Ein kleiner Tipp an die Finanz: Der üble Geruch der Denunziation

Gastkommentar. In Österreich stehen auch ehrliche Steuerzahler mit einem Fuß immer im Kriminal: Wer durchschaut schon den Gesetzesdschungel?

Es ist doch alles eine Familie!“ Es sei doch völlig egal, ob der SPÖ-Wahlkampf von der Partei oder vom Klub finanziert werde. Also sprach Norbert Darabos. Mir verschlug es den Atem. Nun wissen wir also wieder einmal, wie locker mit Steuergeld umgegangen wird und welches Rechtsverständnis hohe Politiker dieser Republik besitzen. Welche persönlichen oder rechtlichen Konsequenzen es für Darabos geben wird, wenn die Gesetzwidrigkeit seines Handelns erwiesen ist? Ich vermute stark: keine! So wie in vielen anderen Fällen im Bereich der Politik auch.

Wir Steuerzahler hingegen werden aufgrund der Budgetnöte unseres Staates hart und streng abgeklopft, ob nicht doch noch etwas zu holen ist. Und das teilweise mit fragwürdigen Methoden und bedenklichen Begründungen. Ein Beispiel: Vor einigen Monaten informierte mich mein Steuerberater, dass ich eine Steuerprüfung zu erwarten hätte. Das hat mich als kleine Selbstständige zwar überrascht, aber nicht beunruhigt.

Es ist völlig einsichtig, dass das Finanzamt Unternehmen und Einkommenssteuerpflichtige prüft und nicht alles unbesehen glaubt. Beunruhigt hat mich erst die Begründung: Es habe eine anonyme Anzeige bei der Finanz gegeben – ohne konkrete Angaben! Ich hatte Vertrauen in meinen Steuerberater, denn selbst durchschaue ich die Steuergesetze nicht – wie wohl die meisten Steuerpflichtigen.

Wenn Sie Nachbarn ärgern wollen

Der Finanzbeamte rückte an, prüfte und prüfte und fand – nichts. Wie ich erwartet hatte. Die Folgen: ein Bescheid über eine ohne Ergebnis abgeschlossene Außenprüfung und eine vierstellige Honorarnote meines Steuerberaters für den Mehraufwand. Dies alles, weil ich auf eine unbegründete anonyme Vernaderung hin aufwendig meine Unschuld beweisen musste. Wenn Sie also Ihrem Nachbarn, den Sie nicht leiden können, schaden wollen, dann geben Sie einfach der Finanz einen Tipp. Und schon hat der eine Menge Ärger und Kosten. Umgekehrt muss bei der derzeitigen Vorgangsweise der Finanz jeder Steuerpflichtige damit rechnen, dass ihn jedermann aus Bosheit, Rache oder sonstigen persönlichen Gründen vernadern kann, ohne sich die Mühe machen zu müssen, einen begründeten Verdacht anzugeben oder Beweise zu liefern.

Als die Gestapo überfordert war

Was mich als Historikerin besonders beunruhigt: Anonyme Denunziation hat in Österreich mit seiner Geschichte einen besonders üblen Geruch. Wir erinnern uns sehr ungern an die Zeiten, als die Gestapo mit der Fülle an Denunzianten, die aus freiem Antrieb kamen, völlig überfordert war.

Selbst ehrliche Steuerzahler stehen immer mit einem Fuß im Kriminal, weil es sogar für Steuerberater schwierig ist, bei dem ständig wuchernden Gesetzesdschungel durchzublicken. Der Steuerpflichtige muss einen Experten bezahlen, damit er nicht unwissentlich zum Steuerhinterzieher wird. Das ist besonders bei Selbstständigen – deren Zahl immer mehr zunimmt – ein wachsendes Problem. Es wäre also hoch an der Zeit, die Vorschriften zu vereinfachen!

Ärgerlich ist auch, dass der Staat stetig Steuern erhöht oder sich neue ausdenkt und restriktiv gegen „Steuersünder“ vorgeht, die Politik aber in der letzten Legislaturperiode keinerlei Anstalten machte, sich über das Sparen Gedanken zu machen. Stichworte: Verwaltungsreform, Politikerbezüge, Parteienförderung. Stattdessen müssen wir mit ansehen, wie locker das Geld etwa für Wahlkampf und Hypo Alpe Adria sitzt.

Das ist keine Motivation, brav seine Steuern abzuliefern.

Dr. Gudula Walterskirchen ist Historikerin, freie Journalistin und Autorin mehrerer Sachbücher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2013)

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