Deutsche Frauen - österreichische Männer

Deutsche Frauen heiraten hierzulande weit öfter einen Österreicher als deutsche Männer eine Österreicherin. Warum nur?

In Leserbriefen werde ich immer wieder ermahnt, nicht von Österreich zu sprechen, wenn ich in Wahrheit Wien meine. Der Vorwurf ist berechtigt, meine österreichische Lebenswelt ist nun einmal seit zwei Jahrzehnten Wien. Zumal die Wiener selbst gern für sich in Anspruch nehmen, für ganz Österreich zu stehen. Wenn etwa gefordert wird, brav österreichisch Paradeiser zu sagen statt Tomate, wird selten bedacht, dass die Tomaten auch in Teilen Westösterreichs gedeihen.

Darum habe ich mir vorgenommen, die erste Assoziation niederzuschreiben, die mir zum deutsch-westösterreichischen Verhältnis in den Sinn kommt. Und da ist mir eine Reportage der ORF-Sendung „Report“ eingefallen, über die vielen neuen Deutschen im Tiroler Gastgewerbe. Dabei wurde ein einheimischer Passant, ein Herr knapp jenseits der besten Jahre, gefragt, was er von den deutschen Zugereisten halte. Seine Antwort, in breitem Tirolerisch: „Solang Bedarf ist, ist Bedarf. Die gehen dann sowieso wieder. Und dann wird halt die eine oder andere hübsche Frau von uns geheiratet. Das gehört dazu.“

Na, das nenn ich eine Ansage! Erinnert mich ein wenig an die goscherte Hemdsärmeligkeit der Bayern, ein Wiener hätte das nie so gesagt. Ich gestehe, der Herr aus Tirol hat so weit meine Gockelinstinkte geweckt, dass ich mich bei der Statistik Austria schlaugemacht habe. Und die Zahlen, auf die ich stieß, haben sämtliche Y-Chromosomen in mir in Alarmbereitschaft versetzt: Deutsche Frauen, die hier leben, heiraten wesentlich öfter einen Österreicher als umgekehrt deutsche Männer eine Österreicherin, im Jahr 2011 etwa um sage und schreibe 44 Prozent!


Was ist da nur los? Entweder wir deutschen Männer sind Heiratsmuffel oder Ladenhüter. Oder haben da etwa diese Tiroler Schwerenöter ihre Finger im Spiel? Man kennt das ja aus der „Piefke-Saga“. Deutsche Damen kriegen Wimpernklimpern und brauchen Riechsalz, wenn sie einem Tiroler begegnen, der gebräunt ist wie ein Skilehrer und aussieht wie Tobias Moretti. Einfach nur peinlich!

Aber wenn eine Deutsche einmal nicht auf einen hereinfällt, der auf Tiroler macht, dann wählt sie wenigstens statistisch einen von uns. Und für eine österreichische Heiratswillige mit Sinn fürs Exotische liegen wir deutschen Männer immerhin auf Platz zwei der migrantischen Heiratshitparade. Zwar hinter den Tschechen und Slowaken, aber nur, weil die in der Statistik immer noch gemeinsam gezählt werden! (Gut, das werden Ossis und Wessis auch.) Platz drei im Kandidatenstadel haben übrigens die Türken fest im Griff, weit vor den Italienern und ehemaligen Jugoslawen.

Detail am Rande: Im Jahr 2011 haben türkische Frauen hierzulande erstmals öfter einen Österreicher geheiratet als einen Türken. Es tut sich was.

dietmar.krug@diepresse.com

diepresse.com/diesedeutschen

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.