Du bist nur Plan B

Michaela Bruckberger
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Wenn man sich fühlt, als hätte man ein Schild mit "Preisreduziertes Mängelexemplar" auf der Stirn.

Gebeten werden, eine spannende Aufgabe zu übernehmen, ist etwas Schmeichelhaftes. Zumindest so lang, bis man dahinterkommt, wer schon vorher darum gebeten wurde und abgesagt hat. Oder noch besser – dass man für den Fall gefragt wird, dass der eigentliche Favorit nicht können sollte. Und das auch noch ganz offen ausgesprochen wird. „Du bist nur Plan B“ geht runter wie Honig, der nach mehreren Monaten im Vorratsschrank bereits zu einem festen Klumpen kristallisiert ist. Die zweite Wahl. Die Notlösung. So etwas wie die permanente Urlaubsvertretung. Da mag die zweite Geige noch so wichtig für das klangliche Gesamtbild des Orchesters sein, mag ein von der Ersatzbank eingewechselter Spieler noch ein Match umdrehen – die ins Gesicht gesagte Einstufung in die zweite Liga ist ein mentaler Druck auf den Kellerknopf im Aufzug. Blinkt da über meinem Kopf vielleicht „Abverkauf“? Oder hat jemand „Preisreduziertes Mängelexemplar“ auf mein Hirn gestempelt? „Ware abgelaufen, aber in Ordnung“, irgendwie muss man das Zeug ja loswerden, bevor es schlecht wird. Willkommen in der Wühlkiste, in der gierige Hände nach Exemplaren suchen, denen man die B-Ware am wenigsten ansieht. Immerhin, zumindest spielt man nun in der „Zu gut zum Wegwerfen“-Liga mit. Hat man ja schon als Kind davon geträumt. Diskont, Baby! Verramscht! Ausschussware! Minus 50 Prozent! Ja, da fühlt man sich richtig wertgeschätzt. Genau so, als wäre man gerade bei einem Gruppenfoto aus dem Bild gebeten worden. All das würde man dem „Falls der andere nicht kann“-Sager am liebsten ins Gesicht schleudern. Das habe man doch nicht notwendig, im hintersten Regal des Ein-Euro-Shops darauf zu warten, dass jemand mit mitleidigem Blick ein Erbarmen hat. Auch ein Restposten hat schließlich seinen Stolz. Basta!

Beim Wein versteckt sich hinter dem Begriff Reserve übrigens ein Prädikat, das einen besonders hohen Qualitätsanspruch verspricht... Okay, ich mache es.

E-Mails an:erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2015)

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