Corto Maltese ist zurück

(C) Hugo Pratt
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Jack London, kanadische Arktis, ein Inuitführer mit Robespierre-Wahn: "Unter der Mitternachtssonne", das neue Corto-Maltese-Comicalbum, ist eine Pracht.

Vor 21 Jahren ist der venezianische Comiczeichner Hugo Pratt verstorben, zwei Jahre zuvor hatte er mit „Das Reich Mu“ den letzten Band seines Geschichtenzyklus über Corto Maltese vollendet, dieses Kapitäns ohne eigenes Schiff, der um die vorige Jahrhundertwende fantastische Abenteuer auf allen Weltmeeren und allen Kontinenten erlebte. „Vielleicht müssen wir bei null beginnen“, sagt Corto auf der letzten Seite dieses gezeichneten Romans, und wer mit ihm gefiebert hat, wie er in Äthiopien ebenso wie in Samarkand, in der sibirischen Eiswüste und der Gralsburg und in Buenos Aires nach Schätzen und versunkenen Reichen gesucht hat, der blieb mit einem Gefühl der Leere zurück. Wenn es doch nur weitergehen könnte mit Corto und Rasputin und Professor Steiner und Levi Colombia und Goldmund und all den anderen Figuren von Pratts Zauberwelt . . .

Und dann, im Jänner, bei einem Besuch des französischen Buchgeschäfts „Albertine“ an der Fifth Avenue in New York (das hierorts bereits gelobt wurde), der Glücksfund: ein neuer Corto-Maltese-Band! „Unter der Mitternachtssonne“ heißt dieses Buch, im Frühjahr wird es bei Schreiber & Leser auf Deutsch erscheinen, und wenn es nur annähernd so gelungen aus dem Spanischen übersetzt wird, wie das in „Sous le soleil de minuit“ geschehen ist, dann dürfen sich die deutschsprachigen Leser auf eine meisterhafte Fortsetzung des Werks von Pratt freuen. Worum es geht, sei hier nur skizziert, wir wollen Ihnen ja nicht die Entdeckerfreude nehmen. Wir schreiben jedenfalls das Jahr 1915, Corto und Rasputin sind in Kanada und Alaska per Hundeschlitten unterwegs, einem Hinweis von Cortos Freund Jack London auf der Spur, der einen sagenhaften Schatz verspricht. Der spanische Zeichner Rubén Pellejero hat meisterhaft gezeichnet und koloriert, die Geschichte seines Landsmanns Juan Díaz Canales hätte Pratt gefallen: Irische Guerilleros! Goldgräber in Dawson City! Ein Inuitführer mit Robespierre-Wahn!

Eine helle Freude ist das. Und wir Corto-Fans harren gespannt seines nächsten Abenteuers: ohne Karte, ohne Gepäck und ohne Verpflichtungen.

E-Mails an: oliver.grimm@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2016)

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