Franz Bartolomey – 120 Jahre Oper in Wien!

Am Abend seiner letzten „offiziellen“ Vorstellung bekam der längstdienende Solocellist der Wiener Staatsoper den Ehrenring angesteckt.

Altkanzler Wolfgang Schüssel, selbst Hobbycellist, ließ es sich nicht nehmen, dem großen Profi-„Kollegen“ zu gratulieren, Wegbegleiter von Heinz Zednik bis Michael Heltau und Peter Simonischek kamen; und sogar Ex-Staatsopernchef Ioan Holender posierte für ein Foto an der Seite seiner Nachfolger Dominique Meyer und Franz Welser-Möst: Man spielte Verdis „Don Carlos“ in der italienischen Version – also kam auch der Solocellist zu Wort bzw. „zu Ton“.

Franz Bartolomey zum letzten Mal in seiner offiziellen Dienstzeit als Mitglied des Staatsopernorchesters – und er „sang“ ein Duett mit dem intensiven König Philipp von René Pape.

Und einmal noch hörte man, was es bedeutet, wenn ein Musiker ein Werk in- und auswendig kennt, wenn er weiß, was der Bassist zwei Minuten später singen wird und daher sein Instrumentalsolo ganz belkantesk und dem Sinn der später gesungenen Worte entsprechend zu modellieren versteht. Musizieren in der Oper, als Teil des großen, herrlichen, mysteriösen Musiktheaterkosmos – davon hatte „Bartolo“ schon als Kind geträumt.

Humperdincks „Hänsel und Gretel“ hatte in ihm die Theaterleidenschaft geweckt, das häusliche Musizieren die Freude am Cellospielen. Das wollte er vereinen. Und als Sohn und Enkelsohn von Mitgliedern des Hof- bzw. Staatsopernorchesters wusste er auch, wo er diesen Traum wahrmachen wollte. Im Orchestergraben des Hauses am Ring.

Es gelang – nach manchen solistischen Erfolgen sogar bei den bedeutendsten Wettbewerben von der Budapester Casals-Competition bis zum Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerb. Und so kam es, dass nach dem Klarinettisten Frantisek und Franz, dem Geiger, Franz III. philharmonischer Cellist wurde – und sich nun als letzter Vertreter der Wiener Streicherschule vom ersten Pult verabschiedet. Diese „Wiener Schule“, die der Großvater auf Bläserseite entscheidend mitgeformt hat – sämtliche Klarinettisten der Philharmoniker anno 2012 sind Enkelschüler von Großvater Bartolomey –, sieht Franz III. nun gefährdet; wie er auch skeptisch auf die Einstellung junger Kollegen blickt, die das Musizieren in der Oper nicht mehr als Haupttätigkeit empfinden.

Da geht eine Ära zu Ende – Franz Bartolomey will in einem Buch, das im August erscheinen wird, darüber ausführlich erzählen: 120 Jahre Bartolomey an der Wiener Oper – da kommt manch Erinnerungswürdiges (und auch politisch Brisantes) zusammen.

Am 29.Juni aber wurde gefeiert: Bundestheaterhüter Georg Springer steckte Franz III. den Ehrenring der Staatsoper an: Man weiß schon, was man an ihm hatte. Und hofft auf ein Wiedersehen, sozusagen „auf freiwilliger Basis“ – doch mangelt es dem Erzmusikanten nicht an Angeboten: von Rattle aus Berlin, von Thielemann aus Dresden. Fad wird ihm nicht werden...

E-Mails an: wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2012)

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