Das Burgtheater kann und muss sich das Kasino nicht leisten

Es wäre gar nicht furchtbar, die dritte Spielstätte zu streichen.

Das Burgtheater muss strukturell sparen, darauf können sich wohl alle Beteiligten einigen. Aber wie? Gewiss könnte das Ensemble kleiner sein, vor allem, wenn es so häufig durch zusätzlich engagierte Stars ergänzt wird, aber man versteht Direktor Matthias Hartmann gut, wenn er sich - theatralisch, wie es sich für einen Theatermacher geziemt - gegen „Menschenopfer" ausspricht.

Nicht verständlich ist es aber, dass Hartmann meint, es wäre „furchtbar", auf das Kasino am Schwarzenbergplatz zu verzichten - mit der Begründung: „Das ist der Ort, wo Theater in den zeitgenössischen Diskurs eintritt."
Das mag gut gemeint sein, es enthält aber eine Anmaßung: dass nämlich das Burgtheater in Wien für alle Formate des Theaters zuständig sei, vom Experiment bis zur staatstragenden Klassikeraufführung. Und das ist es nicht. Es gibt in der Theaterstadt Wien etliche Mittel- und Kleinbühnen, die sich mit Recht rühmen könnten, dass auf ihnen „Theater in den zeitgemäßen Diskurs eintritt". (Hoffentlich tun sie's nicht, es klingt so geschwollen.) Allerdings stehen sie nicht unter der Kontrolle des Burgtheaters: Das mag Hartmann kränken, aber es ist besser so, nicht nur angesichts der aktuellen Finanzaffäre.

Das Burgtheater hat weder die gesetzliche Aufgabe, eine dritte Spielstätte zu betreiben (es tut das auch erst seit 1981, und zwar mit langen Pausen), noch ist es notwendig: Für Tanztheater und Poetry Slams ist auch anderswo Platz in der Stadt, vom Rhiz über das Brut bis zur Ankerbrotfabrik. Und die wendigen Boote der Avantgarde von den gewichtigen Tankschiffen der Repräsentationskultur befehligen zu lassen hat sich noch in keiner Kultursparte bewährt. Wie man im Pop sagt: Independent rules, okay.

E-Mails an:thomas.kramar@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.2.2013)

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