Die wissenschaftlichen Zwischentöne der Wiener Opernlust

Im Verlag Der Apfel erscheint Spannendes über Wagner & Verdi.

Es sind die Antipoden der Oper. Und bis heute die Säulen dessen, was man auch in Landen, in denen es nie Opernhäuser mit so reichhaltigen Spielplänen wie jenen der Wiener Staatsoper gegeben hat, als das große Repertoire bezeichnet. Wagner und Verdi, die Operngötter, genossen auch in der traditionell opernnärrischen, doch vor allem auf Belcanto fokussierten Stadt Wien sogleich einen Sonderstatus. Auch ihre Gegner billigten ihnen den außergewöhnlichen Rang zu – hie und da freilich nur in Form von enragierter Verneinung.

Dem trägt eine Publikationsreihe Rechnung, die im Verlag Der Apfel erscheint und die von Michael Jahn mit dankenswerter Liebe und Mühe betreut wird. Vier Bände liegen über „Verdi und Wagner in Wien“ mittlerweile bereits vor – am Rande erschien auch ein nicht minder aufschlussreicher Band über Richard Strauss. Das Verhältnis zwischen den beiden Komponisten und ihren Sachwaltern einerseits und den Direktoren, Dirigenten, Sängern und (in einer späteren Phase der Geschichte auch) Regisseuren andererseits wird mittels akribischen Quellenstudiums beleuchtet.

Das ist nicht nur für die Wissenschaft spannend, sondern auch für Musikfreunde, die sich etwas eingehender, als das gemeinhin möglich ist, mit dem Schaffen ihrer Idole und der Aufführungsgeschichte auseinandersetzen möchten. Briefe, wie sie etwa Gustav Mahler mit Wagners streitbarer Witwe Cosima gewechselt hat, Rezensionen, wie sie Kaliber vom Format eines Julius Korngold verfasst haben, sind in der Regel nicht nur inhaltsreich, sondern oft auch literarische Fundstücke; zumindest aber psychologische Protokolle, aus denen nicht zuletzt Rückschlüsse auf die inneren Strukturen der Werke gezogen werden können – und mit denen sich manche Untaten zeitgenössischer Regisseure mühelos entlarven ließen.

Dazu Aufzeichnungen und Statistiken über die Aufführungsgeschichte einzelner Werke, über Glanz und Elend bedeutender Interpreten. Dass Legenden wie Leo Slezak auch scheitern konnten (und warum), erfährt man ebenso wie die ganze, reiche Historie von einem Wagner-Giganten wie Hans Hotter. Sehr empfehlenswert!

E-Mails an: wilhelm.sinkoivcz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2015)

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