Gott schütze diese österreichische Kirche!

Mit ihrer starren Haltung zur Elternschaft Homosexueller haben die Bischöfe erneut unzählige Gläubige vor den Kopf gestoßen.

Die Herrschaften der katholischen Kirche haben kürzlich ihre sogenannte Sommervollversammlung abgehalten und am Ende eine gemeinsame Erklärung abgegeben, die die Zeitungen so zusammengefasst haben: Bischöfe geschlossen gegen Elternschaft Schwuler. Die Geistlichkeiten sind ebenso in der Frage der künstlichen Befruchtung von Homosexuellen meinungsmäßig in ihrer Ablehnung eins geworden. Die Rede ist von schwerwiegenden Einwänden.

Reflexionsfähigkeit verloren?

Langsam könnte man als Mitglied der römisch-katholischen Kirche in Österreich die noch schwerwiegenderen Einwände gegen den Umgang der Exzellenzen mit den gesellschaftlichen Entwicklungen erheben. Mit seiner starren und engen und für viele (mit)denkende Menschen unverständlichen Haltung wird der hochwürdigste Herrenklub unzählige Gläubige vor den Kopf und aus den Reihen der Kirche stoßen. Ich frage mich, ob Kardinal Christoph Schönborn und Genossen die Reflexionsfähigkeit abhanden gekommen ist.

Mit ungefähr derselben Frage hat sich kürzlich – auf Ersuchen des Verfassungsgerichtshofs – die Bioethikkommission im Bundeskanzleramt beschäftigt. Die Ergebnisse sind nicht einmal annähernd kongruent, ja sogar – wie man so schön sagt – diametral entgegengesetzt.

Mitten im Leben

Wobei ich den Damen und Herren der Bioethikkommission viel leichter mein Vertrauen schenke als dem Wiener Oberhirten, der nicht einmal imstande ist, seinen Seitenblicke-Pfarrer im Zaum zu halten. Die Kommissionsmitglieder stehen tatsächlich mitten im Leben – zum Großteil als Ehepartner und Eltern.

Den Verfassungsgerichtshof beschäftigt die Frage, ob alleinstehende und lesbische Frauen eine künstliche Befruchtung zur Erfüllung ihres Kinderwunsches in Anspruch nehmen dürfen. Jeder Jurist aus Passion hat mit Enthusiasmus zur Kenntnis genommen, dass der Gerichtshof die Bioethikkommission um eine Stellungnahme ersucht hat.

Liberale Empfehlung

Die Kommission hat empfohlen, dass alleinstehende und lesbische Frauen die künstliche Befruchtung wählen dürfen. Gleichzeitig hat sie es jedoch abgelehnt, dass homosexuelle Männer mithilfe einer Leihmutter alleinerziehende Väter werden können.

Die Entscheidungsfindung geleitet haben einerseits der Gedanke, die Gesetzeslage an die eingetragenen Partnerschaften sowie das Diskriminierungsverbot gleichgeschlechtlicher Paare anzupassen und andererseits die traditionelle Vater-Mutter-Kind-Familienstruktur nicht weiter zu schwächen.

Dass sich die Kommission für eine als liberal zu bezeichnende Empfehlung entschieden hat, liegt auf der Hand, wobei neuere Entwicklungen, wie Alleinerzieher, Patchworkfamilien und Scheidungsrate, nicht übersehen werden können. Und: Warum sollten Eltern nur dann zum Alleinerziehen fähig sein, wenn sie vom Partner verlassen werden?

Eine Erschöpfungsgeschichte

Sogar die Intention der Bioethikkommission zu den homosexuellen Männern, die allenthalben an die Öffentlichkeit gedrungen ist, wonach man bei der Leihmutterschaft den geschäftlichen Interessen nicht Tür und Tor öffnen wollte, hat etwas für sich.

Nichts für sich haben die Aussichten der Kirche, wenn sie ihre starre Haltung nicht endlich ändert. Es könnte nämlich, wie es in diesen Tagen so treffend geheißen hat, aus der Schöpfungs- sonst eine Erschöpfungsgeschichte werden. Gott behüte!

Hon.-Prof. Dr. Janko Ferk ist Jurist, Schriftsteller und lehrt an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt/Univerza v Celovcu. Zuletzt erschien sein Gedichtband „Pasadena“.


E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2012)

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