Abkühlung

Nach dem Höhepunkt des Booms bei zeitgenössischer Kunst 2013/14 mit zum Teil enormen Preissprüngen setzt jetzt laut „Art Market Report“ wieder die Vernunft ein.

Die langjährige Niedrigzinsphase seit der Finanzkrise 2007 hat dazu geführt, dass Kunst zur attraktiven Investitionsalternative wurde. Dadurch sind die Preise auf dem Markt insbesondere für zeitgenössische Kunst explodiert. In der zweiten Jahreshälfte des Vorjahres hat der Markt erste Anzeichen einer Korrektur gezeigt, die sich heuer fortgesetzt hat, wie der jüngste „Contemporary Art Market Report“ der Kunstpreisdatenbank Artprice belegt.

Zwischen Juli 2015 und 2016 wurden im Segment für Gegenwartskunst weltweit 1,5 Milliarden Dollar umgesetzt. In der Vergleichsperiode davor waren es noch 2,1 Milliarden Dollar. Das ist ein Rückgang um mehr als ein Viertel. Doch die Korrektur nach dem Höhepunkt des Booms zwischen 2013 und 2014 ist überfällig. Denn die enormen Preissprünge haben bereits das jüngste Segment des Markts erreicht von Künstlern wie Lucien Smith, Oscar Murillo, Alex Israel, Mark Flood und Christian Rosa, deren Arbeiten innerhalb kürzester Zeit mehrmals gedreht wurden zu Preissteigerungen, die einem die Tränen in die Augen treiben.

Harte Landung. Nehmen wir z. B. den US-Künstler Lucien Smith, Jahrgang 1989: 2014 wurden bei Christie's, Sotheby's und Phillips seine „Rain Paintings“ mit sechsstelligen Zuschlägen verkauft. Der höchste erzielte Preis liegt bei 389.000 Dollar. Die Einlieferer der Auktionen hatten die Bilder alle in Smiths Galerie in Los Angeles erworben, in der die Serie erst im Herbst 2012 ausgestellt worden war. In den Herbstauktionen 2015 floppten die Werke allesamt und reduzierten sich wieder auf ein Niveau von 20.000 Dollar. Die Käufer sind wieder vorsichtiger geworden und setzen ihr Geld auf etabliertere Arbeiten. Das zeigt sich auch in der Statistik. Laut „Art Market Report“ waren die Verkäufe im Segment der Moderne stabil. Das ist eine gesunde Entwicklung. Die gute Nachricht ist, dass der Markt heute sehr professionell ist und die Auktionshäuser beim Angebot rasch auf die Abkühlung reagiert haben, indem sie die Ware reduzierten. Die Marktführer im Auktionsgeschäft haben sich wieder stärker dem mittleren Preissegment zugewandt und im Hochpreissegment nur noch auf die absolute Topware gesetzt, für die immer noch gutes Geld bezahlt wird. So erzielte die wichtige Arbeit „Untitled“ aus dem Jahr 1982 von Jean-Michel Basquiat im Mai 2016 bei Christie's mit 57,3 Millionen Dollar einen neuen Rekord für den Künstler. Das Werk ging an den japanischen Milliardär und Kunstsammler Yusaku Maezawa. Qualität vor Quantität, heißt die Devise. 

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2016)

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