„Versteckter Champion“

Das System Bahn hinterlässt in der österreichischen Wirtschaft in vielerlei Hinsicht einen nicht zu übersehenden Fußabdruck.

Wenn die von der Europäischen Kommission angestrebte Re-Industrialisierung Europas gelingen soll, ist dafür eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur mit effizienten Transportdienstleistungen unverzichtbar.

Eine solche Infrastruktur fungiert als das Rückgrat leistungsfähiger Volkswirtschaften, ohne sie wäre arbeitsteiliges Wirtschaften nicht möglich. Mit dem 2011 veröffentlichten Weißbuch Verkehr wurden auf europäischer Ebene die Weichen für die zukünftige Entwicklung bis 2050 gestellt. Der Bahn wird dabei eine wichtige Rolle zugewiesen.

Vor diesem Hintergrund ist auch in Österreich eine lösungsorientierte Diskussion über die Zukunft der Mobilität und die Bedeutung des Systems Bahn für den Wirtschaftsstandort zu führen.

Um die dafür notwendigen empirischen Grundlagen bereitzustellen, hat die Industriellenvereinigung (IV) das Economica Institut mit der Durchführung der Studie „Der ökonomische Fußabdruck des Systems Bahn“ betraut. Denn ob Investitionen in der vorgesehenen Höhe zu rechtfertigen sind, lässt sich nur einschätzen, wenn deren erwartete gesamtwirtschaftliche Rendite bekannt ist.

Methodisch wurde bei der Ableitung der Ergebnisse durchgängig zurückhaltend agiert. Die in der Studie ausgewiesenen Werte sind daher regelmäßig am unteren Rand des Möglichen angesiedelt. Die volkswirtschaftliche Relevanz des Systems wird somit eher unter- als überschätzt.

Innovationsweltmeister

Die Ergebnisse der Studie zeigen den hohen Stellenwert des Wirtschaftsfaktors Bahn für Österreich. Ohne den kommunalen Nahverkehr generiert das System mit 54.000 Beschäftigten einen Umsatz in Höhe von 8,4 Milliarden Euro. Daraus leitet sich eine Wertschöpfung in Höhe von 1,4 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung des Jahres 2011 ab.

Als Teil des Systems Bahn befördern die ÖBB jährlich 210 Millionen Fahrgäste und transportieren 100 Millionen Tonnen Güter. Dafür sind täglich rund 6500 Personen- und Güterzüge unterwegs. Hinzu kommen jährlich 0,6 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung aus Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur. Über die inländische Bedeutung hinausgehend nimmt das System Bahn international eine herausragende Position ein. Im Export beläuft sich der Weltmarktanteil heimischer Unternehmen bei Schienenfahrzeugen und bahnbezogener Ausrüstung auf 6,5 Prozent. Österreich zählt damit zu den fünf größten Exporteuren solcher Güter weltweit – und erreicht beispielsweise den dreifachen Weltmarktanteil von Frankreich, ungeachtet der französischen Ikone TGV.

Die Bahnindustrie steht für einen „versteckten Champion“ der österreichischen Wirtschaft, ist es ihr doch während einer Dekade gelungen, ihre Exporte mehr als zu verdoppeln und einen wachsenden Beitrag zur österreichischen Leistungsbilanz zu erwirtschaften. Bei der Innovationsleistung, gemessen an der Zahl der Patente mit heimischem Erfinderbezug, bildet Österreich sogar die relativ zur Bevölkerungsgröße global führende Innovationsnation!

Dr. Christian Helmenstein ist Chefökonom der Industriellenvereinigung.


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("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2013)

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