Am Anfang wird alles verziehen – am Ende nichts

Mit welchem Stil treten neue Museumsdirektoren ihre Jobs an? Im MAK setzt man auf Tradition, in der Kunsthalle müssen Kuratoren gehen.

Stellen Sie sich vor, Sie werden Museumsdirektor. Oder Kunsthallendirektor. Was würden Sie als Erstes tun? Die Arbeit des Vorgängers loben und seine Leute entfernen? Übers Budget jammern und kräftig umbauen, ein neues Briefpapier und eine neue Homepage bestellen?

Damit würden Sie so ziemlich im österreichischen Durchschnitt liegen. Nehmen wir zwei recht konträre Beispiele. Christoph Thun-Hohenstein im MAK und Nicolaus Schafhausen in der Kunsthalle Wien, beide nicht gerade mit leichten Erbschaften gesegnet. Thun-Hohenstein wählte einen ungewöhnlich bescheidenen Einstieg, bis auf die neue Homepage, die tatsächlich ein Gewinn ist: Sonst arbeitet er mit dem personellen Potenzial des Hauses, setzte mit der Einladung des zuvor vergraulten Wien-um-1900-Experten Christian Witt-Dörring sogar ein beachtliches Zeichen. Das ist alles zwar nicht wahnsinnig spektakulär, dafür aber auch herrlich unskandalös.

Der deutsche Kurator Nicolaus Schafhausen geht mit weniger Feingefühl zur Sache, die Kunsthalle Wien ist imagemäßig derart hergerichtet worden, dass das auch schon egal ist, könnte man sagen. Aber das tun wir nicht. Sondern hören lieber genau hin, wenn die ersten Gerüchte durchsickern. Drei teils lang gediente Kuratorinnen von fünf fixen müssen gehen, hört man, es bleiben der einzige Mann im Team und eine Kuratorin, die vielleicht wirklich nur zufällig auch Betriebsrätin ist. Ersetzt werden sollen sie durch projektbezogene Freie. Was zumindest dem Anspruch einer Kunsthalle entspricht, die schließlich keine museale Forschung zu erledigen hat. Welchen Aufruhr es gegeben hätte, wenn Matt diesen Schritt gesetzt hätte – kann man sich vorstellen.

Wir Österreicher tendieren allerdings dazu, Entscheidungen, für die man die alten Chefs gegeißelt hat, bei den neuen mit charmantem Augenzwinkern zu zu übersehen.

Nebenbeschäftigungen zum Beispiel. Man darf Schafhausen, der gerade die Bukarest Biennale 2014 vorbereitet, oder Karola Kraus vom Mumok, die wie Gerald Matt eine Ausstellung für das Parlament kuratiert hat (wie von der Mumok-Presseabteilung per E-Mail mitgeteilt), entweder zu ihren tollen Verträgen gratulieren oder ihnen raten, dafür ja nicht ihre hauseigenen Sekretärinnen einzuspannen und bitte ihre Privattelefone zu benutzen.

Ähnlich ist es mit Umbauten und Schließzeiten. Kraus leistete sich sogar während des Mumok-Jubiläumsjahrs eine monatelange Schließzeit, u. a. wegen Rissen im Boden. Schafhausen denkt angeblich daran, die obere Halle wieder in ihren Urzustand rückzubauen, einen neuen Eingang anzulegen und natürlich dementsprechend lang zu schließen.

Das mag man alles argumentieren können. Wahnsinnig vielversprechende Antritte sind das nicht in einem Land, das anfangs so viel verzeiht – und am Ende nichts.

E-Mails an: almuth.spiegler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2012)

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