Handelsware Ei oder wie freiwillig ist freiwillig?

Die Praxis zeigt, dass es eine Grauzone gibt, in der der Eizellen-Handel floriert.

K
aum ein anderer Bereich der Biome dizin hält die Öffentlichkeit so in Atem wie die derzeitige Embryonen- und Stammzelldiskussion. Werbewirksam lässt sich hier das mögliche Potenzial zur Heilung schwerwiegender Erkrankungen wie etwa Parkinson, Diabetes oder Krebs verkaufen, ohne freilich zu wissen, wie das im Klartext aussehen soll.

Andererseits lässt sich dieser Klartext ohne weitere Forschung nicht ausarbeiten. Embryonale Stammzellen einfach zu injizieren und dann zu hoffen, dass sie schon das Richtige am richtigen Ort tun werden, ist, wie Fachleute versichern, wenig erfolgversprechend.

Die kürzlich groß propagierten Erfolge koreanischer Forscher auf dem Weg zur Stammzelltherapie sind deshalb derzeit vor allem eine Schlagzeile. Woher die für die Herstellung derartiger Zelllinien nötigen Eizellen stammen, wird von Forscherseite dabei kaum thematisiert. Wie freiwillig waren die Eispenden für die Versuche wirklich? Unter anderem kam bereits bei früheren Klonierungsversuchen der Verdacht auf, dass junge Mitarbeiterinnen an der Studie als Eispenderinnen fungiert haben könnten und nur deshalb eingewilligt hätten, weil moralischer Druck seitens ihrer Vorgesetzten auf sie ausgeübt worden war.

Auch in der jetzigen Studie, bei der man darauf bedacht war, die Einwilligung der Spenderinnen transparent zu gestalten, ergeben sich gerade bezüglich der Eispenden schwerwiegende Bedenken. Das Verfahren zur Herstellung der Zelllinien konnte vor allem deshalb optimiert werden, weil nur frisch isolierte Eizellen fruchtbarer Frauen verwendet wurden. Insgesamt spendeten 185 Frauen Eizellen, von denen 125 unter 30 Jahre alt waren. Doch Eizellen zu spenden, ist kein harmloses Verfahren, wie etwa eine Blutspende.

Die Frauen unterziehen sich einer Hormonbehandlung zur Stimulation des Eisprungs und die resultierenden zwölf bis 20 Eizellen werden daraufhin durch einen Eingriff entnommen. Die Nebenwirkungen, als ovariales Hyperstimulationssyndrom zusammengefasst, reichen von schlechtem Allgemeinbefinden bis zu lebensgefährdenden Komplikationen. Ebenso kann die Behandlung zu Unfruchtbarkeit führen. Gesunden Frauen ist daher aus medizinischer Sicht von Eispenden generell abzuraten, meinen Mildred Cho und David Magnus von der Stanford Universität.

Was jetzt anlässlich der Erfolge zum therapeutischen Klonen offensichtlich wird, ist im Zusammenhang mit In-Vitro-Fertilisation (IVF) schon lange Usus. Gesunde junge Frauen spenden ihre Eizellen, damit die Kinderwünsche jener Frauen, deren Eizellen nicht dafür geeignet oder nicht vorhanden sind, erfüllt werden können.

Um Wartezeiten und Regulationen zu umgehen, wenden sich Hilfe suchende Paare schon seit Jahren zum Beispiel nach Kalifornien, wo der Handel mit Eizellen legal ist. Kunden können sich via Internet dabei auch über die Qualitäten der Eispenderinnen informieren und dementsprechend ihre Auswahl treffen, wobei z. B. der Bildungsgrad der Spenderin oder andere erwünschte Eigenschaften das Honorar von üblicherweise 2500 US$ auf 10.000 US$ erhöhen können. Falls die Eispenderin nicht über ein IVF-Zentrum sondern privat rekrutiert wird, kann sie damit auch mehr als 10.000 US$ verdienen.

Im Dezember 2004 wurde bekannt, dass Eizellen für IVF aus Rumänien nach England geliefert wurden, wobei den Spenderinnen zwischen 200 £ und 300 £ zukamen, manchen Berichten zufolge auch 1000 £, was einem rumänischen Jahresgehalt entspricht. Die betreffende Klinik in Bukarest wurde mittlerweile geschlossen, das EU-Parlament hat sich im März des Jahres dezidiert gegen den Handel mit Eizellen sowie die verbrauchende Embryonenforschung ausgesprochen.

Im Zusammenhang mit therapeutischem Klonen und von öffentlichen IVF-Zentren wird stets betont, dass Spenderinnen nur eine kleine Entschädigung erwarten können, gerade so, als wäre damit Freiwilligkeit garantiert. Trotzdem, die Praxis zeigt, dass es hier eine Grauzone gibt, in der der Handel floriert und in der Freiwilligkeit entweder durch wirtschaftlichen oder moralischen Druck erzeugt wird. Wie einfach ist es, eine Frau zu überreden, wenn sie glaubt, damit einem kranken Verwandten helfen zu können, auch wenn eine Therapie noch nicht besteht.

Es spricht für sich, dass es zum Beispiel in Ländern, in denen therapeutisches Klonen gesetzlich erlaubt ist, wie etwa in Israel, keinerlei Regelung bezüglich Eispenden gibt. Man weiß um das Problem, aber da es keine einfache Lösung gibt, herrscht ratloses Achselzucken vor. So bleibt der in der UN-Deklaration zu menschlichem Klonen von März 2005 gestellte Anspruch, die Ausbeutung von Frauen für die Anwendung der life sciences, also der Lebenswissenschaften, verhindern zu wollen, derzeit nicht mehr als ein frommer Wunsch.

meinung@diepresse.com Gabriele Werner-Felmayer ist Professorin für Medizinische Biochemie an der Medizinischen Universität Innsbruck.
Forschungsaufenthalte führten sie u. a. an die Rockefeller University in New York.

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