Wenn das Vererben moderner wird

(c) www.BilderBox.com
  • Drucken

Vergangenen Sommer hat der heimische Gesetzgeber eine Vielzahl an Neuerungen bei der Weitergabe von Vermögen umgesetzt, die schrittweise bis 2017 in Kraft treten.

Wien. „Das letzte Hemd hat keine Taschen“ – eine alte Weisheit, mit der Heinrich Weninger in seinem neuen Werk, der dritten Auflage von „Vermögen richtig weitergeben“, den Kern seines Ratgebers auf den Punkt bringt. Ist man erst einmal verstorben, hat man keine Möglichkeit mehr, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Dabei wird hierzulande mit jährlich 40.000 Verlassenschaften so viel vererbt wie nie zuvor. Die Zahl dürfte in den nächsten Jahren um rund die Hälfte ansteigen, rechnet Weninger vor.

Seit Mitte 2015 gibt es eine Fülle an Neuerungen, für die Weninger eine fundierte Orientierungshilfe gibt. Schon seit dem 17. August 2015 ist die EU-Erbrechtsverordnung in Kraft. Sie regelt das Verfahren bei grenzüberschreitenden Erbfällen neu. Bislang galt das Staatsbürgerschaftsprinzip, unabhängig vom Sterbe- oder Aufenthaltsort. Nun gilt das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes – außer man hält ausdrücklich im Testament fest, dass das Erbrecht der eigenen Staatsbürgerschaft angewendet werden soll. Nicht nur auf diese Ausnahme wird man dabei im Buch hingewiesen.

Teurere Weitergabe von Immobilien

Seit Anfang Jänner 2016 ist zudem die Weitergabe von Immobilien innerhalb der Familie teurer geworden, da der Verkehrs- und nicht mehr der Einheitswert als Bemessungsgrundlage gilt. Dabei wird auf die drei neuen Tarifstufen (von 0,5 Prozent bis zu einem Verkehrswert bis 250.000 Euro, bis hin zu zwei Prozent ab 250.000 Euro bzw. 3,5 Prozent bei mehr als 400.000 Euro) eingegangen. Eine Umgehung ist praktisch nicht möglich. Mehrere Transaktionen zwischen denselben Vertragspartnern werden innerhalb von fünf Jahren zusammengezählt, „sodass eine Stückelung in mehrfache kleinere Transaktionen nur beschränkt sinnvoll ist“, mahnt Weninger. Ein Rechenbeispiel: Eine Immobile hat einen Wert von einer Million Euro. Der Vater verschenkt jährlich 20 Prozent davon an den Sohn. Nach Aufbrauchen der Grenze der begünstigten 400.000 Euro nach der zweiten Tranche tritt die volle Steuerpflicht von 3,5 Prozent ein.

Die wohl größte Reform umfasst das Erbrecht selbst und tritt am 1.Jänner 2017 in Kraft. Dabei ändern sich die Vorgaben bei maschinengeschriebenen Testamenten (mehr formale Vorschriften für Zeugen) oder die Bestimmungen zum Pflichtanteil (Pflichtteilsanspruch von Eltern wird ersatzlos aufgehoben). Wer namhaftes Vermögen über Generationen erhalten wissen will, für den zeigt Weninger einen Lösungsansatz in Form einer Privatstiftung auf. Dies will aber gut überlegt und beraten sein. Die Stiftung sei „kein geeigneter Schlichtungsmechanismus für bestehenden Streit in der Familie“.

Zu guter Letzt werden häufige Fragen durchgeackert, etwa wann man ein Testament braucht (wenn die gesetzliche Erbfolge keine Anwendung finden soll), oder die Funktion eines Verlassenschaftskurators erklärt: Können sich Erben nicht auf einen Nachlassverwalter einigen, wird vom Gericht ein solcher bestellt. Checklisten und Praxisbeispiele helfen, die Entscheidungsfindung zu erleichtern. Wobei Weninger unterstreicht: „Den Gang zum Berater soll das Buch keinesfalls ersparen.“ Vielmehr soll im Vorfeld wichtiges Basiswissen übermittelt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.02.2016)


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.