, Airtours und Discount Travel) oder etwa Ruefa können dieses Service bis zum 15.September in Anspruch nehmen.

Buchen TUI-Kunden auf ein teureres Domizil um, dann müssen sie allerdings einen Aufpreis zahlen. Sei die Reise günstiger, werde die Differenz rückerstattet, sagt TUI-Sprecher Josef Peterleithner. Reisende, die ihren Urlaub stornieren wollen und bis jetzt nur eine Anzahlung geleistet haben, bekommen ihr Geld ebenfalls zurück.

Gratisstornierung möglich?

Doch was passiert nach dem Stichtag im September? Das wollen die Reiseveranstalter laut Peterleithner noch in dieser Woche entscheiden. Dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) zufolge darf ein Kunde jedenfalls dann kostenlos von seinem Vertrag mit dem Reiseveranstalter zurücktreten, wenn die Gefahrenlage über das allgemeine Lebensrisiko hinausgeht. Das erklärt VKI-Expertin Maria Ecker. Eine Reisewarnung sei ein starkes Indiz hierfür, sagt Ecker.

Wer beispielsweise bereits im Frühjahr für den Oktober eine Reise nach Ägypten gebucht hat, der kann bei TUI zwar umbuchen und stornieren, allerdings fallen zur Zeit noch die üblichen Gebühren an. Dass man Monate vor dem Antritt einer Reise nicht einfach kostenlos zurücktreten könne, sagt auch Ecker. Denn auch der Reisende sei verpflichtet abzuwarten, wie sich die Lage am Urlaubsort entwickle. Entscheidet TUI etwa im Oktober, dass die Kunden weiterhin gratis umbuchen oder stornieren können, hätten jene, die voreilig Maßnahmen gesetzt haben, Pech gehabt. „Das ist so wie im Ausverkauf: Ich kann mir nicht Schuhe zum regulären Preis kaufen und später dann die Differenz zurückverlangen“, sagt Peterleithner.

Rückholung auf Wunsch des Kunden

In einer Aussendung der Rechtsschutzversicherung Arag wird darauf hingewiesen, dass Kunden auch ohne Reisewarnung die Möglichkeit hätten, von ihrem Vertrag kostenfrei zurückzutreten. Und zwar dann, wenn im Zielland ein erhöhtes Sicherheitsrisiko bestehe. Grund dafür sei der Wegfall der Geschäftsgrundlage, da sich Reisende am Urlaubsort weder erholen noch entspannen könnten. „Obwohl die Rechtsprechung hier natürlich sehr einzelfallbezogen ist, lässt sich ableiten, dass ein erhöhtes Sicherheitsrisiko auch ohne Reisewarnung einen Rücktritt ohne weitere Stornokosten rechtfertigt“, heißt es weiter.

Doch müssen Veranstalter Reisende nach Hause holen? VKI-Expertin Ecker sagt dazu: „Wenn die Lage vor Ort nicht mehr erlaubt, dass man den Urlaub so verbringen kann wie geplant, müssten die Veranstalter ihre Kunden zurückholen.“ Thomas-Cook-Chef Ioannis Afukatudis weist darauf hin, dass man sich auf Anfrage von Kunden bemühen würde, eine Heimreise zu organisieren. Bis dato sei das aber nicht notwendig gewesen.

Im Zuge der Umwälzungen in Tunesien hätte etwa TUI seinen Kunden aktiv angeboten, sie nach Hause zurückzufliegen, und den Kunden die nicht konsumierten Reisetage rückerstattet. Einige Urlauber hätten die Rückreise abgelehnt. Die Betroffenen hätten ihren weiteren Aufenthalt wie auch ihre Rückreise aber selbst organisieren und bezahlen müssen, erklärt Peterleithner. Wer übrigens sehenden Auges in Gebiete oder Länder fährt, für die eine Reisewarnung gilt, und dann vom Außenministerium zurückgeholt werden muss, darf sich zumindest in der Theorie darauf gefasst machen, die Kosten der Rückholung tragen zu müssen.

Versicherung erlischt bei Reisewarnung

Wer vor Reiseantritt eine Reiseversicherung abgeschlossen hat, muss davon ausgehen, dass diese im Falle einer Reisewarnung erlischt. Bei der Europäischen Reiseversicherung heißt es etwa, dass kein aufrechter Versicherungsschutz für Reisen bestehe, sobald ein Urlaub trotz Reisewarnung angetreten wird. Denn in einem solchen Fall kann die Versicherung ihrem Kunden keine Garantie mehr für einen sicheren Heimtransport bieten. Für jene, die während eines Urlaubsaufenthaltes von einer Reisewarnung überrascht werden, bestehe hingegen ein aufrechter Schutz. Allerdings nur bis zum 14. Tag nach Ausrufen der Reisewarnung.

Urlauber, die eine Reisestornoversicherung abgeschlossen haben, dürfen im Ernstfall nicht auf diese zählen. Denn Reisewarnung oder Naturkatastrophen im Reiseland sind bei den Versicherungen nicht zwangsläufig ein Stornogrund.

Auf einen Blick

Ägypten-Reisende haben je nach Veranstalter bis Mitte September die Möglichkeit, ihren Urlaub kostenlos umzubuchen oder zu stornieren. Über das weitere Vorgehen haben die Veranstalter allerdings noch nicht entschieden. Reisen Urlauber in ein Gebiet, in dem ein erhöhtes Sicherheitsrisiko besteht, haben sie nach Ansicht der Rechtsschutzversicherung Arag die Möglichkeit, von einer Reise auch ohne weitere Stornokosten zurückzutreten. Zur Rückholung von Urlaubern sind die Veranstalter nur bei einer echten Gefahrenlage verpflichtet. [iStockphoto]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2013)

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