Schürt die »Piefke-Saga« deutschfeindliche Klischees?

Schürt die »Piefke-Saga«deutschfeindliche Klischees? Und warum gibt es in dieser Fernsehserie so viele Liebeserklärungen?

Um mehr darüber zu erfahren, wie es zwischen Deutschen und Tirolern steht, habe ich mir noch einmal die „Piefke-Saga“ angeschaut. Ihrem Autor Felix Mitterer ist ja mitunter vorgeworfen worden, er schüre mit seiner Geschichte deutschfeindliche Ressentiments. Ich habe den Vorwurf nie verstanden. Mitterer ist doch offensichtlich nach der Devise verfahren: Wenn ich meine eigenen Landsleute als skrupel- und charakterlose Opportunisten zeichne, dann darf ich die deutschen Urlaubsgäste, die preußische Unternehmerfamilie Sattmann, auch als penible und rechthaberische Großkotze schildern.

Meine Frau hatte in jungen Jahren einmal einen Ferialjob in einem Tiroler Fremdenverkehrsort. Viele ihrer Anekdoten aus dieser Zeit, sowohl über ihre wie über meine Landsleute, habe ich später in der „Piefke-Saga“ wiedererkannt.

Im Grunde ist Mitterers Serie ein Volksstück, und wie in jedem Volksstück geht es in erster Linie um die Liebe, um geheuchelte, enttäuschte und echte Liebe. Die geheuchelte ist Sache der Tiroler Hoteliers und Geschäftsleute. Als sie befürchten, die deutschen Gäste könnten ausbleiben, weil eine Wiener Zeitung einen deutschfeindlichen Artikel gebracht hat, wendet sich der Bürgermeister mit einer denkwürdigen Erklärung direkt an die Familie Sattmann: „Das sind die Wiener. Immer die Wiener! Wir Tiroler lieben unsere deutschen Gäste. Ich versichere Ihnen, Sie sind uns beim Arsch lieber als jeder Wiener beim G'sicht.“ Es muss herrlich sein, so geliebt zu werden.


Die Liebe, ob echt oder enttäuscht, schafft in der Serie eine Menge deutsch-tirolerische Verwicklungen, aber das wahre Sehnsuchtsobjekt, das Zentrum, um das alles kreist, ist das Heilige Land Tirol. Wenn seine Landschaft in Szene gesetzt wird, erklingen Geigen und Flöten. Auf der grünen Alm findet sogar ein punkiger Berliner Teenager, das schwarze Schaf der Familie Sattmann, im Schweiße seines Angesichts zu sich selbst. Und Karl-Friedrich, das Oberhaupt, hat einen großen Moment, als er erkennt, dass es mit dem Kauf des ersehnten Tiroler Grundes nichts wird: „Andere träumen von der Südsee, ich träume von den Bergen in Tirol. Ich liebe dieses Land. Aber ich komm nicht hin. Es gelingt uns nicht. Ich bin halt – ein Piefke.“

Ein Tiroler weiß wie jeder gute Österreicher, was er an seinem Land hat. Und niemand weiß auf dieser Klaviatur besser zu spielen als der Populist, der Großmeister der geheuchelten Liebe. Unlängst habe ich einen dieser Populisten auf einem Wahlplakat gesehen. Frisch und sonnengebräunt wie ein Tiroler Skilehrer macht er blitzblauen Blickes seinem Heimatland ein sexuelles Versprechen, das selbst- und maßloser kaum sein könnte: „Bei ihm kommt Österreich zuerst!“

dietmar.krug@diepresse.com 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2013)

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