Marcel Hirscher ist keine Maschine

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Nach 22 Fahrsekunden platzte Marcel Hirschers Traum von Slalom-Gold. Vielleicht ist aber genau diese Niederlage sein größter Sieg? Auch Perfektionisten dürfen verlieren.

Marcel Hirscher ist unbestritten der beste Skifahrer der Gegenwart. Am  Annaberger Seriensieger führt im Weltcup seit sechs Jahren kein Weg vorbei. Der 28-Jährige, der in der Skiszene als der Mann gepriesen wird, der den Perfektionismus erst perfektioniert hat, gewann bei den Winterspielen in Pyeongchang zweimal Gold. Im Slalom aber, seiner Paradedisziplin, endete sein Traum nach nur 22 Fahrsekunden. Da nützten ihm selbst die 92 Paar Rennski nichts, die er in Korea mit dabei hatte.

Die beiden Goldmedaillen sind unbetritten die Auszeichnung, nach der er gestrebt hat. Sie schmücken, sie vollenden den Rennfahrer, sie garantieren ihm in Österreich den "Legenden-Status". Olympiasieger bleibt man ja sein Leben lang. Nur noch dieser Titel hatte in seiner Sammlung gefehlt. Dieses Gold ist seine größte Selbstbestätigung.

Vielleicht ist das Slalom-Aus aber in Wahrheit sein größter Sieg: jetzt hat jeder wieder erkannt, auch er selbst womöglich, dass er nur ein Mensch ist. Er ist keine Maschine, wie viele Wegbegleiter, Medien und Kontrahenten schon glauben wollten. Auch Ausnahmekönner machen Fehler, ja. Sie ärgern sich zwar - lachen aber wenig später wieder darüber. Wie jeder andere auch.

Niederlagen machen sympathisch. Sie kosten einen Skifahrer vom Format eines Marcel Hirschers zwar die Medaille, den Triumph, kratzen und nagen am Rennfahrer-Ehrgeiz. Sie bescheren ihm aber noch mehr Emotionen, machen sein Handeln, seine so hohe Kunst (auch für Nicht-Skifahrer) begreifbarer.

Auch der beste Skifahrer der Gegenwart kann jederzeit "einfädeln". Vielleicht ist das ein Denkanstoß, der nicht nur bei Winterspielen, sondern auch im Alltag Gültigkeit besitzt.

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