Burgerkrise auf der Krim – gut, dass es Bliny gibt

Erst stellt unsere Post den Briefverkehr zur besetzten ukrainischen Halbinsel ein, und dann schließt McDonald's.

Die Gegengift-Redaktion, die sowohl den Lenz in fernen Ländern schätzt, als auch an historisch bewegten Regionen interessiert ist, hat ihren Betriebsausflug auf die Krim kurzfristig abgesagt. Jetzt wird es doch wieder nur Venedig im April oder Rom zur Kirschblüte.

Sie werden fragen, was der Grund dafür sei, den Osten zu meiden. Nein, es handelt sich nicht um einen Boykott, sondern nur um ein Bauchgefühl. Erst hat die Post in Österreich so wie in einigen Nachbarländern bekannt gegeben, dass der Briefverkehr auf die besetzte ukrainische Halbinsel ausgesetzt werde, bis es ein neues Lieferabkommen mit den russischen Behörden gebe. Das ist für mich an sich schon ein Grund zum Stornieren, denn warum soll ich ans Schwarze Meer fahren, wenn ich von dort aus nicht Freunde, Kollegen und Verwandte mit kitschigen Bildpostkarten behelligen kann, zum Beispiel mit dem schmucken Motiv „Winter in der Krim“, einem empfindsamen Landschaftsgemälde des früh verstorbenen Fjodor Wassiljew. Eines seiner späten Bilder hieß sogar „Tauwetter“.

Während unsere Reisegruppe diesen Rückschlag erörterte, ereilte uns die nächste Hiobsbotschaft: Die Fleischlaibchen-Brater der amerikanischen Fast-Food-Kette McDonald's gaben am Freitag bekannt, dass sie ihre Filialen auf der Krim aus „produktionstechnischen Gründen“ schließen werden. Sewastopol, Simferopol und Jalta wurden bereits „vorübergehend“ dichtgemacht. Ha! Was macht ein gewöhnlicher Tourist aus dem Wilden Westen bei den Tataren, wenn es ihm nicht einmal gegönnt ist, einige Big-Tasty-Bacon-Burger mit viel Pommes und einen großen Erdbeer-Milkshake zu verzehren, während er den Erbtanten einen fast patriotischen postalischen Gruß vom Rande der Steppe schreiben kann? Da fährt man lieber ein Stückchen weiter nach Sotschi und schaut nach, ob die Olympischen Dörfer noch stehen.

Obwohl es mich persönlich doch interessieren würde, wie all die indigenen Völker der Krim diese Meldungen aufnehmen. Ist es gar erleichternd für eine autonome Republik, nicht von McDonald's praktisch rund um die Uhr mit Kalorien versorgt zu werden? Freut sich der Einheimische dann wieder auf Borschtsch, Soljanka, Bliny, Piroschki, Pelmeni oder andere Köstlichkeiten für ein Gelage? Nein, die serielle Schließung der Lokale mit dem schottischen Namen kann sicher nicht politisch aufgefasst werden. Und ganz ehrlich: Wann haben Sie zuletzt Briefe von einem Wochenende in Feodossija nach Hause geschickt?

E-Mails an:norbert.mayer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2014)

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