Ein Urteil, das der Regierung hoffentlich die Augen öffnet

Laut OGH haben Studierende ein Recht auf gute Studienbedingungen – ein aufgelegter Elfmeter für den Wissenschaftsminister.

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat ein Grundsatzurteil gefällt und festgestellt, dass Studierende ein Recht auf gute Studienbedingungen haben. Darüber hinaus hat er entschieden, dass Universitäten die Verantwortung für schlechte Studienbedingungen nicht länger auf die Regierung abschieben können. Genauso wenig kann sich Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle in Zukunft mit seinem ständigen Verweis auf die „Uniautonomie“ aus der Affäre ziehen.

Das Unvermögen der Regierung, adäquate finanzielle Mittel für die Hochschulen zur Verfügung zu stellen, kann nicht länger auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen werden. Denn diese können sich nun wehren und die Republik verklagen.

Minister Töchterle und die Universitäten könnten das OGH-Urteil eigentlich als aufgelegten Elfmeter betrachten: Endlich kann Druck auf das Finanzministerium ausgeübt werden, die schon längst beschlossenen zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts auch wirklich für Hochschulen auszugeben.

Statt für die Studierenden und die Hochschulen zu punkten, wiederholt Töchterle aber in ersten Reaktionen auf das Urteil in altbekannten Mustern gebetsmühlenartig: Zugangsbeschränkungen, Zugangsbeschränkungen, Zugangsbeschränkungen.

Kein Allheilmittel

Das ist beschämend. Denn ein Wissenschaftsminister sollte eigentlich dafür kämpfen, dass mehr Menschen an die Hochschulen kommen und mehr Geld zur Verfügung steht – und nicht dagegen. Gerade dieses Urteil könnte dabei für den Druck auf die Regierung entscheidend sein.

Zugangsbeschränkungen sind kein Allheilmittel. Zugangsbeschränkungen führen nicht zu höheren Uni-Budgets, sondern ermöglichen es der Regierung, so viele Studierende aus den Unis zu boxen, wie sie eben gerade Geld zur Verfügung stellen will. Zugangsbeschränkungen lösen außerdem auch das Platzproblem in den Seminaren nicht – denn auch Studierende der (seit Jahren beschränkten) Zahnmedizin warten beispielsweise ein bis zwei Semester auf ihre Pflichtseminare. Wartesemester, Beihilfenverlust und Studienabbruch sind in vielen Fällen die Konsequenz.

Töchterles Lösung

Wenn Töchterle meint, dass die Lösung für die Uni-Misere „weniger Studierende“ lautet – sollte er wenigstens so mutig sein, das auch zu sagen. Alles andere ist Augenauswischerei. Wenn Töchterle stattdessen eine langfristige Lösung finden will, muss er sich gemeinsam mit uns Studierenden und den Rektorinnen und Rektoren an einen Tisch setzen. Mehr Geld alleine wird dabei nicht genügen. Vielmehr muss das Ende der Verschulung eingeläutet werden.

Schluss mit Voraussetzungsketten und Knock-out-Prüfungen, die Studierende Zeit, Nerven und Geld kosten. Flexiblere Studienpläne und freie Wahlfächer würden die Situation in so manchem Studium entschärfen. Wenn es dann noch eine echte Hochschulmilliarde gibt, könnte es gelingen, dass Studierende endlich die guten Studienbedingungen haben, die ihnen laut Gericht auch zustehen.

Traurig genug, dass sich Studierende gemeinsam mit der ÖH zuletzt immer wieder ihr Recht erklagen müssen – sei es vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Obersten Gerichtshof. Die ÖH muss politische Klarheit in Grundsatzfragen immer öfter durch Gerichte entscheiden lassen. Das ist absurd. Eine geringe Chance besteht, dass wenigstens dieses Urteil der Regierung die Augen öffnet!

Janine Wulz, 27, ist im Vorsitzteam der ÖH und studiert Politikwissenschaft und Bildungswissenschaft. Klagen gehören für das ÖH-Vorsitzteam bereits zum politischen Alltag.


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("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2013)

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